Nur in diesem gereifteren Alter sonach, und in dem ernstlich gemeinten Leben, nachdem die Erziehung längst ihn sich selber überlassen hat, könnte der Zögling derselben, falls seine gesell¬ schaftlichen Verhältnisse aus der Einfachheit zu höhern Stufen fortschreiten sollten, seiner Religionskenntniß, als eines Antriebes, be¬ dürfen. Wie soll nun die Erziehung, welche über diesen Punkt den Zögling, so lange er unter ihren Händen ist, nicht prüfen kann, dennoch sicher seyn können, daß, wenn nur dieses Bedürfniß eintreten werde, auch dieser Antrieb ohnfehlbar wirken werde? Ich ant¬ worte: dadurch, daß ihr Zögling überhaupt so gebildet ist, daß keine Erkenntniß, die er hat, in ihm todt und kalt bleibt, wenn die Möglichkeit eintritt, daß sie ein Leben be¬ komme, sondern jedwede nothwendig sogleich eingreift in das Leben, so wie das Leben der¬ selben bedarf. Ich werde diese Behauptung sogleich noch tiefer begründen, und dadurch den ganzen in dieser und der vorigen Rede behandelten Begriff erheben, und einfügen in ein größeres Ganzes der Erkenntniß, welchem größeren Ganzen selber ich aus diesem Be¬
Nur in dieſem gereifteren Alter ſonach, und in dem ernſtlich gemeinten Leben, nachdem die Erziehung laͤngſt ihn ſich ſelber uͤberlaſſen hat, koͤnnte der Zoͤgling derſelben, falls ſeine geſell¬ ſchaftlichen Verhaͤltniſſe aus der Einfachheit zu hoͤhern Stufen fortſchreiten ſollten, ſeiner Religionskenntniß, als eines Antriebes, be¬ duͤrfen. Wie ſoll nun die Erziehung, welche uͤber dieſen Punkt den Zoͤgling, ſo lange er unter ihren Haͤnden iſt, nicht pruͤfen kann, dennoch ſicher ſeyn koͤnnen, daß, wenn nur dieſes Beduͤrfniß eintreten werde, auch dieſer Antrieb ohnfehlbar wirken werde? Ich ant¬ worte: dadurch, daß ihr Zoͤgling uͤberhaupt ſo gebildet iſt, daß keine Erkenntniß, die er hat, in ihm todt und kalt bleibt, wenn die Moͤglichkeit eintritt, daß ſie ein Leben be¬ komme, ſondern jedwede nothwendig ſogleich eingreift in das Leben, ſo wie das Leben der¬ ſelben bedarf. Ich werde dieſe Behauptung ſogleich noch tiefer begruͤnden, und dadurch den ganzen in dieſer und der vorigen Rede behandelten Begriff erheben, und einfuͤgen in ein groͤßeres Ganzes der Erkenntniß, welchem groͤßeren Ganzen ſelber ich aus dieſem Be¬
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Nur in dieſem gereifteren Alter ſonach, und
in dem ernſtlich gemeinten Leben, nachdem die
Erziehung laͤngſt ihn ſich ſelber uͤberlaſſen hat,
koͤnnte der Zoͤgling derſelben, falls ſeine geſell¬
ſchaftlichen Verhaͤltniſſe aus der Einfachheit
zu hoͤhern Stufen fortſchreiten ſollten, ſeiner
Religionskenntniß, als eines Antriebes, be¬
duͤrfen. Wie ſoll nun die Erziehung, welche
uͤber dieſen Punkt den Zoͤgling, ſo lange er
unter ihren Haͤnden iſt, nicht pruͤfen kann,
dennoch ſicher ſeyn koͤnnen, daß, wenn nur
dieſes Beduͤrfniß eintreten werde, auch dieſer
Antrieb ohnfehlbar wirken werde? Ich ant¬
worte: dadurch, daß ihr Zoͤgling uͤberhaupt
ſo gebildet iſt, daß keine Erkenntniß, die er
hat, in ihm todt und kalt bleibt, wenn die
Moͤglichkeit eintritt, daß ſie ein Leben be¬
komme, ſondern jedwede nothwendig ſogleich
eingreift in das Leben, ſo wie das Leben der¬
ſelben bedarf. Ich werde dieſe Behauptung
ſogleich noch tiefer begruͤnden, und dadurch
den ganzen in dieſer und der vorigen Rede
behandelten Begriff erheben, und einfuͤgen in
ein groͤßeres Ganzes der Erkenntniß, welchem
groͤßeren Ganzen ſelber ich aus dieſem Be¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/96>, abgerufen am 22.11.2024.
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