Fichte, Johann Gottlieb: Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie. Weimar, 1794.Aus diesem Widerspruche soll und kann nun nicht Ueber diesen Zirkel hat man nun nicht Ursache nur C 4
Aus dieſem Widerſpruche ſoll und kann nun nicht Ueber dieſen Zirkel hat man nun nicht Urſache nur C 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0047" n="39"/> <p>Aus dieſem Widerſpruche ſoll und kann nun nicht<lb/> geradezu die Unmöglichkeit eines ſolchen zweiten<lb/> Grundſatzes gefolgert werden. Wenn im erſten Grund-<lb/> ſatze der Satz liegt: das Syſtem des menſchlichen Wiſ-<lb/> ſens ſey ein einiges, ſo liegt freilich auch der darin,<lb/> daſs dieſem einigen Siſteme nichts widerſprechen müſſe;<lb/> aber beide Sätze ſind ja erſt Folgerungen aus ihm ſelbſt,<lb/> und ſo wie die abſolute Gültigkeit alles deſſen, was<lb/> aus ihm folgt, angenommen wird, wird ja ſchon an-<lb/> genommen, daſs er abſolut-erſter und einziger Grund-<lb/> ſatz ſei, und im menſchlichen Wiſſen ſchlechthin ge-<lb/> biete. Alſo iſt hier ein Zirkel, aus dem der menſch-<lb/> liche Geiſt nie herausgehen kann; und man thut recht<lb/> wohl daran, dieſen Zirkel beſtimmt zuzugeſtehen, da-<lb/> mit man nicht etwa einmahl über die unerwartete Ent-<lb/> deckung deſſelben in Verlegenheit gerathe. Er iſt fol-<lb/> gender: Wenn der Satz R erſter höchſter und abſoluter<lb/> Grundſatz des menſchlichen Wiſſens iſt, ſo iſt im menſch-<lb/> lichen Wiſſen ein einiges Syſtem: denn das letztere folgt<lb/> aus dem Satze R.: Da nun im menſchlichen Wiſſen ein<lb/> einiges Syſtem ſeyn ſoll, ſo iſt der Satz R, der wirk-<lb/> lich (laut der aufgeſtellten Wiſſenſchaft,) ein Syſtem be-<lb/> gründet, Grundſatz des menſchlichen Wiſſens überhaupt,<lb/> und das auf ihn gegründete Syſtem, iſt jenes einige<lb/> Syſtem des menſchlichen Wiſſens.</p><lb/> <p>Ueber dieſen Zirkel hat man nun nicht Urſache<lb/> betreten zu ſeyn. Verlangen, daſs er gehoben werde,<lb/> heiſst verlangen, daſs das menſchliche Wiſſen völlig<lb/> grundloſs ſei, daſs es gar nichts ſchlechthin gewiſſes<lb/> geben, ſondern daſs alles menſchliche Wiſſen nur be-<lb/> dingt ſeyn, und daſs kein Satz an ſich, ſondern jeder<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0047]
Aus dieſem Widerſpruche ſoll und kann nun nicht
geradezu die Unmöglichkeit eines ſolchen zweiten
Grundſatzes gefolgert werden. Wenn im erſten Grund-
ſatze der Satz liegt: das Syſtem des menſchlichen Wiſ-
ſens ſey ein einiges, ſo liegt freilich auch der darin,
daſs dieſem einigen Siſteme nichts widerſprechen müſſe;
aber beide Sätze ſind ja erſt Folgerungen aus ihm ſelbſt,
und ſo wie die abſolute Gültigkeit alles deſſen, was
aus ihm folgt, angenommen wird, wird ja ſchon an-
genommen, daſs er abſolut-erſter und einziger Grund-
ſatz ſei, und im menſchlichen Wiſſen ſchlechthin ge-
biete. Alſo iſt hier ein Zirkel, aus dem der menſch-
liche Geiſt nie herausgehen kann; und man thut recht
wohl daran, dieſen Zirkel beſtimmt zuzugeſtehen, da-
mit man nicht etwa einmahl über die unerwartete Ent-
deckung deſſelben in Verlegenheit gerathe. Er iſt fol-
gender: Wenn der Satz R erſter höchſter und abſoluter
Grundſatz des menſchlichen Wiſſens iſt, ſo iſt im menſch-
lichen Wiſſen ein einiges Syſtem: denn das letztere folgt
aus dem Satze R.: Da nun im menſchlichen Wiſſen ein
einiges Syſtem ſeyn ſoll, ſo iſt der Satz R, der wirk-
lich (laut der aufgeſtellten Wiſſenſchaft,) ein Syſtem be-
gründet, Grundſatz des menſchlichen Wiſſens überhaupt,
und das auf ihn gegründete Syſtem, iſt jenes einige
Syſtem des menſchlichen Wiſſens.
Ueber dieſen Zirkel hat man nun nicht Urſache
betreten zu ſeyn. Verlangen, daſs er gehoben werde,
heiſst verlangen, daſs das menſchliche Wiſſen völlig
grundloſs ſei, daſs es gar nichts ſchlechthin gewiſſes
geben, ſondern daſs alles menſchliche Wiſſen nur be-
dingt ſeyn, und daſs kein Satz an ſich, ſondern jeder
nur
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