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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.

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suche Spielraum, der Kunst von Standpunkten aus gerecht
zu werden, um die es dem Künstler gar nicht zu thun ist.

Ist aber jedes Verständniß der künstlerischen Thätig¬
keit von vornherein Vielen verschlossen, so ist das höchste
erschöpfende Verständniß eines Kunstwerkes dem vorbe¬
halten, der das Kunstwerk hervorbringt. Der Künstler so
gut wie Jeder, in dem sich das geistige Leben nach einer
bestimmten Richtung hin über das gewöhnliche Maß ent¬
wickelt zeigt, eilt den Anderen voraus, und wird somit
immer nur allein da anlangen können, bis wohin es ihm
überhaupt zu kommen vergönnt ist. Welcher Künstler,
auch wenn er Theilnahme, Beifall, Bewunderung findet,
hat das Bewußtsein, ganz verstanden zu werden? Bleibt
nicht das, was er da erreicht hat, wo seine Fähigkeiten
sich zur höchsten Thätigkeit entwickelten, sein ausschlie߬
liches Geheimniß? Fühlt er nicht, daß er da, alle anderen
Menschen gleichsam im Dunkel hinter sich lassend, zu einer
Höhe künstlerischer Erkenntniß emporgestiegen ist, deren
eben nur er in seiner Thätigkeit theilhaftig werden kann?
Alles Verständniß, was ihm zu Theil wird, kann immer
nur darauf beruhen, daß Andere sich einigermaßen in die
besondere Entwickelung seines Bewußtseins einzuleben ver¬
mögen, die sich in seiner Thätigkeit vollzieht. Es wird
immer nur ein annäherndes bleiben, weil jener Entwicke¬
lungsproceß selbst sich eben nur durch das eine Individuum
bis zu der erreichten Höhe vollziehen konnte.

Sind es nun die Künstler, die vor allen Anderen
dieses annähernden Verständnisses für die künstlerischen

ſuche Spielraum, der Kunſt von Standpunkten aus gerecht
zu werden, um die es dem Künſtler gar nicht zu thun iſt.

Iſt aber jedes Verſtändniß der künſtleriſchen Thätig¬
keit von vornherein Vielen verſchloſſen, ſo iſt das höchſte
erſchöpfende Verſtändniß eines Kunſtwerkes dem vorbe¬
halten, der das Kunſtwerk hervorbringt. Der Künſtler ſo
gut wie Jeder, in dem ſich das geiſtige Leben nach einer
beſtimmten Richtung hin über das gewöhnliche Maß ent¬
wickelt zeigt, eilt den Anderen voraus, und wird ſomit
immer nur allein da anlangen können, bis wohin es ihm
überhaupt zu kommen vergönnt iſt. Welcher Künſtler,
auch wenn er Theilnahme, Beifall, Bewunderung findet,
hat das Bewußtſein, ganz verſtanden zu werden? Bleibt
nicht das, was er da erreicht hat, wo ſeine Fähigkeiten
ſich zur höchſten Thätigkeit entwickelten, ſein ausſchlie߬
liches Geheimniß? Fühlt er nicht, daß er da, alle anderen
Menſchen gleichſam im Dunkel hinter ſich laſſend, zu einer
Höhe künſtleriſcher Erkenntniß emporgeſtiegen iſt, deren
eben nur er in ſeiner Thätigkeit theilhaftig werden kann?
Alles Verſtändniß, was ihm zu Theil wird, kann immer
nur darauf beruhen, daß Andere ſich einigermaßen in die
beſondere Entwickelung ſeines Bewußtſeins einzuleben ver¬
mögen, die ſich in ſeiner Thätigkeit vollzieht. Es wird
immer nur ein annäherndes bleiben, weil jener Entwicke¬
lungsproceß ſelbſt ſich eben nur durch das eine Individuum
bis zu der erreichten Höhe vollziehen konnte.

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[143/0155] ſuche Spielraum, der Kunſt von Standpunkten aus gerecht zu werden, um die es dem Künſtler gar nicht zu thun iſt. Iſt aber jedes Verſtändniß der künſtleriſchen Thätig¬ keit von vornherein Vielen verſchloſſen, ſo iſt das höchſte erſchöpfende Verſtändniß eines Kunſtwerkes dem vorbe¬ halten, der das Kunſtwerk hervorbringt. Der Künſtler ſo gut wie Jeder, in dem ſich das geiſtige Leben nach einer beſtimmten Richtung hin über das gewöhnliche Maß ent¬ wickelt zeigt, eilt den Anderen voraus, und wird ſomit immer nur allein da anlangen können, bis wohin es ihm überhaupt zu kommen vergönnt iſt. Welcher Künſtler, auch wenn er Theilnahme, Beifall, Bewunderung findet, hat das Bewußtſein, ganz verſtanden zu werden? Bleibt nicht das, was er da erreicht hat, wo ſeine Fähigkeiten ſich zur höchſten Thätigkeit entwickelten, ſein ausſchlie߬ liches Geheimniß? Fühlt er nicht, daß er da, alle anderen Menſchen gleichſam im Dunkel hinter ſich laſſend, zu einer Höhe künſtleriſcher Erkenntniß emporgeſtiegen iſt, deren eben nur er in ſeiner Thätigkeit theilhaftig werden kann? Alles Verſtändniß, was ihm zu Theil wird, kann immer nur darauf beruhen, daß Andere ſich einigermaßen in die beſondere Entwickelung ſeines Bewußtſeins einzuleben ver¬ mögen, die ſich in ſeiner Thätigkeit vollzieht. Es wird immer nur ein annäherndes bleiben, weil jener Entwicke¬ lungsproceß ſelbſt ſich eben nur durch das eine Individuum bis zu der erreichten Höhe vollziehen konnte. Sind es nun die Künſtler, die vor allen Anderen dieſes annähernden Verſtändniſſes für die künſtleriſchen

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Zitationshilfe: Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/155>, abgerufen am 21.11.2024.