Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.einen, bald nach der anderen Seite, sobald sie in allen Wohl sehen wir das Beispiel großer Zeiten oft lange Fiedler, Ursprung. 11
einen, bald nach der anderen Seite, ſobald ſie in allen Wohl ſehen wir das Beiſpiel großer Zeiten oft lange Fiedler, Urſprung. 11
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0173" n="161"/> einen, bald nach der anderen Seite, ſobald ſie in allen<lb/> ihren Aeußerungen nicht mehr jenem oberſten Princip ge¬<lb/> horcht. Die Erfahrung lehrt dies deutlich genug. Sowohl<lb/> in den Jahrhunderten, die der großen Zeit griechiſcher<lb/> Kunſt folgen, als auch in denen, die ſich an die moderne<lb/> Blütheperiode der Kunſt anſchließen, Jahrhunderten, denen<lb/> auch unſere eigene Zeit angehört, nehmen wir kaum einen<lb/> Nachlaß in der künſtleriſchen Thätigkeit wahr, ſoweit dieſe<lb/> von den treibenden Mächten der Einbildungskraft, des Ver¬<lb/> langens nach Schmuck des Daſeins, des Darſtellungsbe¬<lb/> dürfniſſes abhängt. Und doch hat in beiden Fällen der<lb/> Niedergang der Kunſt raſche und unaufhaltſame Fort¬<lb/> ſchritte gemacht. Nun ſteht die geſtaltende Hand nicht<lb/> mehr ausſchließlich im Dienſte des zum Ausdruck ſich ent¬<lb/> wickelnden Sehproceſſes; vielmehr iſt es ebenſoſehr die Luſt<lb/> an decorativer Verwerthung der künſtleriſchen Mittel, die<lb/> maßgebend wird für die ſchaffende Thätigkeit, wie der<lb/> Hang, alles und jedes zum Gegenſtand bildlicher Dar¬<lb/> ſtellung zu machen; allerhand Nebenwerthe treten an die<lb/> Stelle der eigentlich künſtleriſchen Ausdruckswerthe.</p><lb/> <p>Wohl ſehen wir das Beiſpiel großer Zeiten oft lange<lb/> nachwirken. Die gewaltige Entwickelung, die unter den<lb/> bildenden Händen zahlreicher bedeutender Künſtler das<lb/> Vorſtellungsleben, es auf dem Geſichtsſinn beruht,<lb/> erfährt, ſtellt ſich in Formen dar, die nachgeahmt und<lb/> verwendet werden können; es iſt wie eine reiche Erbſchaft,<lb/> die den nachfolgenden Zeiten zufällt. Die Herrſchaft, die<lb/> dieſe Formen über die bildneriſche Thätigkeit der Folge¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Fiedler</hi>, Urſprung. 11<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [161/0173]
einen, bald nach der anderen Seite, ſobald ſie in allen
ihren Aeußerungen nicht mehr jenem oberſten Princip ge¬
horcht. Die Erfahrung lehrt dies deutlich genug. Sowohl
in den Jahrhunderten, die der großen Zeit griechiſcher
Kunſt folgen, als auch in denen, die ſich an die moderne
Blütheperiode der Kunſt anſchließen, Jahrhunderten, denen
auch unſere eigene Zeit angehört, nehmen wir kaum einen
Nachlaß in der künſtleriſchen Thätigkeit wahr, ſoweit dieſe
von den treibenden Mächten der Einbildungskraft, des Ver¬
langens nach Schmuck des Daſeins, des Darſtellungsbe¬
dürfniſſes abhängt. Und doch hat in beiden Fällen der
Niedergang der Kunſt raſche und unaufhaltſame Fort¬
ſchritte gemacht. Nun ſteht die geſtaltende Hand nicht
mehr ausſchließlich im Dienſte des zum Ausdruck ſich ent¬
wickelnden Sehproceſſes; vielmehr iſt es ebenſoſehr die Luſt
an decorativer Verwerthung der künſtleriſchen Mittel, die
maßgebend wird für die ſchaffende Thätigkeit, wie der
Hang, alles und jedes zum Gegenſtand bildlicher Dar¬
ſtellung zu machen; allerhand Nebenwerthe treten an die
Stelle der eigentlich künſtleriſchen Ausdruckswerthe.
Wohl ſehen wir das Beiſpiel großer Zeiten oft lange
nachwirken. Die gewaltige Entwickelung, die unter den
bildenden Händen zahlreicher bedeutender Künſtler das
Vorſtellungsleben, es auf dem Geſichtsſinn beruht,
erfährt, ſtellt ſich in Formen dar, die nachgeahmt und
verwendet werden können; es iſt wie eine reiche Erbſchaft,
die den nachfolgenden Zeiten zufällt. Die Herrſchaft, die
dieſe Formen über die bildneriſche Thätigkeit der Folge¬
Fiedler, Urſprung. 11
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