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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.

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Geiste aufbaut, nicht nur den Bau ausführt, sondern auch
das Baumaterial hervorbringt.

Häufig genug wiederholt es sich, daß ein allzu kühner
Gebrauch des Denkvermögens dazu verleitet, Worte als
Werthe einzuführen, in denen gleichsam die Kennzeichen
einer sinnlichen Herkunft gänzlich verwischt erscheinen. Her¬
vorragende Denker sind der irrigen Meinung zum Opfer
gefallen, daß sie das, was so recht eigentlich Wirklichkeit
zu nennen sei, da erfassen könnten, wo sie sich auf den
Wegen der Abstraction am weitesten von dem sinnlichen
Ursprung aller Wirklichkeit entfernt hatten. Ganze Ge¬
nerationen haben sich auf solchen Bahnen mit fortreißen
lassen. Wenn nun dem menschlichen Geist die Besonnen¬
heit zurückkehrt, so durchschaut er wohl die Leere und Will¬
kürlichkeit dessen, was ihm für die höchste Erkenntniß ge¬
golten hatte; aber gerade darum verfällt er leicht einem
anderen Irrthum. Indem das Denken, anstatt sich über
die Erfahrung zu erheben, seine ganze Kraft auf die Er¬
fahrung concentrirt, indem man alle Vorsicht anwendet,
um sich bei den auf immer vollständigere Erkenntniß ab¬
zielenden geistigen Operationen nicht einen Schritt von der
sinnlich erfahrbaren Wirklichkeit zu entfernen, indem man
nichts als wirklich anerkennt, was man nicht der Erfahrung
unmittelbar zu verdanken sich bewußt ist, lebt man der
Ueberzeugung, daß man die ganze mögliche Erfahrung und
somit den gesammten thatsächlichen Bestand der Wirklichkeit,
soweit er uns bekannt werden könne, in der Sprache des
discursiven Denkens zum Ausdruck zu bringen vermöge.

Fiedler, Ursprung. 2

Geiſte aufbaut, nicht nur den Bau ausführt, ſondern auch
das Baumaterial hervorbringt.

Häufig genug wiederholt es ſich, daß ein allzu kühner
Gebrauch des Denkvermögens dazu verleitet, Worte als
Werthe einzuführen, in denen gleichſam die Kennzeichen
einer ſinnlichen Herkunft gänzlich verwiſcht erſcheinen. Her¬
vorragende Denker ſind der irrigen Meinung zum Opfer
gefallen, daß ſie das, was ſo recht eigentlich Wirklichkeit
zu nennen ſei, da erfaſſen könnten, wo ſie ſich auf den
Wegen der Abſtraction am weiteſten von dem ſinnlichen
Urſprung aller Wirklichkeit entfernt hatten. Ganze Ge¬
nerationen haben ſich auf ſolchen Bahnen mit fortreißen
laſſen. Wenn nun dem menſchlichen Geiſt die Beſonnen¬
heit zurückkehrt, ſo durchſchaut er wohl die Leere und Will¬
kürlichkeit deſſen, was ihm für die höchſte Erkenntniß ge¬
golten hatte; aber gerade darum verfällt er leicht einem
anderen Irrthum. Indem das Denken, anſtatt ſich über
die Erfahrung zu erheben, ſeine ganze Kraft auf die Er¬
fahrung concentrirt, indem man alle Vorſicht anwendet,
um ſich bei den auf immer vollſtändigere Erkenntniß ab¬
zielenden geiſtigen Operationen nicht einen Schritt von der
ſinnlich erfahrbaren Wirklichkeit zu entfernen, indem man
nichts als wirklich anerkennt, was man nicht der Erfahrung
unmittelbar zu verdanken ſich bewußt iſt, lebt man der
Ueberzeugung, daß man die ganze mögliche Erfahrung und
ſomit den geſammten thatſächlichen Beſtand der Wirklichkeit,
ſoweit er uns bekannt werden könne, in der Sprache des
discurſiven Denkens zum Ausdruck zu bringen vermöge.

Fiedler, Urſprung. 2
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[17/0029] Geiſte aufbaut, nicht nur den Bau ausführt, ſondern auch das Baumaterial hervorbringt. Häufig genug wiederholt es ſich, daß ein allzu kühner Gebrauch des Denkvermögens dazu verleitet, Worte als Werthe einzuführen, in denen gleichſam die Kennzeichen einer ſinnlichen Herkunft gänzlich verwiſcht erſcheinen. Her¬ vorragende Denker ſind der irrigen Meinung zum Opfer gefallen, daß ſie das, was ſo recht eigentlich Wirklichkeit zu nennen ſei, da erfaſſen könnten, wo ſie ſich auf den Wegen der Abſtraction am weiteſten von dem ſinnlichen Urſprung aller Wirklichkeit entfernt hatten. Ganze Ge¬ nerationen haben ſich auf ſolchen Bahnen mit fortreißen laſſen. Wenn nun dem menſchlichen Geiſt die Beſonnen¬ heit zurückkehrt, ſo durchſchaut er wohl die Leere und Will¬ kürlichkeit deſſen, was ihm für die höchſte Erkenntniß ge¬ golten hatte; aber gerade darum verfällt er leicht einem anderen Irrthum. Indem das Denken, anſtatt ſich über die Erfahrung zu erheben, ſeine ganze Kraft auf die Er¬ fahrung concentrirt, indem man alle Vorſicht anwendet, um ſich bei den auf immer vollſtändigere Erkenntniß ab¬ zielenden geiſtigen Operationen nicht einen Schritt von der ſinnlich erfahrbaren Wirklichkeit zu entfernen, indem man nichts als wirklich anerkennt, was man nicht der Erfahrung unmittelbar zu verdanken ſich bewußt iſt, lebt man der Ueberzeugung, daß man die ganze mögliche Erfahrung und ſomit den geſammten thatſächlichen Beſtand der Wirklichkeit, ſoweit er uns bekannt werden könne, in der Sprache des discurſiven Denkens zum Ausdruck zu bringen vermöge. Fiedler, Urſprung. 2

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Zitationshilfe: Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/29>, abgerufen am 23.11.2024.