diejenige sei, die stattfinden müsse, damit der Mensch zu einem klaren und umfassenden Wirklichkeitsbewußtsein ge¬ langen könne. Man setzt voraus, daß die vollständige sinnliche Aneignung eines Dinges vorhanden sein müsse, damit die Gewißheit seines Seins in die Form des Be¬ griffs eingehen und ein Gegenstand des Denkens werden könne. Aber abgesehen davon, daß im Begriff etwas ganz anderes dem Bewußtsein zugeführt wird, als das sinnliche Dasein der Dinge, muß auch jedes Bemühen, zur Voll¬ ständigkeit einer bestimmten sinnlichen Aneignung eines Gegenstandes zu gelangen, anstatt auf Bildung eines Be¬ griffs hinauslaufen zu müssen, dieselbe vielmehr ausschließen; denn in demselben Augenblick, in dem der Begriff von dem Bewußtsein Besitz ergreift, erfährt jenes sinnliche Bemühen eine Unterbrechung und vermag erst dann wieder in seine Rechte einzutreten, wenn das begriffliche Denken aus dem thätigen Bewußtsein verschwunden ist.
Noch einer anderen irreführenden Anschauung ist hier zu gedenken. Man pflegt die Entwickelung des geistigen Lebens bei dem einzelnen Menschen so aufzufassen, als ob sie von sinnlicher Gebundenheit zu geistiger Freiheit führe; man nimmt an, daß das sinnlich Gegebene in einen geistigen Besitz verwandelt werde. Nichts, scheint es, kann sinn¬ licher, körperlicher sein, als das Material der Welt, das uns als etwas Bekanntes umgiebt, zu dem wir selbst mit unserer ganzen Leiblichkeit gehören. Nichts kann geistiger, sozusagen substanzloser erscheinen, als der Begriff, durch den wir die Körperwelt gleichsam beherrschen. Aber wir
diejenige ſei, die ſtattfinden müſſe, damit der Menſch zu einem klaren und umfaſſenden Wirklichkeitsbewußtſein ge¬ langen könne. Man ſetzt voraus, daß die vollſtändige ſinnliche Aneignung eines Dinges vorhanden ſein müſſe, damit die Gewißheit ſeines Seins in die Form des Be¬ griffs eingehen und ein Gegenſtand des Denkens werden könne. Aber abgeſehen davon, daß im Begriff etwas ganz anderes dem Bewußtſein zugeführt wird, als das ſinnliche Daſein der Dinge, muß auch jedes Bemühen, zur Voll¬ ſtändigkeit einer beſtimmten ſinnlichen Aneignung eines Gegenſtandes zu gelangen, anſtatt auf Bildung eines Be¬ griffs hinauslaufen zu müſſen, dieſelbe vielmehr ausſchließen; denn in demſelben Augenblick, in dem der Begriff von dem Bewußtſein Beſitz ergreift, erfährt jenes ſinnliche Bemühen eine Unterbrechung und vermag erſt dann wieder in ſeine Rechte einzutreten, wenn das begriffliche Denken aus dem thätigen Bewußtſein verſchwunden iſt.
Noch einer anderen irreführenden Anſchauung iſt hier zu gedenken. Man pflegt die Entwickelung des geiſtigen Lebens bei dem einzelnen Menſchen ſo aufzufaſſen, als ob ſie von ſinnlicher Gebundenheit zu geiſtiger Freiheit führe; man nimmt an, daß das ſinnlich Gegebene in einen geiſtigen Beſitz verwandelt werde. Nichts, ſcheint es, kann ſinn¬ licher, körperlicher ſein, als das Material der Welt, das uns als etwas Bekanntes umgiebt, zu dem wir ſelbſt mit unſerer ganzen Leiblichkeit gehören. Nichts kann geiſtiger, ſozuſagen ſubſtanzloſer erſcheinen, als der Begriff, durch den wir die Körperwelt gleichſam beherrſchen. Aber wir
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diejenige ſei, die ſtattfinden müſſe, damit der Menſch zu
einem klaren und umfaſſenden Wirklichkeitsbewußtſein ge¬
langen könne. Man ſetzt voraus, daß die vollſtändige
ſinnliche Aneignung eines Dinges vorhanden ſein müſſe,
damit die Gewißheit ſeines Seins in die Form des Be¬
griffs eingehen und ein Gegenſtand des Denkens werden
könne. Aber abgeſehen davon, daß im Begriff etwas ganz
anderes dem Bewußtſein zugeführt wird, als das ſinnliche
Daſein der Dinge, muß auch jedes Bemühen, zur Voll¬
ſtändigkeit einer beſtimmten ſinnlichen Aneignung eines
Gegenſtandes zu gelangen, anſtatt auf Bildung eines Be¬
griffs hinauslaufen zu müſſen, dieſelbe vielmehr ausſchließen;
denn in demſelben Augenblick, in dem der Begriff von dem
Bewußtſein Beſitz ergreift, erfährt jenes ſinnliche Bemühen
eine Unterbrechung und vermag erſt dann wieder in ſeine
Rechte einzutreten, wenn das begriffliche Denken aus dem
thätigen Bewußtſein verſchwunden iſt.
Noch einer anderen irreführenden Anſchauung iſt hier
zu gedenken. Man pflegt die Entwickelung des geiſtigen
Lebens bei dem einzelnen Menſchen ſo aufzufaſſen, als ob
ſie von ſinnlicher Gebundenheit zu geiſtiger Freiheit führe;
man nimmt an, daß das ſinnlich Gegebene in einen geiſtigen
Beſitz verwandelt werde. Nichts, ſcheint es, kann ſinn¬
licher, körperlicher ſein, als das Material der Welt, das
uns als etwas Bekanntes umgiebt, zu dem wir ſelbſt mit
unſerer ganzen Leiblichkeit gehören. Nichts kann geiſtiger,
ſozuſagen ſubſtanzloſer erſcheinen, als der Begriff, durch
den wir die Körperwelt gleichſam beherrſchen. Aber wir
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/46>, abgerufen am 16.07.2024.
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