schiedenen Sphären des Seins angehörten, von denen jede für ihren Theil eine gesonderte Betrachtung zuließe. Man giebt zu, daß jede Arbeit des Geistes sich unserer Wahr¬ nehmung zugleich als eine körperliche Leistung ankündigt, daß alles geistige Thun zugleich eine Bethätigung des leib¬ lichen Organismus sei, daß die Resultate des leiblich¬ geistigen Thuns, der Stoff, die Bestandtheile des soge¬ nannten geistigen Lebens selbst, durchaus nicht als bloße geistige Werthe, sondern in sinnlicher Form vorhanden seien. Wir mögen ja aus dem ungeheuren Bereiche des Seienden nehmen, was wir wollen, das Fernste, wie das Nächste, das Umfassendste, wie das Beschränkteste, das Allgemeinste, wie das Einzelnste, immer wird es sich heraus¬ stellen, nicht nur als ein unserem Bewußtsein unmittelbar angehöriges Geistiges, sondern zugleich als ein uns ebenso unmittelbar angehöriges Sinnlich-Körperliches. Indessen sieht man doch immer noch ein Zweierlei, wo im Grunde nur ein Einerlei vorhanden ist. Man hat da nur erst den halben Weg zurückgelegt, der von der Annahme einer dualistischen Sonderexistenz von Geist und Körper zu der Einsicht führt, daß eine Trennung dieser beiden sogenannten Bestandtheile unserer Natur, in denen wir den größten aller vorhandenen Gegensätze anerkennen zu müssen glauben, überhaupt für uns ganz unrealisirbar ist. Kein körper¬ licher Vorgang kann nur gleichsam der Träger sein eines geistigen Werthes, der von ihm verschieden wäre; es ist immer nur ein und derselbe Vorgang, ein körperlicher, weil es in der menschlichen Natur keinen geistigen Vorgang
ſchiedenen Sphären des Seins angehörten, von denen jede für ihren Theil eine geſonderte Betrachtung zuließe. Man giebt zu, daß jede Arbeit des Geiſtes ſich unſerer Wahr¬ nehmung zugleich als eine körperliche Leiſtung ankündigt, daß alles geiſtige Thun zugleich eine Bethätigung des leib¬ lichen Organismus ſei, daß die Reſultate des leiblich¬ geiſtigen Thuns, der Stoff, die Beſtandtheile des ſoge¬ nannten geiſtigen Lebens ſelbſt, durchaus nicht als bloße geiſtige Werthe, ſondern in ſinnlicher Form vorhanden ſeien. Wir mögen ja aus dem ungeheuren Bereiche des Seienden nehmen, was wir wollen, das Fernſte, wie das Nächſte, das Umfaſſendſte, wie das Beſchränkteſte, das Allgemeinſte, wie das Einzelnſte, immer wird es ſich heraus¬ ſtellen, nicht nur als ein unſerem Bewußtſein unmittelbar angehöriges Geiſtiges, ſondern zugleich als ein uns ebenſo unmittelbar angehöriges Sinnlich-Körperliches. Indeſſen ſieht man doch immer noch ein Zweierlei, wo im Grunde nur ein Einerlei vorhanden iſt. Man hat da nur erſt den halben Weg zurückgelegt, der von der Annahme einer dualiſtiſchen Sonderexiſtenz von Geiſt und Körper zu der Einſicht führt, daß eine Trennung dieſer beiden ſogenannten Beſtandtheile unſerer Natur, in denen wir den größten aller vorhandenen Gegenſätze anerkennen zu müſſen glauben, überhaupt für uns ganz unrealiſirbar iſt. Kein körper¬ licher Vorgang kann nur gleichſam der Träger ſein eines geiſtigen Werthes, der von ihm verſchieden wäre; es iſt immer nur ein und derſelbe Vorgang, ein körperlicher, weil es in der menſchlichen Natur keinen geiſtigen Vorgang
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ſchiedenen Sphären des Seins angehörten, von denen jede
für ihren Theil eine geſonderte Betrachtung zuließe. Man
giebt zu, daß jede Arbeit des Geiſtes ſich unſerer Wahr¬
nehmung zugleich als eine körperliche Leiſtung ankündigt,
daß alles geiſtige Thun zugleich eine Bethätigung des leib¬
lichen Organismus ſei, daß die Reſultate des leiblich¬
geiſtigen Thuns, der Stoff, die Beſtandtheile des ſoge¬
nannten geiſtigen Lebens ſelbſt, durchaus nicht als bloße
geiſtige Werthe, ſondern in ſinnlicher Form vorhanden
ſeien. Wir mögen ja aus dem ungeheuren Bereiche des
Seienden nehmen, was wir wollen, das Fernſte, wie das
Nächſte, das Umfaſſendſte, wie das Beſchränkteſte, das
Allgemeinſte, wie das Einzelnſte, immer wird es ſich heraus¬
ſtellen, nicht nur als ein unſerem Bewußtſein unmittelbar
angehöriges Geiſtiges, ſondern zugleich als ein uns ebenſo
unmittelbar angehöriges Sinnlich-Körperliches. Indeſſen
ſieht man doch immer noch ein Zweierlei, wo im Grunde
nur ein Einerlei vorhanden iſt. Man hat da nur erſt
den halben Weg zurückgelegt, der von der Annahme einer
dualiſtiſchen Sonderexiſtenz von Geiſt und Körper zu der
Einſicht führt, daß eine Trennung dieſer beiden ſogenannten
Beſtandtheile unſerer Natur, in denen wir den größten
aller vorhandenen Gegenſätze anerkennen zu müſſen glauben,
überhaupt für uns ganz unrealiſirbar iſt. Kein körper¬
licher Vorgang kann nur gleichſam der Träger ſein eines
geiſtigen Werthes, der von ihm verſchieden wäre; es iſt
immer nur ein und derſelbe Vorgang, ein körperlicher, weil
es in der menſchlichen Natur keinen geiſtigen Vorgang
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/51>, abgerufen am 16.07.2024.
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