Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.Hause ist leyder untergangen. So billig aber diese Trauer / so unbillig würde es seyn / wenn von der Betrauerten kein ander Andencken als etwa ein geringer Hügel auf dem Gottes-Acker / und darauf zulegender Leichen-Stein übrig bleiben solte; Nein / wie Ihr guter Nachruhm in M. H. A. Hertzen verewiget bleibet / so bin ich auch auf geneigtes Ersuchen itzo aufgetretten / so viel die Nacht und strenge Kälte zulassen möchte / zwar ohne Kunst doch aus redlichen Hertzen nebst geflissenen Danck vor jetztgenommene Mühe Ihrer in besten zu gedencken. Und siehe jetzt dencke ich an die Worte / so ich wenig Wochen vor ihrem Ende aus der Sehl. Bützerin schon matten und erblaßten Munde gehöret; Ach / sagte Sie / die Tage werden immer kürtzer / aber mir werden sie immer länger. Sie ließ dabey dieses mercken / daß Ihre zunehmende Angst und beschwerliches Joch / so Sie tragen müste / Ihr die Uhr gleichsam aufhielten / und die Stunden der Abnehmenden Tage länger macheten / als sie an sich selber wären. Wenn ich dabey halte die Zeit / da die Sehlige diese Welt gesegnet / so war es etwa 11. Tage vor den allerkürtzesten Tag im gantzen Jahre / und möchte ich denn wol Ihre Worte in etwas verändern und sagen; Je kürtzer die Tage wurden / je näher war Ihr allerlängster Tag. Ja einen kürtzern Tag hat Sie in der Welt nicht erlebet / als Ihren Sterbe-Tag / denn ehe es an demselben noch Abend wurde / war der Abend Ihres Lebens da; doch in diesem kürtzesten Tage hat Ihr längster Tag der Tag der Ewigkeit seinen gewünschten Anfang genommen. Wollen M. H. A. solches in einem Bilde sehen / so stellen sie ihnen vor die Sonne in tropico capricorni mit der Beyschrifft: Hause ist leyder untergangen. So billig aber diese Trauer / so unbillig würde es seyn / wenn von der Betrauerten kein ander Andencken als etwa ein geringer Hügel auf dem Gottes-Acker / und darauf zulegender Leichen-Stein übrig bleiben solte; Nein / wie Ihr guter Nachruhm in M. H. A. Hertzen verewiget bleibet / so bin ich auch auf geneigtes Ersuchen itzo aufgetretten / so viel die Nacht und strenge Kälte zulassen möchte / zwar ohne Kunst doch aus redlichen Hertzen nebst geflissenen Danck vor jetztgenommene Mühe Ihrer in besten zu gedencken. Und siehe jetzt dencke ich an die Worte / so ich wenig Wochen vor ihrem Ende aus der Sehl. Bützerin schon matten und erblaßten Munde gehöret; Ach / sagte Sie / die Tage werden im̃er kürtzer / aber mir werden sie immer länger. Sie ließ dabey dieses mercken / daß Ihre zunehmende Angst und beschwerliches Joch / so Sie tragen müste / Ihr die Uhr gleichsam aufhielten / und die Stunden der Abnehmenden Tage länger macheten / als sie an sich selber wären. Wenn ich dabey halte die Zeit / da die Sehlige diese Welt gesegnet / so war es etwa 11. Tage vor den allerkürtzesten Tag im gantzen Jahre / und möchte ich denn wol Ihre Worte in etwas verändern und sagen; Je kürtzer die Tage wurden / je näher war Ihr allerlängster Tag. Ja einen kürtzern Tag hat Sie in der Welt nicht erlebet / als Ihren Sterbe-Tag / denn ehe es an demselben noch Abend wurde / war der Abend Ihres Lebens da; doch in diesem kürtzesten Tage hat Ihr längster Tag der Tag der Ewigkeit seinen gewünschten Anfang genommen. Wollen M. H. A. solches in einem Bilde sehen / so stellen sie ihnen vor die Sonne in tropico capricorni mit der Beyschrifft: <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0108" n="102"/> Hause ist leyder untergangen. So billig aber diese Trauer / so unbillig würde es seyn / wenn von der Betrauerten kein ander Andencken als etwa ein geringer Hügel auf dem Gottes-Acker / und darauf zulegender Leichen-Stein übrig bleiben solte; Nein / wie Ihr guter Nachruhm in M. H. A. Hertzen verewiget bleibet / so bin ich auch auf geneigtes Ersuchen itzo aufgetretten / so viel die Nacht und strenge Kälte zulassen möchte / zwar ohne Kunst doch aus redlichen Hertzen nebst geflissenen Danck vor jetztgenommene Mühe Ihrer in besten zu gedencken. Und siehe jetzt dencke ich an die Worte / so ich wenig Wochen vor ihrem Ende aus der Sehl. Bützerin schon matten und erblaßten Munde gehöret; Ach / sagte Sie / die Tage werden im̃er kürtzer / aber mir werden sie immer länger. Sie ließ dabey dieses mercken / daß Ihre zunehmende Angst und beschwerliches Joch / so Sie tragen müste / Ihr die Uhr gleichsam aufhielten / und die Stunden der Abnehmenden Tage länger macheten / als sie an sich selber wären. Wenn ich dabey halte die Zeit / da die Sehlige diese Welt gesegnet / so war es etwa 11. Tage vor den allerkürtzesten Tag im gantzen Jahre / und möchte ich denn wol Ihre Worte in etwas verändern und sagen; Je kürtzer die Tage wurden / je näher war Ihr allerlängster Tag. Ja einen kürtzern Tag hat Sie in der Welt nicht erlebet / als Ihren Sterbe-Tag / denn ehe es an demselben noch Abend wurde / war der Abend Ihres Lebens da; doch in diesem kürtzesten Tage hat Ihr längster Tag der Tag der Ewigkeit seinen gewünschten Anfang genommen. Wollen M. H. A. solches in einem Bilde sehen / so stellen sie ihnen vor die Sonne in tropico capricorni mit der Beyschrifft:</p> <l>A minori ad majus, So ist der kürtzte Tag / wenn hier die Sonne stehet / Doch nach den Kürtzesten der Längre gleich anfähet.</l> </div> </body> </text> </TEI> [102/0108]
Hause ist leyder untergangen. So billig aber diese Trauer / so unbillig würde es seyn / wenn von der Betrauerten kein ander Andencken als etwa ein geringer Hügel auf dem Gottes-Acker / und darauf zulegender Leichen-Stein übrig bleiben solte; Nein / wie Ihr guter Nachruhm in M. H. A. Hertzen verewiget bleibet / so bin ich auch auf geneigtes Ersuchen itzo aufgetretten / so viel die Nacht und strenge Kälte zulassen möchte / zwar ohne Kunst doch aus redlichen Hertzen nebst geflissenen Danck vor jetztgenommene Mühe Ihrer in besten zu gedencken. Und siehe jetzt dencke ich an die Worte / so ich wenig Wochen vor ihrem Ende aus der Sehl. Bützerin schon matten und erblaßten Munde gehöret; Ach / sagte Sie / die Tage werden im̃er kürtzer / aber mir werden sie immer länger. Sie ließ dabey dieses mercken / daß Ihre zunehmende Angst und beschwerliches Joch / so Sie tragen müste / Ihr die Uhr gleichsam aufhielten / und die Stunden der Abnehmenden Tage länger macheten / als sie an sich selber wären. Wenn ich dabey halte die Zeit / da die Sehlige diese Welt gesegnet / so war es etwa 11. Tage vor den allerkürtzesten Tag im gantzen Jahre / und möchte ich denn wol Ihre Worte in etwas verändern und sagen; Je kürtzer die Tage wurden / je näher war Ihr allerlängster Tag. Ja einen kürtzern Tag hat Sie in der Welt nicht erlebet / als Ihren Sterbe-Tag / denn ehe es an demselben noch Abend wurde / war der Abend Ihres Lebens da; doch in diesem kürtzesten Tage hat Ihr längster Tag der Tag der Ewigkeit seinen gewünschten Anfang genommen. Wollen M. H. A. solches in einem Bilde sehen / so stellen sie ihnen vor die Sonne in tropico capricorni mit der Beyschrifft:
A minori ad majus, So ist der kürtzte Tag / wenn hier die Sonne stehet / Doch nach den Kürtzesten der Längre gleich anfähet.
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/108>, abgerufen am 16.02.2025. |