Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Kurtz: Wir bringen den Tod mit ins Leben. So wüste ich fast kein bequemer Bild sowol aller Menschen als auch des Sehl. Leben vorzustellen / als eine mit hellen Feuer in die Lufft steigende Raquete mit der Beyschrifft:

In vita mors, Es scheint / als lebte ich; doch dieses schnelle Leben Muß flugs den Ursprung mit zu meinem Tode geben.

Wie wil man denn ein solches Leben ein wahres Leben nennen? Laß seyn / daß der Sehl. Mann bey Anfange seines natürlichen Lebens durch die neue Gebuhrt der H. Tauffe in ein wahres Leben eingetretten / indem er von der Zeit an angefangen in seinem Heylande Christo JEsu zu leben / so fehlete doch auch diesem Leben / so lange er lebte / die Unsterblichkeit. Er war ja der Sünden / wie alle Menschen / unterworffen / so manche vorsetzliche Sünde er begangen / so offte hieß es auch hierbey; in vita mors, so offte war er seinen Heyland abgestorben / und muste durch wahre Busse wieder auferstehen. Was sonst sein Leben anbetrifft / so hatte sein jetzo hochbetrübter Herr Vater S. T. Herr Augustus Haspelmacher und die Sehl. Frau Mutter / eine gebohrne Büttnerin alle Mühe und Fleiß daran gewand / daß er einmahl redlich und glücklich leben solte. Sie liessen nichts fehlen an guter Erziehung / an fleißiger Information, an nachdrücklichen Vermahnungen. Ob nun wol die natürliche Inclination zum Haußwesen verhindert / daß er nicht durch eine sonderbahre Gelehrsamkeit in die Fußstapffen seines Sehl. Herrn Groß-Vaters Hrn. Johannis Haspelmachers / vormahligen Abts des Closters Marienthals treten können / so erhielten jetzt wolgedachte Eltern doch darin ihren Zweck / daß die genossene Anführung ihn so weit gebracht / daß er vor sich klüglich

Kurtz: Wir bringen den Tod mit ins Leben. So wüste ich fast kein bequemer Bild sowol aller Menschen als auch des Sehl. Leben vorzustellen / als eine mit hellen Feuer in die Lufft steigende Raquete mit der Beyschrifft:

In vita mors, Es scheint / als lebte ich; doch dieses schnelle Leben Muß flugs den Ursprung mit zu meinem Tode geben.

Wie wil man denn ein solches Leben ein wahres Leben nennen? Laß seyn / daß der Sehl. Mann bey Anfange seines natürlichen Lebens durch die neue Gebuhrt der H. Tauffe in ein wahres Leben eingetretten / indem er von der Zeit an angefangen in seinem Heylande Christo JEsu zu leben / so fehlete doch auch diesem Leben / so lange er lebte / die Unsterblichkeit. Er war ja der Sünden / wie alle Menschen / unterworffen / so manche vorsetzliche Sünde er begangen / so offte hieß es auch hierbey; in vita mors, so offte war er seinen Heyland abgestorben / und muste durch wahre Busse wieder auferstehen. Was sonst sein Leben anbetrifft / so hatte sein jetzo hochbetrübter Herr Vater S. T. Herr Augustus Haspelmacher und die Sehl. Frau Mutter / eine gebohrne Büttnerin alle Mühe und Fleiß daran gewand / daß er einmahl redlich und glücklich leben solte. Sie liessen nichts fehlen an guter Erziehung / an fleißiger Information, an nachdrücklichen Vermahnungen. Ob nun wol die natürliche Inclination zum Haußwesen verhindert / daß er nicht durch eine sonderbahre Gelehrsamkeit in die Fußstapffen seines Sehl. Herrn Groß-Vaters Hrn. Johannis Haspelmachers / vormahligen Abts des Closters Marienthals treten können / so erhielten jetzt wolgedachte Eltern doch darin ihren Zweck / daß die genossene Anführung ihn so weit gebracht / daß er vor sich klüglich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0096" n="90"/>
Kurtz: Wir bringen den Tod mit ins
                     Leben. So wüste ich fast kein bequemer Bild sowol aller Menschen als auch des
                     Sehl. Leben vorzustellen / als eine mit hellen Feuer in die Lufft steigende
                     Raquete mit der Beyschrifft:</p>
        <l>In vita mors, Es scheint / als lebte ich; doch dieses schnelle Leben Muß flugs
                     den Ursprung mit zu meinem Tode geben.</l>
        <p>Wie wil man denn ein solches Leben ein wahres Leben nennen? Laß seyn / daß der
                     Sehl. Mann bey Anfange seines natürlichen Lebens durch die neue Gebuhrt der H.
                     Tauffe in ein wahres Leben eingetretten / indem er von der Zeit an angefangen in
                     seinem Heylande Christo JEsu zu leben / so fehlete doch auch diesem Leben / so
                     lange er lebte / die Unsterblichkeit. Er war ja der Sünden / wie alle Menschen /
                     unterworffen / so manche vorsetzliche Sünde er begangen / so offte hieß es auch
                     hierbey; in vita mors, so offte war er seinen Heyland abgestorben / und muste
                     durch wahre Busse wieder auferstehen. Was sonst sein Leben anbetrifft / so hatte
                     sein jetzo hochbetrübter Herr Vater S. T. Herr Augustus Haspelmacher und die
                     Sehl. Frau Mutter / eine gebohrne Büttnerin alle Mühe und Fleiß daran gewand /
                     daß er einmahl redlich und glücklich leben solte. Sie liessen nichts fehlen an
                     guter Erziehung / an fleißiger Information, an nachdrücklichen Vermahnungen. Ob
                     nun wol die natürliche Inclination zum Haußwesen verhindert / daß er nicht durch
                     eine sonderbahre Gelehrsamkeit in die Fußstapffen seines Sehl. Herrn Groß-Vaters
                     Hrn. Johannis Haspelmachers / vormahligen Abts des Closters Marienthals treten
                     können / so erhielten jetzt wolgedachte Eltern doch darin ihren Zweck / daß die
                     genossene Anführung ihn so weit gebracht / daß er vor sich klüglich
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0096] Kurtz: Wir bringen den Tod mit ins Leben. So wüste ich fast kein bequemer Bild sowol aller Menschen als auch des Sehl. Leben vorzustellen / als eine mit hellen Feuer in die Lufft steigende Raquete mit der Beyschrifft: In vita mors, Es scheint / als lebte ich; doch dieses schnelle Leben Muß flugs den Ursprung mit zu meinem Tode geben. Wie wil man denn ein solches Leben ein wahres Leben nennen? Laß seyn / daß der Sehl. Mann bey Anfange seines natürlichen Lebens durch die neue Gebuhrt der H. Tauffe in ein wahres Leben eingetretten / indem er von der Zeit an angefangen in seinem Heylande Christo JEsu zu leben / so fehlete doch auch diesem Leben / so lange er lebte / die Unsterblichkeit. Er war ja der Sünden / wie alle Menschen / unterworffen / so manche vorsetzliche Sünde er begangen / so offte hieß es auch hierbey; in vita mors, so offte war er seinen Heyland abgestorben / und muste durch wahre Busse wieder auferstehen. Was sonst sein Leben anbetrifft / so hatte sein jetzo hochbetrübter Herr Vater S. T. Herr Augustus Haspelmacher und die Sehl. Frau Mutter / eine gebohrne Büttnerin alle Mühe und Fleiß daran gewand / daß er einmahl redlich und glücklich leben solte. Sie liessen nichts fehlen an guter Erziehung / an fleißiger Information, an nachdrücklichen Vermahnungen. Ob nun wol die natürliche Inclination zum Haußwesen verhindert / daß er nicht durch eine sonderbahre Gelehrsamkeit in die Fußstapffen seines Sehl. Herrn Groß-Vaters Hrn. Johannis Haspelmachers / vormahligen Abts des Closters Marienthals treten können / so erhielten jetzt wolgedachte Eltern doch darin ihren Zweck / daß die genossene Anführung ihn so weit gebracht / daß er vor sich klüglich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/96
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/96>, abgerufen am 26.11.2024.