Fischer, Christian August: Ueber Collegien und Collegienhefte. Bonn, 1826.in eigentlichen Vorlesungen - von demselben nur sparsamen Gebrauch. Es ist der Gegenstand, der hier den Maaßstab an die Hand giebt. Mit andern Worten, es kommt darauf an, ob der rhetorische, Vortrag dem Objekte angemessen ist. Ein Docent hingegen, der diesen Ton, in seinen Vorlesungen, durchgehends, und ohne Unterschied der Materien halten will, hat viele Nachtheile davon. Einmal greift er sich ohne Noth nicht wenig an; dann wird er gesucht oder bombastisch; weiter fällt er wider seinen Willen, und ohne es zu bemerken, aus dem falschen Pathos heraus, wirft zuweilen auch wohl gar um, und macht sich also lächerlich. Endlich erzeugt er Ueberdruß, und stiftet mit diesen schwülstigen, floskelreichen Vorträgen, bei weitem nicht so viel Nutzen, als ein verständiger Docent, der im Allgemeinen den didaktischen Ton festzuhalten gewohnt ist. Beyspiel. Rußland, das seine Entwicklungen im Norden und Osten verfolgte, hatte Frankreich durch den Krieg in Spanien, um so mehr beschäftigt geglaubt, als der Widerstand dieses tapferen Volkes, immer mehr an Kraft und Umfang gewann. Mit Erstaunen und Unwillen bemerkte es nun, wie Napoleon ganz Holland an sich riß, die Grenzen des französischen Reiches bis an die Ostsee erweiterte, und selbst den Norden zu bedrohen anfieng. Neue Beobachtungen, neue Combinationen, führten eine Veränderung der Verhältnisse herbey, wie sie dem Interesse des unermeßlichen Reiches angemessen war. Die großen Ideen in eigentlichen Vorlesungen – von demselben nur sparsamen Gebrauch. Es ist der Gegenstand, der hier den Maaßstab an die Hand giebt. Mit andern Worten, es kommt darauf an, ob der rhetorische, Vortrag dem Objekte angemessen ist. Ein Docent hingegen, der diesen Ton, in seinen Vorlesungen, durchgehends, und ohne Unterschied der Materien halten will, hat viele Nachtheile davon. Einmal greift er sich ohne Noth nicht wenig an; dann wird er gesucht oder bombastisch; weiter fällt er wider seinen Willen, und ohne es zu bemerken, aus dem falschen Pathos heraus, wirft zuweilen auch wohl gar um, und macht sich also lächerlich. Endlich erzeugt er Ueberdruß, und stiftet mit diesen schwülstigen, floskelreichen Vorträgen, bei weitem nicht so viel Nutzen, als ein verständiger Docent, der im Allgemeinen den didaktischen Ton festzuhalten gewohnt ist. Beyspiel. Rußland, das seine Entwicklungen im Norden und Osten verfolgte, hatte Frankreich durch den Krieg in Spanien, um so mehr beschäftigt geglaubt, als der Widerstand dieses tapferen Volkes, immer mehr an Kraft und Umfang gewann. Mit Erstaunen und Unwillen bemerkte es nun, wie Napoleon ganz Holland an sich riß, die Grenzen des französischen Reiches bis an die Ostsee erweiterte, und selbst den Norden zu bedrohen anfieng. Neue Beobachtungen, neue Combinationen, führten eine Veränderung der Verhältnisse herbey, wie sie dem Interesse des unermeßlichen Reiches angemessen war. Die großen Ideen <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0018" n="14"/> in eigentlichen Vorlesungen – von demselben nur sparsamen Gebrauch. Es ist der Gegenstand, der hier den Maaßstab an die Hand giebt. Mit andern Worten, es kommt darauf an, ob der rhetorische, Vortrag dem Objekte angemessen ist. Ein Docent hingegen, der diesen Ton, in seinen Vorlesungen, durchgehends, und ohne Unterschied der Materien halten will, hat viele Nachtheile davon. Einmal greift er sich ohne Noth nicht wenig an; dann wird er gesucht oder bombastisch; weiter fällt er wider seinen Willen, und ohne es zu bemerken, aus dem falschen Pathos heraus, wirft zuweilen auch wohl gar um, und macht sich also lächerlich. Endlich erzeugt er Ueberdruß, und stiftet mit diesen schwülstigen, floskelreichen Vorträgen, bei weitem nicht so viel Nutzen, als ein verständiger Docent, der im Allgemeinen den didaktischen Ton festzuhalten gewohnt ist.</p><lb/> <div> <head><hi rendition="#g">Beyspiel</hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#g">Rußland</hi>, das seine Entwicklungen im Norden und Osten verfolgte, hatte Frankreich durch den Krieg in Spanien, um so mehr beschäftigt geglaubt, als der Widerstand dieses tapferen Volkes, immer mehr an Kraft und Umfang gewann. Mit Erstaunen und Unwillen bemerkte es nun, wie Napoleon ganz Holland an sich riß, die Grenzen des französischen Reiches bis an die Ostsee erweiterte, und selbst den Norden zu bedrohen anfieng. Neue Beobachtungen, neue Combinationen, führten eine Veränderung der Verhältnisse herbey, wie sie dem Interesse des unermeßlichen Reiches angemessen war. Die großen Ideen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0018]
in eigentlichen Vorlesungen – von demselben nur sparsamen Gebrauch. Es ist der Gegenstand, der hier den Maaßstab an die Hand giebt. Mit andern Worten, es kommt darauf an, ob der rhetorische, Vortrag dem Objekte angemessen ist. Ein Docent hingegen, der diesen Ton, in seinen Vorlesungen, durchgehends, und ohne Unterschied der Materien halten will, hat viele Nachtheile davon. Einmal greift er sich ohne Noth nicht wenig an; dann wird er gesucht oder bombastisch; weiter fällt er wider seinen Willen, und ohne es zu bemerken, aus dem falschen Pathos heraus, wirft zuweilen auch wohl gar um, und macht sich also lächerlich. Endlich erzeugt er Ueberdruß, und stiftet mit diesen schwülstigen, floskelreichen Vorträgen, bei weitem nicht so viel Nutzen, als ein verständiger Docent, der im Allgemeinen den didaktischen Ton festzuhalten gewohnt ist.
Beyspiel.
Rußland, das seine Entwicklungen im Norden und Osten verfolgte, hatte Frankreich durch den Krieg in Spanien, um so mehr beschäftigt geglaubt, als der Widerstand dieses tapferen Volkes, immer mehr an Kraft und Umfang gewann. Mit Erstaunen und Unwillen bemerkte es nun, wie Napoleon ganz Holland an sich riß, die Grenzen des französischen Reiches bis an die Ostsee erweiterte, und selbst den Norden zu bedrohen anfieng. Neue Beobachtungen, neue Combinationen, führten eine Veränderung der Verhältnisse herbey, wie sie dem Interesse des unermeßlichen Reiches angemessen war. Die großen Ideen
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