an's Marmorbecken, dessen helles Wasser die Rosen des schönen Leibes erfrischt hatte, setzte sich auf den Rand nieder, und sprach nach einer Pause: O du Königin des Lieb- reizes! wie beklage ich dein seltsames Schick- sal. Bist du Zoraide? Bist du der Preis des Kampfes, worin ich befangen bin? Dich -- dich soll ich rächen? Für dich die schnöden Unbilden bestrafen, welche feind- selige Mächte dir zugefügt haben? Ja, dir gehört mein Arm. Sonne der Schön- heit, dir mein Leben, unglückliche Zoraide! Bei dem heiligen Worte des Propheten sei es geschworen, nicht Speise noch Trank soll meine Zunge erquicken, bevor ich dich ge- rächt habe.
Nach einer Pause, die auf diese lebhaft gesprochenen Worte folgte, zog Takeddin seinen Säbel. Hervor du erster aller Sä- bel, rief er aus, von dir erwarte ich Licht
an's Marmorbecken, deſſen helles Waſſer die Roſen des ſchoͤnen Leibes erfriſcht hatte, ſetzte ſich auf den Rand nieder, und ſprach nach einer Pauſe: O du Koͤnigin des Lieb- reizes! wie beklage ich dein ſeltſames Schick- ſal. Biſt du Zoraide? Biſt du der Preis des Kampfes, worin ich befangen bin? Dich — dich ſoll ich raͤchen? Fuͤr dich die ſchnoͤden Unbilden beſtrafen, welche feind- ſelige Maͤchte dir zugefuͤgt haben? Ja, dir gehoͤrt mein Arm. Sonne der Schoͤn- heit, dir mein Leben, ungluͤckliche Zoraide! Bei dem heiligen Worte des Propheten ſei es geſchworen, nicht Speiſe noch Trank ſoll meine Zunge erquicken, bevor ich dich ge- raͤcht habe.
Nach einer Pauſe, die auf dieſe lebhaft geſprochenen Worte folgte, zog Takeddin ſeinen Saͤbel. Hervor du erſter aller Saͤ- bel, rief er aus, von dir erwarte ich Licht
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an's Marmorbecken, deſſen helles Waſſer
die Roſen des ſchoͤnen Leibes erfriſcht hatte,
ſetzte ſich auf den Rand nieder, und ſprach
nach einer Pauſe: O du Koͤnigin des Lieb-
reizes! wie beklage ich dein ſeltſames Schick-
ſal. Biſt du Zoraide? Biſt du der Preis
des Kampfes, worin ich befangen bin?
Dich — dich ſoll ich raͤchen? Fuͤr dich die
ſchnoͤden Unbilden beſtrafen, welche feind-
ſelige Maͤchte dir zugefuͤgt haben? Ja,
dir gehoͤrt mein Arm. Sonne der Schoͤn-
heit, dir mein Leben, ungluͤckliche Zoraide!
Bei dem heiligen Worte des Propheten ſei
es geſchworen, nicht Speiſe noch Trank ſoll
meine Zunge erquicken, bevor ich dich ge-
raͤcht habe.
Nach einer Pauſe, die auf dieſe lebhaft
geſprochenen Worte folgte, zog Takeddin
ſeinen Saͤbel. Hervor du erſter aller Saͤ-
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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/179>, abgerufen am 21.11.2024.
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