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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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fehl gab das Bad zu bereiten; drohten die
gegen einander kämpfenden Empfindungen
seine Brust zu zersprengen. Solte er blei-
ben? -- sollte er folgen? Noch war er zu
keinem festen Entschlusse gekommen, als
Zoraide aus seinen Augen verschwunden
war. Erschrocken starrte er ihr nach und
-- nur ein wirklich liebendes Herz wird
ihn begreifen -- versank in wonnevolle
Träumereyen, ohne seine Stelle verlassen
zu können.

Ein Geräusch weckte ihn daraus. Es
war Fee Melinette, seine Beschützerin. Sie
hatte in seiner Seele den Wunsch gelesen:
sie zu sehen und sie um ihre mächtige Hülfe
zu bitten.

"Liebst du wirklich, Selim, -- sagte sie
mit ihrem gewöhnlich liebevollen Tone -- so
bedarfst du ihrer nicht. Thue was dir die
Liebe gebietet und du wirst gefallen."

fehl gab das Bad zu bereiten; drohten die
gegen einander kaͤmpfenden Empfindungen
ſeine Bruſt zu zerſprengen. Solte er blei-
ben? — ſollte er folgen? Noch war er zu
keinem feſten Entſchluſſe gekommen, als
Zoraïde aus ſeinen Augen verſchwunden
war. Erſchrocken ſtarrte er ihr nach und
— nur ein wirklich liebendes Herz wird
ihn begreifen — verſank in wonnevolle
Traͤumereyen, ohne ſeine Stelle verlaſſen
zu koͤnnen.

Ein Geraͤuſch weckte ihn daraus. Es
war Fee Melinette, ſeine Beſchuͤtzerin. Sie
hatte in ſeiner Seele den Wunſch geleſen:
ſie zu ſehen und ſie um ihre maͤchtige Huͤlfe
zu bitten.

»Liebſt du wirklich, Selim, — ſagte ſie
mit ihrem gewoͤhnlich liebevollen Tone — ſo
bedarfſt du ihrer nicht. Thue was dir die
Liebe gebietet und du wirſt gefallen.«

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[16/0020] fehl gab das Bad zu bereiten; drohten die gegen einander kaͤmpfenden Empfindungen ſeine Bruſt zu zerſprengen. Solte er blei- ben? — ſollte er folgen? Noch war er zu keinem feſten Entſchluſſe gekommen, als Zoraïde aus ſeinen Augen verſchwunden war. Erſchrocken ſtarrte er ihr nach und — nur ein wirklich liebendes Herz wird ihn begreifen — verſank in wonnevolle Traͤumereyen, ohne ſeine Stelle verlaſſen zu koͤnnen. Ein Geraͤuſch weckte ihn daraus. Es war Fee Melinette, ſeine Beſchuͤtzerin. Sie hatte in ſeiner Seele den Wunſch geleſen: ſie zu ſehen und ſie um ihre maͤchtige Huͤlfe zu bitten. »Liebſt du wirklich, Selim, — ſagte ſie mit ihrem gewoͤhnlich liebevollen Tone — ſo bedarfſt du ihrer nicht. Thue was dir die Liebe gebietet und du wirſt gefallen.«

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/20>, abgerufen am 21.11.2024.