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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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chen wüste Begriffe waren, mit welchen die
Phantasie die Menschen heimsucht.

Für Keinen hatte aber der Kanzedirn
widerfahrne Unfall angenehmere Folgen
als für Abenza. Sie sah ihn an Werth
in den Augen des Sultans und ganz Albi-
nali verliehren, ein Umstand der ihr Hoff-
nung gab, das Ansehen ihres Geliebten
nicht zu sehr herabgesetzt zu sehen. Vor
allem mußte sie aber bei dem Gedanken
in eine frohe Stimmung versetzt werden,
daß sie, während Kanzedir das Zimmer
hüten mußte, unbesorgt ihren Alhavi aus
seiner Einsamkeit herbeieilen sehen und mit
ihm, ohne von Kanzedir gestört zu werden,
die seligsten Stunden nun hinbringen konnte.

Jn der That erschien am andern Tage
Alhavi wiederum im Cirkel der Großen an
Zeschids Hof. Eine tausendjährige Tren-
nung würde den sterblichst Verliebten keine
berauschendere Freude beim Wiedersehen

chen wuͤſte Begriffe waren, mit welchen die
Phantaſie die Menſchen heimſucht.

Fuͤr Keinen hatte aber der Kanzedirn
widerfahrne Unfall angenehmere Folgen
als fuͤr Abenza. Sie ſah ihn an Werth
in den Augen des Sultans und ganz Albi-
nali verliehren, ein Umſtand der ihr Hoff-
nung gab, das Anſehen ihres Geliebten
nicht zu ſehr herabgeſetzt zu ſehen. Vor
allem mußte ſie aber bei dem Gedanken
in eine frohe Stimmung verſetzt werden,
daß ſie, waͤhrend Kanzedir das Zimmer
huͤten mußte, unbeſorgt ihren Alhavi aus
ſeiner Einſamkeit herbeieilen ſehen und mit
ihm, ohne von Kanzedir geſtoͤrt zu werden,
die ſeligſten Stunden nun hinbringen konnte.

Jn der That erſchien am andern Tage
Alhavi wiederum im Cirkel der Großen an
Zeſchids Hof. Eine tauſendjaͤhrige Tren-
nung wuͤrde den ſterblichſt Verliebten keine
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[262/0266] chen wuͤſte Begriffe waren, mit welchen die Phantaſie die Menſchen heimſucht. Fuͤr Keinen hatte aber der Kanzedirn widerfahrne Unfall angenehmere Folgen als fuͤr Abenza. Sie ſah ihn an Werth in den Augen des Sultans und ganz Albi- nali verliehren, ein Umſtand der ihr Hoff- nung gab, das Anſehen ihres Geliebten nicht zu ſehr herabgeſetzt zu ſehen. Vor allem mußte ſie aber bei dem Gedanken in eine frohe Stimmung verſetzt werden, daß ſie, waͤhrend Kanzedir das Zimmer huͤten mußte, unbeſorgt ihren Alhavi aus ſeiner Einſamkeit herbeieilen ſehen und mit ihm, ohne von Kanzedir geſtoͤrt zu werden, die ſeligſten Stunden nun hinbringen konnte. Jn der That erſchien am andern Tage Alhavi wiederum im Cirkel der Großen an Zeſchids Hof. Eine tauſendjaͤhrige Tren- nung wuͤrde den ſterblichſt Verliebten keine berauſchendere Freude beim Wiederſehen

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/266>, abgerufen am 24.11.2024.