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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Vorbericht.
Thorheit schuldig machen, und aus einer affectirten Klugheit wollen ange-
sehen seyn, als wenn sie nichts glaubeten, da sie doch zu gleicher Zeit inwen-
dig ihr mit Furcht und Bangigkeit umgebenes Hertze zu Lügnern machet,
und eben mitten im Zweifel einer ungezweifelten Wahrheit überzeuget.

Bist du, G. L. in das dich ergötzende Regnum vegetabile (Kräu-
ter-Reich) geführet worden, hast du bey Bäumen, Sträuchen, Stauden,
Pflantzen, Blumen und Kräutern, die verwunderns-würdige Saam-Kör-
ner betrachtet, wie auf eine dir unbegreifliche Art, die gantze Fabric deines
Baumes darinnen zu finden; Hast du bey deren Hervorkäumung den kräfti-
gen, in der ersten Schöpfung beygelegten Göttlichen Segen: Wachset, deut-
lich lesen können; Hast du die wohl ausgearbeiteten Canäle, die darinnen
befindliche Erhaltungs-Säfte, die in der zierlichsten Ordnung in einander
geschlungene Fiebern fast mit blossen Augen entdecket; Hast du die in Moß,
Rinde und Schale weise Einkleidung des alles gut machenden Urhebers
betrachtet; Dich an der tausendfältig-veränderten Farbe, Geruch, Ge-
schmack, Gestalt der Früchte ergötzet, und die Gewogenheit dieses grossen
Welt-Erhalters in der tiefsten Demuth beehret und bewundert; so laß nun-
mehro dein begieriges Auge auch in das dir allhier eröffnende Regnum ani-
male
(Thier-Reich) einen Blick thun, und siehe, wie solches zu deinem
Nutz und Ergötzung ausgezieret, und wie die darin befindliche Creaturen,
als lebendige Prediger, von der Weisheit und Allmacht ihres Schöpfers
reden.

Hast du nun selbiges auf solche Art, als ein herrliches Monument
seiner Allmacht und Güte betrachtet, so siehe noch, ehe du dein Gemüthe
in selbigem nach Wunsch vergnügest, auf was Art und Weise du in selbiges
gesetzet, wie er solches deiner Herrschaft unterworffen, wie du dich desselben
vernünftig zu gebrauchen, und was du vor hohe Ursache dich dessen nicht oh-
ne schuldige Dancksagung zu bedienen, so wird dir die darin befindliche Lust,
den dir einmal aufgelegten sauren Schweiß des Angesichts wiederum ver-
süssen.

Dich in solchen Stand zu setzen, must du nothwendig die Augen dei-
nes Gemüthes auf den Zustand der ersten Menschen einen Blick zurücke
thun lassen, und aus dem heiligen Bibel-Buch dich erinnern, daß GOtt
alsbald den Menschen bey seiner Schöpfung allen Creaturen des Erdbo-
dens so weit vorgezogen, als er den Himmel von der Erden entfernet. Denn
da hieß es bey der gleichsam überlegten Formirung desselben: Laßt uns
Menschen machen, ein Bild das uns gleich sey. Ob wir nun gleich mit de-
nen Gottsgelehrten gantz einig, daß dieses Bild nicht in der äusserlichen Form
desselben sondern in Heiligkeit und Gerechtigkeit bestanden; so können wir
doch nicht unberühret lassen, daß auch die Herrschaft über die Thiere, die
Moses alsbald diesen Worten beyfüget, gleichsam ein mit demselben ver-
knüpftes Regale gewesen.

Und

Vorbericht.
Thorheit ſchuldig machen, und aus einer affectirten Klugheit wollen ange-
ſehen ſeyn, als wenn ſie nichts glaubeten, da ſie doch zu gleicher Zeit inwen-
dig ihr mit Furcht und Bangigkeit umgebenes Hertze zu Luͤgnern machet,
und eben mitten im Zweifel einer ungezweifelten Wahrheit uͤberzeuget.

Biſt du, G. L. in das dich ergoͤtzende Regnum vegetabile (Kraͤu-
ter-Reich) gefuͤhret worden, haſt du bey Baͤumen, Straͤuchen, Stauden,
Pflantzen, Blumen und Kraͤutern, die verwunderns-wuͤrdige Saam-Koͤr-
ner betrachtet, wie auf eine dir unbegreifliche Art, die gantze Fabric deines
Baumes darinnen zu finden; Haſt du bey deren Hervorkaͤumung den kraͤfti-
gen, in der erſten Schoͤpfung beygelegten Goͤttlichen Segen: Wachſet, deut-
lich leſen koͤnnen; Haſt du die wohl ausgearbeiteten Canaͤle, die darinnen
befindliche Erhaltungs-Saͤfte, die in der zierlichſten Ordnung in einander
geſchlungene Fiebern faſt mit bloſſen Augen entdecket; Haſt du die in Moß,
Rinde und Schale weiſe Einkleidung des alles gut machenden Urhebers
betrachtet; Dich an der tauſendfaͤltig-veraͤnderten Farbe, Geruch, Ge-
ſchmack, Geſtalt der Fruͤchte ergoͤtzet, und die Gewogenheit dieſes groſſen
Welt-Erhalters in der tiefſten Demuth beehret und bewundert; ſo laß nun-
mehro dein begieriges Auge auch in das dir allhier eroͤffnende Regnum ani-
male
(Thier-Reich) einen Blick thun, und ſiehe, wie ſolches zu deinem
Nutz und Ergoͤtzung ausgezieret, und wie die darin befindliche Creaturen,
als lebendige Prediger, von der Weisheit und Allmacht ihres Schoͤpfers
reden.

Haſt du nun ſelbiges auf ſolche Art, als ein herrliches Monument
ſeiner Allmacht und Guͤte betrachtet, ſo ſiehe noch, ehe du dein Gemuͤthe
in ſelbigem nach Wunſch vergnuͤgeſt, auf was Art und Weiſe du in ſelbiges
geſetzet, wie er ſolches deiner Herrſchaft unterworffen, wie du dich deſſelben
vernuͤnftig zu gebrauchen, und was du vor hohe Urſache dich deſſen nicht oh-
ne ſchuldige Danckſagung zu bedienen, ſo wird dir die darin befindliche Luſt,
den dir einmal aufgelegten ſauren Schweiß des Angeſichts wiederum ver-
ſuͤſſen.

Dich in ſolchen Stand zu ſetzen, muſt du nothwendig die Augen dei-
nes Gemuͤthes auf den Zuſtand der erſten Menſchen einen Blick zuruͤcke
thun laſſen, und aus dem heiligen Bibel-Buch dich erinnern, daß GOtt
alsbald den Menſchen bey ſeiner Schoͤpfung allen Creaturen des Erdbo-
dens ſo weit vorgezogen, als er den Himmel von der Erden entfernet. Denn
da hieß es bey der gleichſam uͤberlegten Formirung deſſelben: Laßt uns
Menſchen machen, ein Bild das uns gleich ſey. Ob wir nun gleich mit de-
nen Gottsgelehrten gantz einig, daß dieſes Bild nicht in der aͤuſſerlichen Form
deſſelben ſondern in Heiligkeit und Gerechtigkeit beſtanden; ſo koͤnnen wir
doch nicht unberuͤhret laſſen, daß auch die Herrſchaft uͤber die Thiere, die
Moſes alsbald dieſen Worten beyfuͤget, gleichſam ein mit demſelben ver-
knuͤpftes Regale geweſen.

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/20>, abgerufen am 21.11.2024.