Es ist der Auer-Hahn einer deren vornehmsten Wald-Vögel, fast der grö- ste unter denen wilden Hühnern, von Farbe am Halse schwartz und grünlicht, auff dem Rücken Ascherfarb, mit brau- nen Flecken vermischet; Die Augbrau- nen sind helleroth, die Füsse starck, rauch und federicht, wohnet gerne in ho- hen Gebürgen und Wäldern, wo es Brunnen-Quellen giebet, die Sandkörn- lein führen, deren er stets einige im Ma- gen behält. Seine Paltz fänget sich des Frühlings gar zeitlich zu Anfange des Martii an, ob gleich noch Schnee und Frost vorhanden, daran er sich nicht keh- ret, und zwar kurtz nach Mitternacht, biß es Tag wird. Gemeiniglich geschie- het solches auf der Höhe an hangenden Bergen, allwo er den Morgen kan kom- men sehen, sonderlich hält er sich gerne auf, wo Roth-Buchen, oder auch rau- schende Bächlein zu finden sind, welche er gerne höret: Derer Knospen von Roth- Buchen aber bedienet er sich des Win- ters zu seinem Geäß, wie auch derer Preussel- und Heydel-Beere. Wo er sich einen Ort zur Paltz-Zeit ausgesehen hat, und angetroffen wird, da ist er meistens alle Morgen zu finden, dafern er anders Ruhe haben kan und nicht verstöhret wird. Wann der Auer-Hahn in seiner Paltz-Zeit schreyet, so klinget es fast, als ob ein Grase-Mäder mit seinem Wetzstein mit doppelten Strichen gerade die Sense strieche. Er wird, damit man näher zu ihm kommen möge, in währendem Schrey- en etliche Schritt eyligst besprungen und so er auffhöret, muß man stille stehen, dann sonst, wo er ausser dem das ge- ringste hören oder mercken solte, fliehet er davon, und ob gleich dem allzu begieri- gen Schützen unter wehrendem Paltz- Geschrey ein Fehl-Schuß entgehen solte, vermercket er solches dennoch nicht, son- dern bildet sich ein, es sey sonsten etwan ein Donner Wetter, oder falle ein Baum umb. Wann er aber mit einem Schroth getroffen wird, oder sonsten den Schü- tzen mercket, so ziehet er fort, wie leicht [Spaltenumbruch]
zu dencken. Jn währendem Paltz-Ge- schrey, wie gemeldet, höret und siehet er nichts und gehet wie ein Jndianischer Hahn mit abwärts spitzen Flügeln und straubigten Federn auff einem dicken Ast des Baumes hin und wieder. Und gleichwie er an seinem Wildpräth und schöner Gestalt durch solche Geilheit ab- nimmet, also gehen auch die Federn von Füssen sodann weg. So bald nach ge- schehener Paltz der Hahn auf den Erd- boden gestrichen, kommet gleich das Huhn zu ihm herbey und wird von ihm, wie anderes Geflügel zu thun pfleget, ordent- lich getreten, keines weges aber, nach der alten Fabel, der Saame auf die Er- den gelassen, vielweniger alsdann von der Henne zur Fruchtbarkeit dienlich ge- nossen, weiln die Natur, was im Ma- gen verdauet, zu keiner Frucht wircket, und es auch wider die gesunde Ver- nunfft lauffet. Solcher Auer-Hahn- Paltz wird vorhero, wo er anzutreffen ist, zur gewissen Nachricht richtig verhö- ret, ehe man solches der Herrschafft an- meldet, und auff ein ungewisses anfüh- ret, weil hierdurch nur vielfältige ver- gebliche Mühe, schlafflosse Nächte und Unlust würde erwecket werden. Der Auer-Hahn ziehet nicht im Herbst mit andern Vögeln weg, sondern hält seinen Stand des Jahres durch beständig: Er gehöret auch unter die Hohe Jagd und wird einem Hirsch gleich gerechnet. Die Auer-Henne oder das Huhn, deren sich viel zur Paltz-Zeit bey dem Hahn be- finden, weichet, nachdem sie empfangen hat, heimlich von der Gesellschafft. Wann die Roth-Buche ihre Knospen öffnet und die Blätter auseinander gehen, denn suchet das Huhn seine Gelegenheit un- ter Sträuchern, Gehäu und Schlägen, bloß im Heyde-Kraut und leget daselbst ihre Eyer, theils acht, zehen, biß zwölff Stück, brütet auch solche meistentheils innerhalb vier Wochen aus. Es wür- de sich vielleicht dieses Feder-Wild wohl vermehren, wann sie nicht in der Brut- Zeit, ehe die Jungen recht flücke wür-
den,
S 3
Von denen wilden Thieren.
Erſte Abhandlung Von dem Wald-Befluͤgel/
Und zwar Erſtlich Von dem Auer-Hahn.
[Spaltenumbruch]
Es iſt der Auer-Hahn einer deren vornehmſten Wald-Voͤgel, faſt der groͤ- ſte unter denen wilden Huͤhnern, von Farbe am Halſe ſchwartz und gruͤnlicht, auff dem Ruͤcken Aſcherfarb, mit brau- nen Flecken vermiſchet; Die Augbrau- nen ſind helleroth, die Fuͤſſe ſtarck, rauch und federicht, wohnet gerne in ho- hen Gebuͤrgen und Waͤldern, wo es Brunnen-Quellen giebet, die Sandkoͤrn- lein fuͤhren, deren er ſtets einige im Ma- gen behaͤlt. Seine Paltz faͤnget ſich des Fruͤhlings gar zeitlich zu Anfange des Martii an, ob gleich noch Schnee und Froſt vorhanden, daran er ſich nicht keh- ret, und zwar kurtz nach Mitternacht, biß es Tag wird. Gemeiniglich geſchie- het ſolches auf der Hoͤhe an hangenden Bergen, allwo er den Morgen kan kom- men ſehen, ſonderlich haͤlt er ſich gerne auf, wo Roth-Buchen, oder auch rau- ſchende Baͤchlein zu finden ſind, welche er gerne hoͤret: Derer Knoſpen von Roth- Buchen aber bedienet er ſich des Win- ters zu ſeinem Geaͤß, wie auch derer Preuſſel- und Heydel-Beere. Wo er ſich einen Ort zur Paltz-Zeit ausgeſehen hat, und angetroffen wird, da iſt er meiſtens alle Morgen zu finden, dafern er anders Ruhe haben kan und nicht verſtoͤhret wird. Wann der Auer-Hahn in ſeiner Paltz-Zeit ſchreyet, ſo klinget es faſt, als ob ein Graſe-Maͤder mit ſeinem Wetzſtein mit doppelten Strichen gerade die Senſe ſtrieche. Er wird, damit man naͤher zu ihm kom̃en moͤge, in waͤhrendem Schrey- en etliche Schritt eyligſt beſprungen und ſo er auffhoͤret, muß man ſtille ſtehen, dann ſonſt, wo er auſſer dem das ge- ringſte hoͤren oder mercken ſolte, fliehet er davon, und ob gleich dem allzu begieri- gen Schuͤtzen unter wehrendem Paltz- Geſchrey ein Fehl-Schuß entgehen ſolte, vermercket er ſolches dennoch nicht, ſon- dern bildet ſich ein, es ſey ſonſten etwan ein Donner Wetter, oder falle ein Baum umb. Wann er aber mit einem Schroth getroffen wird, oder ſonſten den Schuͤ- tzen mercket, ſo ziehet er fort, wie leicht [Spaltenumbruch]
zu dencken. Jn waͤhrendem Paltz-Ge- ſchrey, wie gemeldet, hoͤret und ſiehet er nichts und gehet wie ein Jndianiſcher Hahn mit abwaͤrts ſpitzen Fluͤgeln und ſtraubigten Federn auff einem dicken Aſt des Baumes hin und wieder. Und gleichwie er an ſeinem Wildpraͤth und ſchoͤner Geſtalt durch ſolche Geilheit ab- nimmet, alſo gehen auch die Federn von Fuͤſſen ſodann weg. So bald nach ge- ſchehener Paltz der Hahn auf den Erd- boden geſtrichen, kommet gleich das Huhn zu ihm herbey und wird von ihm, wie anderes Gefluͤgel zu thun pfleget, ordent- lich getreten, keines weges aber, nach der alten Fabel, der Saame auf die Er- den gelaſſen, vielweniger alsdann von der Henne zur Fruchtbarkeit dienlich ge- noſſen, weiln die Natur, was im Ma- gen verdauet, zu keiner Frucht wircket, und es auch wider die geſunde Ver- nunfft lauffet. Solcher Auer-Hahn- Paltz wird vorhero, wo er anzutreffen iſt, zur gewiſſen Nachricht richtig verhoͤ- ret, ehe man ſolches der Herrſchafft an- meldet, und auff ein ungewiſſes anfuͤh- ret, weil hierdurch nur vielfaͤltige ver- gebliche Muͤhe, ſchlaffloſſe Naͤchte und Unluſt wuͤrde erwecket werden. Der Auer-Hahn ziehet nicht im Herbſt mit andern Voͤgeln weg, ſondern haͤlt ſeinen Stand des Jahres durch beſtaͤndig: Er gehoͤret auch unter die Hohe Jagd und wird einem Hirſch gleich gerechnet. Die Auer-Henne oder das Huhn, deren ſich viel zur Paltz-Zeit bey dem Hahn be- finden, weichet, nachdem ſie empfangen hat, heimlich von der Geſellſchafft. Wann die Roth-Buche ihre Knoſpen oͤffnet und die Blaͤtter auseinander gehen, denn ſuchet das Huhn ſeine Gelegenheit un- ter Straͤuchern, Gehaͤu und Schlaͤgen, bloß im Heyde-Kraut und leget daſelbſt ihre Eyer, theils acht, zehen, biß zwoͤlff Stuͤck, bruͤtet auch ſolche meiſtentheils innerhalb vier Wochen aus. Es wuͤr- de ſich vielleicht dieſes Feder-Wild wohl vermehren, wann ſie nicht in der Brut- Zeit, ehe die Jungen recht fluͤcke wuͤr-
den,
S 3
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0245"n="141"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von denen wilden Thieren.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Erſte Abhandlung<lb/>
Von dem Wald-Befluͤgel/</hi></head><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Und zwar Erſtlich<lb/>
Von dem Auer-Hahn.</hi></head><lb/><cb/><p>Es iſt der Auer-Hahn einer deren<lb/>
vornehmſten Wald-Voͤgel, faſt der groͤ-<lb/>ſte unter denen wilden Huͤhnern, von<lb/>
Farbe am Halſe ſchwartz und gruͤnlicht,<lb/>
auff dem Ruͤcken Aſcherfarb, mit brau-<lb/>
nen Flecken vermiſchet; Die Augbrau-<lb/>
nen ſind helleroth, die Fuͤſſe ſtarck,<lb/>
rauch und federicht, wohnet gerne in ho-<lb/>
hen Gebuͤrgen und Waͤldern, wo es<lb/>
Brunnen-Quellen giebet, die Sandkoͤrn-<lb/>
lein fuͤhren, deren er ſtets einige im Ma-<lb/>
gen behaͤlt. Seine Paltz faͤnget ſich des<lb/>
Fruͤhlings gar zeitlich zu Anfange des<lb/><hirendition="#aq">Martii</hi> an, ob gleich noch Schnee und<lb/>
Froſt vorhanden, daran er ſich nicht keh-<lb/>
ret, und zwar kurtz nach Mitternacht,<lb/>
biß es Tag wird. Gemeiniglich geſchie-<lb/>
het ſolches auf der Hoͤhe an hangenden<lb/>
Bergen, allwo er den Morgen kan kom-<lb/>
men ſehen, ſonderlich haͤlt er ſich gerne<lb/>
auf, wo Roth-Buchen, oder auch rau-<lb/>ſchende Baͤchlein zu finden ſind, welche er<lb/>
gerne hoͤret: Derer Knoſpen von Roth-<lb/>
Buchen aber bedienet er ſich des Win-<lb/>
ters zu ſeinem Geaͤß, wie auch derer<lb/>
Preuſſel- und Heydel-Beere. Wo er ſich<lb/>
einen Ort zur Paltz-Zeit ausgeſehen hat,<lb/>
und angetroffen wird, da iſt er meiſtens<lb/>
alle Morgen zu finden, dafern er anders<lb/>
Ruhe haben kan und nicht verſtoͤhret<lb/>
wird. Wann der Auer-Hahn in ſeiner<lb/>
Paltz-Zeit ſchreyet, ſo klinget es faſt, als ob<lb/>
ein Graſe-Maͤder mit ſeinem Wetzſtein<lb/>
mit doppelten Strichen gerade die Senſe<lb/>ſtrieche. Er wird, damit man naͤher zu<lb/>
ihm kom̃en moͤge, in waͤhrendem Schrey-<lb/>
en etliche Schritt eyligſt beſprungen und<lb/>ſo er auffhoͤret, muß man ſtille ſtehen,<lb/>
dann ſonſt, wo er auſſer dem das ge-<lb/>
ringſte hoͤren oder mercken ſolte, fliehet<lb/>
er davon, und ob gleich dem allzu begieri-<lb/>
gen Schuͤtzen unter wehrendem Paltz-<lb/>
Geſchrey ein Fehl-Schuß entgehen ſolte,<lb/>
vermercket er ſolches dennoch nicht, ſon-<lb/>
dern bildet ſich ein, es ſey ſonſten etwan<lb/>
ein Donner Wetter, oder falle ein Baum<lb/>
umb. Wann er aber mit einem Schroth<lb/>
getroffen wird, oder ſonſten den Schuͤ-<lb/>
tzen mercket, ſo ziehet er fort, wie leicht<lb/><cb/>
zu dencken. Jn waͤhrendem Paltz-Ge-<lb/>ſchrey, wie gemeldet, hoͤret und ſiehet er<lb/>
nichts und gehet wie ein Jndianiſcher<lb/>
Hahn mit abwaͤrts ſpitzen Fluͤgeln und<lb/>ſtraubigten Federn auff einem dicken Aſt<lb/>
des Baumes hin und wieder. Und<lb/>
gleichwie er an ſeinem Wildpraͤth und<lb/>ſchoͤner Geſtalt durch ſolche Geilheit ab-<lb/>
nimmet, alſo gehen auch die Federn von<lb/>
Fuͤſſen ſodann weg. So bald nach ge-<lb/>ſchehener Paltz der Hahn auf den Erd-<lb/>
boden geſtrichen, kommet gleich das Huhn<lb/>
zu ihm herbey und wird von ihm, wie<lb/>
anderes Gefluͤgel zu thun pfleget, ordent-<lb/>
lich getreten, keines weges aber, nach<lb/>
der alten Fabel, der Saame auf die Er-<lb/>
den gelaſſen, vielweniger alsdann von<lb/>
der Henne zur Fruchtbarkeit dienlich ge-<lb/>
noſſen, weiln die Natur, was im Ma-<lb/>
gen verdauet, zu keiner Frucht wircket,<lb/>
und es auch wider die geſunde Ver-<lb/>
nunfft lauffet. Solcher Auer-Hahn-<lb/>
Paltz wird vorhero, wo er anzutreffen<lb/>
iſt, zur gewiſſen Nachricht richtig verhoͤ-<lb/>
ret, ehe man ſolches der Herrſchafft an-<lb/>
meldet, und auff ein ungewiſſes anfuͤh-<lb/>
ret, weil hierdurch nur vielfaͤltige ver-<lb/>
gebliche Muͤhe, ſchlaffloſſe Naͤchte und<lb/>
Unluſt wuͤrde erwecket werden. Der<lb/>
Auer-Hahn ziehet nicht im Herbſt mit<lb/>
andern Voͤgeln weg, ſondern haͤlt ſeinen<lb/>
Stand des Jahres durch beſtaͤndig: Er<lb/>
gehoͤret auch unter die Hohe Jagd und<lb/>
wird einem Hirſch gleich gerechnet. Die<lb/>
Auer-Henne oder das Huhn, deren ſich<lb/>
viel zur Paltz-Zeit bey dem Hahn be-<lb/>
finden, weichet, nachdem ſie empfangen<lb/>
hat, heimlich von der Geſellſchafft. Wann<lb/>
die Roth-Buche ihre Knoſpen oͤffnet<lb/>
und die Blaͤtter auseinander gehen, denn<lb/>ſuchet das Huhn ſeine Gelegenheit un-<lb/>
ter Straͤuchern, Gehaͤu und Schlaͤgen,<lb/>
bloß im Heyde-Kraut und leget daſelbſt<lb/>
ihre Eyer, theils acht, zehen, biß zwoͤlff<lb/>
Stuͤck, bruͤtet auch ſolche meiſtentheils<lb/>
innerhalb vier Wochen aus. Es wuͤr-<lb/>
de ſich vielleicht dieſes Feder-Wild wohl<lb/>
vermehren, wann ſie nicht in der Brut-<lb/>
Zeit, ehe die Jungen recht fluͤcke wuͤr-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">den,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[141/0245]
Von denen wilden Thieren.
Erſte Abhandlung
Von dem Wald-Befluͤgel/
Und zwar Erſtlich
Von dem Auer-Hahn.
Es iſt der Auer-Hahn einer deren
vornehmſten Wald-Voͤgel, faſt der groͤ-
ſte unter denen wilden Huͤhnern, von
Farbe am Halſe ſchwartz und gruͤnlicht,
auff dem Ruͤcken Aſcherfarb, mit brau-
nen Flecken vermiſchet; Die Augbrau-
nen ſind helleroth, die Fuͤſſe ſtarck,
rauch und federicht, wohnet gerne in ho-
hen Gebuͤrgen und Waͤldern, wo es
Brunnen-Quellen giebet, die Sandkoͤrn-
lein fuͤhren, deren er ſtets einige im Ma-
gen behaͤlt. Seine Paltz faͤnget ſich des
Fruͤhlings gar zeitlich zu Anfange des
Martii an, ob gleich noch Schnee und
Froſt vorhanden, daran er ſich nicht keh-
ret, und zwar kurtz nach Mitternacht,
biß es Tag wird. Gemeiniglich geſchie-
het ſolches auf der Hoͤhe an hangenden
Bergen, allwo er den Morgen kan kom-
men ſehen, ſonderlich haͤlt er ſich gerne
auf, wo Roth-Buchen, oder auch rau-
ſchende Baͤchlein zu finden ſind, welche er
gerne hoͤret: Derer Knoſpen von Roth-
Buchen aber bedienet er ſich des Win-
ters zu ſeinem Geaͤß, wie auch derer
Preuſſel- und Heydel-Beere. Wo er ſich
einen Ort zur Paltz-Zeit ausgeſehen hat,
und angetroffen wird, da iſt er meiſtens
alle Morgen zu finden, dafern er anders
Ruhe haben kan und nicht verſtoͤhret
wird. Wann der Auer-Hahn in ſeiner
Paltz-Zeit ſchreyet, ſo klinget es faſt, als ob
ein Graſe-Maͤder mit ſeinem Wetzſtein
mit doppelten Strichen gerade die Senſe
ſtrieche. Er wird, damit man naͤher zu
ihm kom̃en moͤge, in waͤhrendem Schrey-
en etliche Schritt eyligſt beſprungen und
ſo er auffhoͤret, muß man ſtille ſtehen,
dann ſonſt, wo er auſſer dem das ge-
ringſte hoͤren oder mercken ſolte, fliehet
er davon, und ob gleich dem allzu begieri-
gen Schuͤtzen unter wehrendem Paltz-
Geſchrey ein Fehl-Schuß entgehen ſolte,
vermercket er ſolches dennoch nicht, ſon-
dern bildet ſich ein, es ſey ſonſten etwan
ein Donner Wetter, oder falle ein Baum
umb. Wann er aber mit einem Schroth
getroffen wird, oder ſonſten den Schuͤ-
tzen mercket, ſo ziehet er fort, wie leicht
zu dencken. Jn waͤhrendem Paltz-Ge-
ſchrey, wie gemeldet, hoͤret und ſiehet er
nichts und gehet wie ein Jndianiſcher
Hahn mit abwaͤrts ſpitzen Fluͤgeln und
ſtraubigten Federn auff einem dicken Aſt
des Baumes hin und wieder. Und
gleichwie er an ſeinem Wildpraͤth und
ſchoͤner Geſtalt durch ſolche Geilheit ab-
nimmet, alſo gehen auch die Federn von
Fuͤſſen ſodann weg. So bald nach ge-
ſchehener Paltz der Hahn auf den Erd-
boden geſtrichen, kommet gleich das Huhn
zu ihm herbey und wird von ihm, wie
anderes Gefluͤgel zu thun pfleget, ordent-
lich getreten, keines weges aber, nach
der alten Fabel, der Saame auf die Er-
den gelaſſen, vielweniger alsdann von
der Henne zur Fruchtbarkeit dienlich ge-
noſſen, weiln die Natur, was im Ma-
gen verdauet, zu keiner Frucht wircket,
und es auch wider die geſunde Ver-
nunfft lauffet. Solcher Auer-Hahn-
Paltz wird vorhero, wo er anzutreffen
iſt, zur gewiſſen Nachricht richtig verhoͤ-
ret, ehe man ſolches der Herrſchafft an-
meldet, und auff ein ungewiſſes anfuͤh-
ret, weil hierdurch nur vielfaͤltige ver-
gebliche Muͤhe, ſchlaffloſſe Naͤchte und
Unluſt wuͤrde erwecket werden. Der
Auer-Hahn ziehet nicht im Herbſt mit
andern Voͤgeln weg, ſondern haͤlt ſeinen
Stand des Jahres durch beſtaͤndig: Er
gehoͤret auch unter die Hohe Jagd und
wird einem Hirſch gleich gerechnet. Die
Auer-Henne oder das Huhn, deren ſich
viel zur Paltz-Zeit bey dem Hahn be-
finden, weichet, nachdem ſie empfangen
hat, heimlich von der Geſellſchafft. Wann
die Roth-Buche ihre Knoſpen oͤffnet
und die Blaͤtter auseinander gehen, denn
ſuchet das Huhn ſeine Gelegenheit un-
ter Straͤuchern, Gehaͤu und Schlaͤgen,
bloß im Heyde-Kraut und leget daſelbſt
ihre Eyer, theils acht, zehen, biß zwoͤlff
Stuͤck, bruͤtet auch ſolche meiſtentheils
innerhalb vier Wochen aus. Es wuͤr-
de ſich vielleicht dieſes Feder-Wild wohl
vermehren, wann ſie nicht in der Brut-
Zeit, ehe die Jungen recht fluͤcke wuͤr-
den,
S 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/245>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.