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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] nen Ring sitzen gesehen, der hatte einen
sehr grossen krummen weissen Schnabel,
sein Geschrey war heischer und starck, die
Federn meistens roth, weiß und blau-
licht, von langen Schwantz und Flügeln.
Der West-Jndianische Rab ist wie ein
grosser Papagoy, fast noch einmahl so
groß, gar schön von rothen, grünen, gel-
ben und vermengten Federn, sein Gang,
Geschrey und Geäse ist auch gleich, er ist
[Spaltenumbruch] nicht kleiner, als unsere Raben, wird
von vornehmen reichen Leuten, weil es
etwas seltsames ist, ernehret und gehal-
ten. Der Ost-Jndianische Rabe aber
ist nur so groß, als eine Taube, hat ei-
nen Fingers langen schwartzen Schna-
bel und ein grosses Maul, eine kurtze
Zunge und blaulichte Augen: Seine Fe-
dern ziehen sich meist auff Ascherfarb,
mit grün vermenget.

Von der Anatomia
Des sämtlichen Feder-Wildpräths.
Und zwar Erstlich
Generaliter und überhaupt die Eyer judiciren zu können.
[Spaltenumbruch]

Den Anfang dieser sehr subtilen zar-
ten kleinen Nachricht muß ich wohl von
den Eyern anfangen; Wiewohl nach
dem Alten Sprichwort es meist vor eine
vergebliche Arbeit gehalten wird, sich um
ungelegte Eyer zu bekümmern. Es ist
bekant, daß GOtt der Allweise Schöpf-
fer den innerlichen Trieb und Zuneigung
aller Creaturen und der Erden Vegeta-
tion,
sowohl derer Kräuter und Bäume
Wachsthum nach vergangenem trauri-
gen kalten Winter, zur angehenden
Frühlings-Zeit, jährlich nach der oberir-
dischen und unterirdischen correspondi-
renden Jahres-Witterung renasciren
und gleichsam von neuen verjüngern
lasse: sich auch umb solche Zeit bey fröli-
chen Anblick und warmer Lufft alles
Feder-Wild zu begatten und jedes nach
seiner Art zu vermehren bemühet, wo-
von ich bereits in der Eigenschafft eines
jeden Vogels, sowohl von grosser als klei-
ner Art unterschiedener Sorten gedacht.
Wann demnach die innerliche Brunst
und hitzige Liebes-Begierde diese Vögel
empfinden; so suchet ein jegliches seines
gleichen, wo es von Natur sich auffzu-
halten gewohnet, allwo sich der Hahn
oder das Männlein mit der Henne, Si-
en, oder Weiblein, durch innerlichen
Trieb begattet, nach deren Empfängniß
der schon von der Natur hierzu aptirte
Eyerstock in Utero gleichsam zu keu-
men, hitzen und schwellen beginnet, biß
daß die Anzahl einer jeden Art Vögel-
Eyer formiret ist, welche anfangs klein,
roh, zart und gelbe sind, darinnen
vera Materia Animae, oder die wahre le-
[Spaltenumbruch] bendige Seele imprimiret, welche ihren
Anfang im centro gleichsam in gar klei-
ner Form als ein Punct coaguliret und
mit einem Häutlein umbfasset, welches
nach und nach durch die natürliche Hitze
der Mutter concerniret und erwärmend
wächset, biß die darinnen enthaltene und
verborgene Seele zu würcken und sich
nach der Natur zu bilden anfänget, in
welcher temperirten Wärme sich die
Frucht conserviret, biß sie als ein Apffel
ihre Zeitigung vollkömmlich erhalten, von
der Natur herausgestossen, von der Mut-
ter aber, durch deren innerliche Hitze und
natürlichen Liebe mit ihrem warmen Lei-
be ausgebrütet und erwärmet wird.
Es meldet der offt erwehnete und Welt-
berühmte Herr Doctor Gerhardus Bla-
sius
in seiner Anatomia Animalium, wel-
che er sehr weitläufftig tractiret und in
Lateinischer Sprache geschrieben: de Ovo
& Pullo
folgendes: Daß das Ey des an-
dern Tages in der Brüth-Zeit, da die
Mutter auf denen Eyern sitzet, innerlich
sich bereits in eine dicke Massa verwan-
dele. Des dritten Tages mit einem Häut-
lein umbgebe und seine Correspondenz
nach der Mutter nehme, welches der
Eyerdotter umbhüllet. Des vierdten
Tages erscheine das Cörperlein in Cen-
tro,
jedoch sehr zart, aus welchen vieles
kleine Geäder sich extendire, allwo sich die
Frucht bereits in Kopff und Beingen
formire. Den fünfften Tag wachse die
Frucht und das Häutgen grösser, da die
Augen und der Kopff bereits gebildet,
mit dem Schnabel unterwärts gewen-
det. Am sechsten Tag würden die Au-

gen

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] nen Ring ſitzen geſehen, der hatte einen
ſehr groſſen krummen weiſſen Schnabel,
ſein Geſchrey war heiſcher und ſtarck, die
Federn meiſtens roth, weiß und blau-
licht, von langen Schwantz und Fluͤgeln.
Der Weſt-Jndianiſche Rab iſt wie ein
groſſer Papagoy, faſt noch einmahl ſo
groß, gar ſchoͤn von rothen, gruͤnen, gel-
ben und vermengten Federn, ſein Gang,
Geſchrey und Geaͤſe iſt auch gleich, er iſt
[Spaltenumbruch] nicht kleiner, als unſere Raben, wird
von vornehmen reichen Leuten, weil es
etwas ſeltſames iſt, ernehret und gehal-
ten. Der Oſt-Jndianiſche Rabe aber
iſt nur ſo groß, als eine Taube, hat ei-
nen Fingers langen ſchwartzen Schna-
bel und ein groſſes Maul, eine kurtze
Zunge und blaulichte Augen: Seine Fe-
dern ziehen ſich meiſt auff Aſcherfarb,
mit gruͤn vermenget.

Von der Anatomia
Des ſaͤmtlichen Feder-Wildpraͤths.
Und zwar Erſtlich
Generaliter und uͤberhaupt die Eyer judiciren zu koͤnnen.
[Spaltenumbruch]

Den Anfang dieſer ſehr ſubtilen zar-
ten kleinen Nachricht muß ich wohl von
den Eyern anfangen; Wiewohl nach
dem Alten Sprichwort es meiſt vor eine
vergebliche Arbeit gehalten wird, ſich um
ungelegte Eyer zu bekuͤmmern. Es iſt
bekant, daß GOtt der Allweiſe Schoͤpf-
fer den innerlichen Trieb und Zuneigung
aller Creaturen und der Erden Vegeta-
tion,
ſowohl derer Kraͤuter und Baͤume
Wachsthum nach vergangenem trauri-
gen kalten Winter, zur angehenden
Fruͤhlings-Zeit, jaͤhrlich nach der oberir-
diſchen und unterirdiſchen correſpondi-
renden Jahres-Witterung renaſciren
und gleichſam von neuen verjuͤngern
laſſe: ſich auch umb ſolche Zeit bey froͤli-
chen Anblick und warmer Lufft alles
Feder-Wild zu begatten und jedes nach
ſeiner Art zu vermehren bemuͤhet, wo-
von ich bereits in der Eigenſchafft eines
jeden Vogels, ſowohl von groſſer als klei-
ner Art unterſchiedener Sorten gedacht.
Wann demnach die innerliche Brunſt
und hitzige Liebes-Begierde dieſe Voͤgel
empfinden; ſo ſuchet ein jegliches ſeines
gleichen, wo es von Natur ſich auffzu-
halten gewohnet, allwo ſich der Hahn
oder das Maͤnnlein mit der Henne, Si-
en, oder Weiblein, durch innerlichen
Trieb begattet, nach deren Empfaͤngniß
der ſchon von der Natur hierzu aptirte
Eyerſtock in Utero gleichſam zu keu-
men, hitzen und ſchwellen beginnet, biß
daß die Anzahl einer jeden Art Voͤgel-
Eyer formiret iſt, welche anfangs klein,
roh, zart und gelbe ſind, darinnen
vera Materia Animæ, oder die wahre le-
[Spaltenumbruch] bendige Seele imprimiret, welche ihren
Anfang im centro gleichſam in gar klei-
ner Form als ein Punct coaguliret und
mit einem Haͤutlein umbfaſſet, welches
nach und nach durch die natuͤrliche Hitze
der Mutter concerniret und erwaͤrmend
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verborgene Seele zu wuͤrcken und ſich
nach der Natur zu bilden anfaͤnget, in
welcher temperirten Waͤrme ſich die
Frucht conſerviret, biß ſie als ein Apffel
ihre Zeitigung vollkoͤmmlich erhalten, von
der Natur herausgeſtoſſen, von der Mut-
ter aber, durch deren innerliche Hitze und
natuͤrlichen Liebe mit ihrem warmen Lei-
be ausgebruͤtet und erwaͤrmet wird.
Es meldet der offt erwehnete und Welt-
beruͤhmte Herr Doctor Gerhardus Bla-
ſius
in ſeiner Anatomia Animalium, wel-
che er ſehr weitlaͤufftig tractiret und in
Lateiniſcher Sprache geſchrieben: de Ovo
& Pullo
folgendes: Daß das Ey des an-
dern Tages in der Bruͤth-Zeit, da die
Mutter auf denen Eyern ſitzet, innerlich
ſich bereits in eine dicke Maſſa verwan-
dele. Des dritten Tages mit einem Haͤut-
lein umbgebe und ſeine Correſpondenz
nach der Mutter nehme, welches der
Eyerdotter umbhuͤllet. Des vierdten
Tages erſcheine das Coͤrperlein in Cen-
tro,
jedoch ſehr zart, aus welchen vieles
kleine Geaͤder ſich extendire, allwo ſich die
Frucht bereits in Kopff und Beingen
formire. Den fuͤnfften Tag wachſe die
Frucht und das Haͤutgen groͤſſer, da die
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/278>, abgerufen am 22.11.2024.