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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von denen Hunden.
[Spaltenumbruch] finder, Stöber, Dachs-Kriecher und
dergleichen, haben keine absonderliche
Zwinger und Ställe, sondern halten sich
bey denen Jäger-Purschen, wo es zu
Fressen setzet, lieber auf. Zu ihrem
Fraß muß auch eine Küche angebauet
seyn, nebst einer Brod-Kammer und
Logement vor die Jäger-Pursche, dar-
innen sie ihre nöthige Sachen, an Kup-
peln, Halsungen, Riemen, Hengeseil
und dergleichen haben. Die Fenster der
Hunde-Ställe müssen gegen Mittag zum
öfftern bey hellem Wetter, damit die
Lufft durchstreichen könne, geöffnet, gegen
Norden aber und bey Sturm-Wetter die
[Spaltenumbruch] Fensterladen vorgemachet werden, welche
nebst denen Thüren fein mit grün und
weisser Farbe gemahlet seyn müssen.
Das Tach ist auch nöthig mit Ziegeln gut
einzudecken, den Stall vor Fäulung zu
bewahren und auff die Giebel zierliche
Fahnen, gebildete Hunde-Köpffe, oder
was sich schicket, zu setzen, auswendig aber
abzuputzen, worvon der Eigenthums-
Herr desto grössere Ehre und selbsteige-
nen Gefallen, aus Liebe guter Ordnung,
auch von Jedermann Lob haben wird,
daß er seine Sachen in allem accurat und
fein reinlich halte.

Von Wartung/ Pflegung und Artzney derer Hunde.
[Spaltenumbruch]

Wie dorten der weise König Salo-
mon löblich urtheilet, da er saget: Der
Gerechte erbarmet sich seines Viehes;
solches ist wohl auch allhier bey unsern
Hunden zu appliciren, dann wer wolte
dann mit solchen getreuen Thieren, als
die Hunde sind, nicht Mitleyden haben,
wann sie zumahl in unsern Diensten von
wilden Thieren zu Schanden gehauen,
gebissen und verwundet, ja wohl öffters
gar aus Unvorsichtigkeit von ihrem
Herrn selbst zum Danck geschossen oder ge-
stochen werden, würde man ja nicht so
unvernünfftig seyn und solch arm Vieh
ohne Hülffe umbkommen lassen. Zwar
ist nicht zu läugnen, daß öffters eine
Kranckheit die andere generiret, auch wohl
durch Faulheit derer Lehr-Jungen und
Nachläßigkeit derer Jäger-Pursche die
Lager nicht gereiniget, durch welchen Un-
flath die Hunde räudig werden müssen,
oder der Fraß wird unfläthig, mit al-
tem versäuerten Brod, geronnen Fett
oder sauerer Milch, in küpffernen ver-
schimmelten Gefäßen gegeben, welches
die Hunde innenwendig an Lunge und
Leber anstecket, daß sie verkrümmen,
sonderlich wann sie vor Faulheit kein
Wasser kriegen, werden sie elende, daß nie-
mand weiß, was ihnen fehlet, biß sie da-
hin fallen, oder aus Ungedult erschossen
werden müssen. Finden sich dahero vie-
lerley Kranckheiten, wormit die Hunde
gleich andern zahmen Thieren, geplaget
werden, wie hiernechst melden werde.
Die vornehmsten und schlimmsten Kranck-
heiten derer Hunde sind wohl das Rasen
und die Wuth, von deren Uhrsprung ich
bereits ausführlich in der Vorrede von
Eigenschafft der Hunde, soviel mir wis-
[Spaltenumbruch] send und zu glauben natürlich scheinet,
beschrieben habe: Solchem Unheil ist
durch nichts anders abzuhelffen, als den
Hund wegzuschaffen, daß er nicht mehr
Schaden anrichte, als man Nutzen von
ihm zu hoffen haben möge. Man kan
die Tollheit, wann man sonsten nur Ach-
tung geben will, an ihnen bald gewahr
werden, dann sie fressen nicht mehr, sie
vergessen ihren Herrn zu kennen, sind
unfreundlich, läunisch, halten das Maul
stets vor Hitze offen, da ist es Zeit, sie a
parte
anzulegen, will er auff jeden loß,
so ist ihm eine Kugel am gesündesten.
Man glaubet, daß die Wuth unterschied-
lich seyn solle, wie davon die Frantzösi-
schen Autores, als Mons. Fouilloux und
Mons. de Salnove in ihrer Venerie Roy-
ale
weitläufftiger bezeugen.

Wie vielerley die Wuth sey?

So viel man von langer Zeit in Er-
fahrung kommen können, soll die Wuth
oder das Rasen derer Hunde siebenerley
seyn, als:

1. Die hitzige Wuth.

Diese erstere schlimmste Wuth, der die
armen Hunde offt unterworffen, und die
sie bekommen, wird vor die allergefährlich-
ste und unheilbahreste, der man mit kei-
ner Artzney vorkommen mag, gehalten,
und mit allem Recht die hitzige Wuth ge-
nennet: Dann sobald sie das Geblüt
inflammiret, und eingenommen, vergiff-
tet und brennet dasselbige von Stund an
gleichsam als kochend, dermaassen, daß
dieser Gifft augenblicklich nach dem Ge-
hirn evaporiret und aufsteiget, also daß
es diese arme Creatur gantz zu Boden

wirfft.
A a 2

Von denen Hunden.
[Spaltenumbruch] finder, Stoͤber, Dachs-Kriecher und
dergleichen, haben keine abſonderliche
Zwinger und Staͤlle, ſondern halten ſich
bey denen Jaͤger-Purſchen, wo es zu
Freſſen ſetzet, lieber auf. Zu ihrem
Fraß muß auch eine Kuͤche angebauet
ſeyn, nebſt einer Brod-Kammer und
Logement vor die Jaͤger-Purſche, dar-
innen ſie ihre noͤthige Sachen, an Kup-
peln, Halſungen, Riemen, Hengeſeil
und dergleichen haben. Die Fenſter der
Hunde-Staͤlle muͤſſen gegen Mittag zum
oͤfftern bey hellem Wetter, damit die
Lufft durchſtreichen koͤnne, geoͤffnet, gegen
Norden aber und bey Sturm-Wetter die
[Spaltenumbruch] Fenſterladen vorgemachet werden, welche
nebſt denen Thuͤren fein mit gruͤn und
weiſſer Farbe gemahlet ſeyn muͤſſen.
Das Tach iſt auch noͤthig mit Ziegeln gut
einzudecken, den Stall vor Faͤulung zu
bewahren und auff die Giebel zierliche
Fahnen, gebildete Hunde-Koͤpffe, oder
was ſich ſchicket, zu ſetzen, auswendig aber
abzuputzen, worvon der Eigenthums-
Herr deſto groͤſſere Ehre und ſelbſteige-
nen Gefallen, aus Liebe guter Ordnung,
auch von Jedermann Lob haben wird,
daß er ſeine Sachen in allem accurat und
fein reinlich halte.

Von Wartung/ Pflegung und Artzney derer Hunde.
[Spaltenumbruch]

Wie dorten der weiſe Koͤnig Salo-
mon loͤblich urtheilet, da er ſaget: Der
Gerechte erbarmet ſich ſeines Viehes;
ſolches iſt wohl auch allhier bey unſern
Hunden zu appliciren, dann wer wolte
dann mit ſolchen getreuen Thieren, als
die Hunde ſind, nicht Mitleyden haben,
wann ſie zumahl in unſern Dienſten von
wilden Thieren zu Schanden gehauen,
gebiſſen und verwundet, ja wohl oͤffters
gar aus Unvorſichtigkeit von ihrem
Herrn ſelbſt zum Danck geſchoſſen oder ge-
ſtochen werden, wuͤrde man ja nicht ſo
unvernuͤnfftig ſeyn und ſolch arm Vieh
ohne Huͤlffe umbkommen laſſen. Zwar
iſt nicht zu laͤugnen, daß oͤffters eine
Kranckheit die andeꝛe generiret, auch wohl
durch Faulheit derer Lehr-Jungen und
Nachlaͤßigkeit derer Jaͤger-Purſche die
Lager nicht gereiniget, durch welchen Un-
flath die Hunde raͤudig werden muͤſſen,
oder der Fraß wird unflaͤthig, mit al-
tem verſaͤuerten Brod, geronnen Fett
oder ſauerer Milch, in kuͤpffernen ver-
ſchimmelten Gefaͤßen gegeben, welches
die Hunde innenwendig an Lunge und
Leber anſtecket, daß ſie verkruͤmmen,
ſonderlich wann ſie vor Faulheit kein
Waſſer kriegen, werden ſie elende, daß nie-
mand weiß, was ihnen fehlet, biß ſie da-
hin fallen, oder aus Ungedult erſchoſſen
werden muͤſſen. Finden ſich dahero vie-
lerley Kranckheiten, wormit die Hunde
gleich andern zahmen Thieren, geplaget
werden, wie hiernechſt melden werde.
Die vornehmſten und ſchlim̃ſten Kranck-
heiten derer Hunde ſind wohl das Raſen
und die Wuth, von deren Uhrſprung ich
bereits ausfuͤhrlich in der Vorrede von
Eigenſchafft der Hunde, ſoviel mir wiſ-
[Spaltenumbruch] ſend und zu glauben natuͤrlich ſcheinet,
beſchrieben habe: Solchem Unheil iſt
durch nichts anders abzuhelffen, als den
Hund wegzuſchaffen, daß er nicht mehr
Schaden anrichte, als man Nutzen von
ihm zu hoffen haben moͤge. Man kan
die Tollheit, wann man ſonſten nur Ach-
tung geben will, an ihnen bald gewahr
werden, dann ſie freſſen nicht mehr, ſie
vergeſſen ihren Herrn zu kennen, ſind
unfreundlich, laͤuniſch, halten das Maul
ſtets vor Hitze offen, da iſt es Zeit, ſie a
parte
anzulegen, will er auff jeden loß,
ſo iſt ihm eine Kugel am geſuͤndeſten.
Man glaubet, daß die Wuth unterſchied-
lich ſeyn ſolle, wie davon die Frantzoͤſi-
ſchen Autores, als Monſ. Fouilloux und
Monſ. de Salnove in ihrer Venerie Roy-
ale
weitlaͤufftiger bezeugen.

Wie vielerley die Wuth ſey?

So viel man von langer Zeit in Er-
fahrung kommen koͤnnen, ſoll die Wuth
oder das Raſen derer Hunde ſiebenerley
ſeyn, als:

1. Die hitzige Wuth.

Dieſe erſtere ſchlimmſte Wuth, der die
armen Hunde offt unterworffen, und die
ſie bekommen, wird vor die allergefaͤhrlich-
ſte und unheilbahreſte, der man mit kei-
ner Artzney vorkommen mag, gehalten,
und mit allem Recht die hitzige Wuth ge-
nennet: Dann ſobald ſie das Gebluͤt
inflammiret, und eingenommen, vergiff-
tet und brennet daſſelbige von Stund an
gleichſam als kochend, dermaaſſen, daß
dieſer Gifft augenblicklich nach dem Ge-
hirn evaporiret und aufſteiget, alſo daß
es dieſe arme Creatur gantz zu Boden

wirfft.
A a 2
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[189/0319] Von denen Hunden. finder, Stoͤber, Dachs-Kriecher und dergleichen, haben keine abſonderliche Zwinger und Staͤlle, ſondern halten ſich bey denen Jaͤger-Purſchen, wo es zu Freſſen ſetzet, lieber auf. Zu ihrem Fraß muß auch eine Kuͤche angebauet ſeyn, nebſt einer Brod-Kammer und Logement vor die Jaͤger-Purſche, dar- innen ſie ihre noͤthige Sachen, an Kup- peln, Halſungen, Riemen, Hengeſeil und dergleichen haben. Die Fenſter der Hunde-Staͤlle muͤſſen gegen Mittag zum oͤfftern bey hellem Wetter, damit die Lufft durchſtreichen koͤnne, geoͤffnet, gegen Norden aber und bey Sturm-Wetter die Fenſterladen vorgemachet werden, welche nebſt denen Thuͤren fein mit gruͤn und weiſſer Farbe gemahlet ſeyn muͤſſen. Das Tach iſt auch noͤthig mit Ziegeln gut einzudecken, den Stall vor Faͤulung zu bewahren und auff die Giebel zierliche Fahnen, gebildete Hunde-Koͤpffe, oder was ſich ſchicket, zu ſetzen, auswendig aber abzuputzen, worvon der Eigenthums- Herr deſto groͤſſere Ehre und ſelbſteige- nen Gefallen, aus Liebe guter Ordnung, auch von Jedermann Lob haben wird, daß er ſeine Sachen in allem accurat und fein reinlich halte. Von Wartung/ Pflegung und Artzney derer Hunde. Wie dorten der weiſe Koͤnig Salo- mon loͤblich urtheilet, da er ſaget: Der Gerechte erbarmet ſich ſeines Viehes; ſolches iſt wohl auch allhier bey unſern Hunden zu appliciren, dann wer wolte dann mit ſolchen getreuen Thieren, als die Hunde ſind, nicht Mitleyden haben, wann ſie zumahl in unſern Dienſten von wilden Thieren zu Schanden gehauen, gebiſſen und verwundet, ja wohl oͤffters gar aus Unvorſichtigkeit von ihrem Herrn ſelbſt zum Danck geſchoſſen oder ge- ſtochen werden, wuͤrde man ja nicht ſo unvernuͤnfftig ſeyn und ſolch arm Vieh ohne Huͤlffe umbkommen laſſen. Zwar iſt nicht zu laͤugnen, daß oͤffters eine Kranckheit die andeꝛe generiret, auch wohl durch Faulheit derer Lehr-Jungen und Nachlaͤßigkeit derer Jaͤger-Purſche die Lager nicht gereiniget, durch welchen Un- flath die Hunde raͤudig werden muͤſſen, oder der Fraß wird unflaͤthig, mit al- tem verſaͤuerten Brod, geronnen Fett oder ſauerer Milch, in kuͤpffernen ver- ſchimmelten Gefaͤßen gegeben, welches die Hunde innenwendig an Lunge und Leber anſtecket, daß ſie verkruͤmmen, ſonderlich wann ſie vor Faulheit kein Waſſer kriegen, werden ſie elende, daß nie- mand weiß, was ihnen fehlet, biß ſie da- hin fallen, oder aus Ungedult erſchoſſen werden muͤſſen. Finden ſich dahero vie- lerley Kranckheiten, wormit die Hunde gleich andern zahmen Thieren, geplaget werden, wie hiernechſt melden werde. Die vornehmſten und ſchlim̃ſten Kranck- heiten derer Hunde ſind wohl das Raſen und die Wuth, von deren Uhrſprung ich bereits ausfuͤhrlich in der Vorrede von Eigenſchafft der Hunde, ſoviel mir wiſ- ſend und zu glauben natuͤrlich ſcheinet, beſchrieben habe: Solchem Unheil iſt durch nichts anders abzuhelffen, als den Hund wegzuſchaffen, daß er nicht mehr Schaden anrichte, als man Nutzen von ihm zu hoffen haben moͤge. Man kan die Tollheit, wann man ſonſten nur Ach- tung geben will, an ihnen bald gewahr werden, dann ſie freſſen nicht mehr, ſie vergeſſen ihren Herrn zu kennen, ſind unfreundlich, laͤuniſch, halten das Maul ſtets vor Hitze offen, da iſt es Zeit, ſie a parte anzulegen, will er auff jeden loß, ſo iſt ihm eine Kugel am geſuͤndeſten. Man glaubet, daß die Wuth unterſchied- lich ſeyn ſolle, wie davon die Frantzoͤſi- ſchen Autores, als Monſ. Fouilloux und Monſ. de Salnove in ihrer Venerie Roy- ale weitlaͤufftiger bezeugen. Wie vielerley die Wuth ſey? So viel man von langer Zeit in Er- fahrung kommen koͤnnen, ſoll die Wuth oder das Raſen derer Hunde ſiebenerley ſeyn, als: 1. Die hitzige Wuth. Dieſe erſtere ſchlimmſte Wuth, der die armen Hunde offt unterworffen, und die ſie bekommen, wird vor die allergefaͤhrlich- ſte und unheilbahreſte, der man mit kei- ner Artzney vorkommen mag, gehalten, und mit allem Recht die hitzige Wuth ge- nennet: Dann ſobald ſie das Gebluͤt inflammiret, und eingenommen, vergiff- tet und brennet daſſelbige von Stund an gleichſam als kochend, dermaaſſen, daß dieſer Gifft augenblicklich nach dem Ge- hirn evaporiret und aufſteiget, alſo daß es dieſe arme Creatur gantz zu Boden wirfft. A a 2

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/319>, abgerufen am 24.11.2024.