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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] es mit ihm durch- und übersetzet. Vor
aller andern Nationen Pferde aber prae-
valir
en am meisten die Englischen Pfer-
de, als welche zu solcher Par Force Jagd
am meisten dienlich, weil sie einen siche-
ren Gang und Sprung an sich haben:
Sie sind meist von dürrem Kopff, mit
einer gebogenen Habichts-Naaß, kleinen
spietzigen Ohren, und erhabenem Halß
gezieret; Sie haben einen etwas hoch-
auffgeschürtzten Hirsch-Leib, und sind
rahn von Schenckeln, weshalben, weil sie
zu aller Mühe und Arbeit begierig, und
sehr flüchtig sind, sie zu der Par Force-
Jagd am allerbeqvemsten gebrauchet
werden. Es werden ihnen in der Ju-
gend etliche Gelencke am Schweiff abge-
schlagen, damit sie an dem Rückgrad de-
sto fester und dauerhaffter seyn sollen,
lange damit zu forciren: Ferner wird
auch die Mähne am Kamm abgeschoren,
ein desto flüchtigeres Ansehen zu machen.
Weil nun besagter Maassen die Par For-
ce-
Hunde weiß, oder doch tygericht seyn,
solte wohl diese Couleur, ob sie zwar
wohl an sich selbst gar kostbahr, einem
grossen Herren sehr anständig seyn, der-
gleichen vor seine hohe Person vor sich
selbst zu gebrauchen. Es hat aber mit
eines Schimmels, oder Tygers Uhr-
sprung diese Beschaffenheit, daß ein sol-
ches Thier, welches seinen Uhrsprung
von einem wässerigten und feuchten Ele-
ment deriviret, mehrentheils eine phleg-
mati
sche Complexion an sich hat, und da-
hero weit gehorsamer, verständiger und
sittsamer, als andere Couleur von Pfer-
den ist: Jst im übrigen von gutem An-
sehen, hat insgemein grosse schwartze
Augen, ist sehr geschwind, und dahero
zur Jagd sehr dienlich: Wiewohl solche
rar und hoch gehalten werden. Ein meh-
rers zu melden, ist mir unbekant, maas-
sen es meine Profession keinesweges er-
fordert, sondern denen Stall-Meistern,
Bereithern, sonderlich aber denen erfahr-
nen Roß-Aertzten zu überlassen ist.
Die fleißige Warthung der Pferde aber
bey der öfftern Auffsicht ist von einem
verständigen Stall-Knecht am besten zu
[Spaltenumbruch] begreiffen. Das meiste, so vorkommt,
ist, so ein Pferd überjaget, und über
Macht geritten worden, daß es, wann es
zu Hause gebracht, etliche mahl herumb
geführet, alsdann in einen tieffen Mist-
Pfuhl, wo möglich, biß über die Knie
eingestellet, feste an einen Pfahl gebun-
den und 7. oder 9. Stunden lang darin-
nen stehen gelassen werde, dieß ziehet
dem Pferde alle Müdigkeit aus den Kno-
chen gar sehr heraus, daß die Nerven
und Gelencke wieder gängig werden, oder
so es ein sechsjährigtes altes Pferd ist,
müssen ihme von dem Schmied entwe-
der die Halß-Adern, Bug- und Schreck-
Adern gelassen, oder, da es nicht nöthig,
Blut zu lassen, dennoch ein guter Umb-
schlag von warm gekochtem Bier, Hopf-
fen und Lein-Oehl gemachet, und umb
die Gelencke, und den Rückgrad wohl ein-
gestriechen oder auffgebunden werden.
Daferne es von dem Reuter oder Sat-
tel geschwellet, oder gar gedrucket ist,
ist davor das sicherste Lein-Oehl, und das
weisse von dem Ey, wohl durch einan-
der gerieben, und mit Hanff auffgeleget,
und es also einige Tage ruhen lassen;
Daferne es aber unmöglich zu schonen,
kan mans mit einem weissen Wiesel-Fell-
gen creutzweiß bestreichen, dasselbige auff
den Schaden legen, sanfft bedecken, sat-
teln, und ohngehindert reithen, dieß hei-
let wundersam, ohne daß man die Ur-
sache begreiffen kan; Oder man nehme
drey bittere Mandeln, rothen Polum,
weissen Polum, Lorbeeren, Teuffels-Dreck,
jedes 1. Loth; Ferner weissen Entzian,
Schwartz-Wurtz, Schwalben-Wurtz,
Krebs-Augen jedes ein halb Loth,
alles dieses zu Pulver gestossen, und dem
Pferde früh Morgens vor Sonnen Auf-
gang in klarem Haffer gegeben, darauff
ohne Sauffen drey Stunden stehen las-
sen, es tödtet die Würmer im Leib und
heilet alles von innen heraus, welches
offte und viel probiret worden, da auch
schon der Schade dermaassen gewesen,
daß er zwischen denen Schaufeln Mate-
rie gesetzet gehabt.

Von dem fernern Forciren und Fangen des auffge-
sprengten Hirsches.
[Spaltenumbruch]

Ehe ich unsern auffgesprengten Hirsch
ferner zu forciren prosequire, muß ich
[Spaltenumbruch] einiges der merckwürdigsten, und mei-
nes Erachtens, der nöthigsten errinnern.

Ob

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] es mit ihm durch- und uͤberſetzet. Vor
aller andern Nationen Pferde aber præ-
valir
en am meiſten die Engliſchen Pfer-
de, als welche zu ſolcher Par Force Jagd
am meiſten dienlich, weil ſie einen ſiche-
ren Gang und Sprung an ſich haben:
Sie ſind meiſt von duͤrrem Kopff, mit
einer gebogenen Habichts-Naaß, kleinen
ſpietzigen Ohren, und erhabenem Halß
gezieret; Sie haben einen etwas hoch-
auffgeſchuͤrtzten Hirſch-Leib, und ſind
rahn von Schenckeln, weshalben, weil ſie
zu aller Muͤhe und Arbeit begierig, und
ſehr fluͤchtig ſind, ſie zu der Par Force-
Jagd am allerbeqvemſten gebrauchet
werden. Es werden ihnen in der Ju-
gend etliche Gelencke am Schweiff abge-
ſchlagen, damit ſie an dem Ruͤckgrad de-
ſto feſter und dauerhaffter ſeyn ſollen,
lange damit zu forciren: Ferner wird
auch die Maͤhne am Kamm abgeſchoren,
ein deſto fluͤchtigeres Anſehen zu machen.
Weil nun beſagter Maaſſen die Par For-
ce-
Hunde weiß, oder doch tygericht ſeyn,
ſolte wohl dieſe Couleur, ob ſie zwar
wohl an ſich ſelbſt gar koſtbahr, einem
groſſen Herren ſehr anſtaͤndig ſeyn, der-
gleichen vor ſeine hohe Perſon vor ſich
ſelbſt zu gebrauchen. Es hat aber mit
eines Schimmels, oder Tygers Uhr-
ſprung dieſe Beſchaffenheit, daß ein ſol-
ches Thier, welches ſeinen Uhrſprung
von einem waͤſſerigten und feuchten Ele-
ment deriviret, mehrentheils eine phleg-
mati
ſche Complexion an ſich hat, und da-
hero weit gehorſamer, verſtaͤndiger und
ſittſamer, als andere Couleur von Pfer-
den iſt: Jſt im uͤbrigen von gutem An-
ſehen, hat insgemein groſſe ſchwartze
Augen, iſt ſehr geſchwind, und dahero
zur Jagd ſehr dienlich: Wiewohl ſolche
rar und hoch gehalten werden. Ein meh-
rers zu melden, iſt mir unbekant, maaſ-
ſen es meine Profesſion keinesweges er-
fordert, ſondern denen Stall-Meiſtern,
Bereithern, ſonderlich aber denen erfahr-
nen Roß-Aertzten zu uͤberlaſſen iſt.
Die fleißige Warthung der Pferde aber
bey der oͤfftern Auffſicht iſt von einem
verſtaͤndigen Stall-Knecht am beſten zu
[Spaltenumbruch] begreiffen. Das meiſte, ſo vorkommt,
iſt, ſo ein Pferd uͤberjaget, und uͤber
Macht geritten worden, daß es, wann es
zu Hauſe gebracht, etliche mahl herumb
gefuͤhret, alsdann in einen tieffen Miſt-
Pfuhl, wo moͤglich, biß uͤber die Knie
eingeſtellet, feſte an einen Pfahl gebun-
den und 7. oder 9. Stunden lang darin-
nen ſtehen gelaſſen werde, dieß ziehet
dem Pferde alle Muͤdigkeit aus den Kno-
chen gar ſehr heraus, daß die Nerven
und Gelencke wieder gaͤngig werden, oder
ſo es ein ſechsjaͤhrigtes altes Pferd iſt,
muͤſſen ihme von dem Schmied entwe-
der die Halß-Adern, Bug- und Schreck-
Adern gelaſſen, oder, da es nicht noͤthig,
Blut zu laſſen, dennoch ein guter Umb-
ſchlag von warm gekochtem Bier, Hopf-
fen und Lein-Oehl gemachet, und umb
die Gelencke, und den Ruͤckgrad wohl ein-
geſtriechen oder auffgebunden werden.
Daferne es von dem Reuter oder Sat-
tel geſchwellet, oder gar gedrucket iſt,
iſt davor das ſicherſte Lein-Oehl, und das
weiſſe von dem Ey, wohl durch einan-
der gerieben, und mit Hanff auffgeleget,
und es alſo einige Tage ruhen laſſen;
Daferne es aber unmoͤglich zu ſchonen,
kan mans mit einem weiſſen Wieſel-Fell-
gen creutzweiß beſtreichen, daſſelbige auff
den Schaden legen, ſanfft bedecken, ſat-
teln, und ohngehindert reithen, dieß hei-
let wunderſam, ohne daß man die Ur-
ſache begreiffen kan; Oder man nehme
drey bittere Mandeln, rothen Polum,
weiſſen Polum, Lorbeerẽ, Teuffels-Dreck,
jedes 1. Loth; Ferner weiſſen Entzian,
Schwartz-Wurtz, Schwalben-Wurtz,
Krebs-Augen jedes ein halb Loth,
alles dieſes zu Pulver geſtoſſen, und dem
Pferde fruͤh Morgens vor Sonnen Auf-
gang in klarem Haffer gegeben, darauff
ohne Sauffen drey Stunden ſtehen laſ-
ſen, es toͤdtet die Wuͤrmer im Leib und
heilet alles von innen heraus, welches
offte und viel probiret worden, da auch
ſchon der Schade dermaaſſen geweſen,
daß er zwiſchen denen Schaufeln Mate-
rie geſetzet gehabt.

Von dem fernern Forciren und Fangen des auffge-
ſprengten Hirſches.
[Spaltenumbruch]

Ehe ich unſern auffgeſprengten Hirſch
ferner zu forciren proſequire, muß ich
[Spaltenumbruch] einiges der merckwuͤrdigſten, und mei-
nes Erachtens, der noͤthigſten errinnern.

Ob
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[300/0456] Fuͤnffter Theil/ es mit ihm durch- und uͤberſetzet. Vor aller andern Nationen Pferde aber præ- valiren am meiſten die Engliſchen Pfer- de, als welche zu ſolcher Par Force Jagd am meiſten dienlich, weil ſie einen ſiche- ren Gang und Sprung an ſich haben: Sie ſind meiſt von duͤrrem Kopff, mit einer gebogenen Habichts-Naaß, kleinen ſpietzigen Ohren, und erhabenem Halß gezieret; Sie haben einen etwas hoch- auffgeſchuͤrtzten Hirſch-Leib, und ſind rahn von Schenckeln, weshalben, weil ſie zu aller Muͤhe und Arbeit begierig, und ſehr fluͤchtig ſind, ſie zu der Par Force- Jagd am allerbeqvemſten gebrauchet werden. Es werden ihnen in der Ju- gend etliche Gelencke am Schweiff abge- ſchlagen, damit ſie an dem Ruͤckgrad de- ſto feſter und dauerhaffter ſeyn ſollen, lange damit zu forciren: Ferner wird auch die Maͤhne am Kamm abgeſchoren, ein deſto fluͤchtigeres Anſehen zu machen. Weil nun beſagter Maaſſen die Par For- ce-Hunde weiß, oder doch tygericht ſeyn, ſolte wohl dieſe Couleur, ob ſie zwar wohl an ſich ſelbſt gar koſtbahr, einem groſſen Herren ſehr anſtaͤndig ſeyn, der- gleichen vor ſeine hohe Perſon vor ſich ſelbſt zu gebrauchen. Es hat aber mit eines Schimmels, oder Tygers Uhr- ſprung dieſe Beſchaffenheit, daß ein ſol- ches Thier, welches ſeinen Uhrſprung von einem waͤſſerigten und feuchten Ele- ment deriviret, mehrentheils eine phleg- matiſche Complexion an ſich hat, und da- hero weit gehorſamer, verſtaͤndiger und ſittſamer, als andere Couleur von Pfer- den iſt: Jſt im uͤbrigen von gutem An- ſehen, hat insgemein groſſe ſchwartze Augen, iſt ſehr geſchwind, und dahero zur Jagd ſehr dienlich: Wiewohl ſolche rar und hoch gehalten werden. Ein meh- rers zu melden, iſt mir unbekant, maaſ- ſen es meine Profesſion keinesweges er- fordert, ſondern denen Stall-Meiſtern, Bereithern, ſonderlich aber denen erfahr- nen Roß-Aertzten zu uͤberlaſſen iſt. Die fleißige Warthung der Pferde aber bey der oͤfftern Auffſicht iſt von einem verſtaͤndigen Stall-Knecht am beſten zu begreiffen. Das meiſte, ſo vorkommt, iſt, ſo ein Pferd uͤberjaget, und uͤber Macht geritten worden, daß es, wann es zu Hauſe gebracht, etliche mahl herumb gefuͤhret, alsdann in einen tieffen Miſt- Pfuhl, wo moͤglich, biß uͤber die Knie eingeſtellet, feſte an einen Pfahl gebun- den und 7. oder 9. Stunden lang darin- nen ſtehen gelaſſen werde, dieß ziehet dem Pferde alle Muͤdigkeit aus den Kno- chen gar ſehr heraus, daß die Nerven und Gelencke wieder gaͤngig werden, oder ſo es ein ſechsjaͤhrigtes altes Pferd iſt, muͤſſen ihme von dem Schmied entwe- der die Halß-Adern, Bug- und Schreck- Adern gelaſſen, oder, da es nicht noͤthig, Blut zu laſſen, dennoch ein guter Umb- ſchlag von warm gekochtem Bier, Hopf- fen und Lein-Oehl gemachet, und umb die Gelencke, und den Ruͤckgrad wohl ein- geſtriechen oder auffgebunden werden. Daferne es von dem Reuter oder Sat- tel geſchwellet, oder gar gedrucket iſt, iſt davor das ſicherſte Lein-Oehl, und das weiſſe von dem Ey, wohl durch einan- der gerieben, und mit Hanff auffgeleget, und es alſo einige Tage ruhen laſſen; Daferne es aber unmoͤglich zu ſchonen, kan mans mit einem weiſſen Wieſel-Fell- gen creutzweiß beſtreichen, daſſelbige auff den Schaden legen, ſanfft bedecken, ſat- teln, und ohngehindert reithen, dieß hei- let wunderſam, ohne daß man die Ur- ſache begreiffen kan; Oder man nehme drey bittere Mandeln, rothen Polum, weiſſen Polum, Lorbeerẽ, Teuffels-Dreck, jedes 1. Loth; Ferner weiſſen Entzian, Schwartz-Wurtz, Schwalben-Wurtz, Krebs-Augen jedes ein halb Loth, alles dieſes zu Pulver geſtoſſen, und dem Pferde fruͤh Morgens vor Sonnen Auf- gang in klarem Haffer gegeben, darauff ohne Sauffen drey Stunden ſtehen laſ- ſen, es toͤdtet die Wuͤrmer im Leib und heilet alles von innen heraus, welches offte und viel probiret worden, da auch ſchon der Schade dermaaſſen geweſen, daß er zwiſchen denen Schaufeln Mate- rie geſetzet gehabt. Von dem fernern Forciren und Fangen des auffge- ſprengten Hirſches. Ehe ich unſern auffgeſprengten Hirſch ferner zu forciren proſequire, muß ich einiges der merckwuͤrdigſten, und mei- nes Erachtens, der noͤthigſten errinnern. Ob

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/456>, abgerufen am 22.11.2024.