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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] Ob mir wohl bekant, daß die Par Force-
Jäger von dem Früh-Jahr an, den
Sommer durch biß in spathen Herbst,
auch offters des Winters beym harten
Frost, Schnee und Eyß, jagen, und die-
ser Lust fast nicht überdrüßig werden
können, wenigstens doch biß zu Anfan-
ge des Novembris und biß auf den St.
Hubertus-Tag zu jagen continuiren, und
alsdann erst beschließen, weilen die-
ser Hubertus eigendlich der Patron sol-
cher Par Force-Jagd ist, als an welchem
Tage sie ein besonderes Festin halten;
So kan doch nicht umhin, dem geneigten
Leser die zur selbigen Zeit, nemlich beym
harten Frost, Schnee und Eiß, augen-
scheinliche und handgreiffliche Hinder-
nisse vorzustellen. Dann auff dem har-
ten Frost verbällen und vertreten die
Pferde ihren Huff; Man kan auch
stürtzen, und Schaden nehmen; Die
Hunde lauffen sich wund und lahm,
auch kan man nichts von der Gefährd
sehen; Jm Schnee jagen düncket mich et-
was spöttlich zu seyn, weil alle Tritt
und Schritt zu sehen, und das Pferd zu
lauffen verhindert wird, ja öffters gar
mit dem Piqueur in eine von Wind ver-
wehete Grube stürtzet, daß weder Mann,
noch Roß zu sehen; Die Hunde haben
von der Gefährd keinen Geruch, oder
Atomos, sondern statt dessen die Nase
voller Schnee, biß sie verdrießlich werden,
und darüber zu Hause lauffen. Auf dem
Eiß jagen kan man sich leichte Rech-
nung machen, was daselbst leicht für
Schaden zu nehmen, wie man Arm o-
der Bein zerbrechen, wenigstens doch
stürtzen, und dem Pferde Schaden zu-
stossen kan. Die Hunde kennen eben-
falls keine Witterung haben, wohl aber
gleiten, und sich verrencken. Es möch-
te zwar wohl mancher einwenden, daß
das Wild auf dem Eiß leicht ausgleite,
und dahero am beqvemsten zu fangen sey;
Dem diene aber hinwiederumb zur
freundlichen Nachricht, daß es nicht wohl
jägerisch stehen würde, das Wild also in-
fam
umbzubringen; Halte also die be-
qvemste Zeit zu dem Par Force-Jagen,
wann das Wild gesetzet hat und die Käl-
ber in etwas erwachsen, mit dem Thiere
weichen, der Hirsch aber sein Gehörn ge-
worffen, und wieder auffgesetzet, alsdann,
ob er schon noch nicht geschlagen, halte ich
doch dafür, daß biß zur Brunfft die be-
ste Zeit zu forciren sey, maassen, wie an-
fänglich gedacht, zu solcher Zeit die feisten
[Spaltenumbruch] oder guten Hirsche alleine sich besonders
austheilen, und von den andern separi-
ren; Jn der Brunfft aber bey vielen
Wildpräth schwerlich von dem Hauffen
zu trennen, auch einen heßlichen Gestanck
haben; Nach der Brunfft aber, weil sie
mager, und dahero leichte die meisten
entkommen, wiewohl auch öffters einige,
weil sie abgemattet, gefangen werden.
Jm späthen Herbst machet der starcke
Frost eben auch an der Fährd keine ge-
ringe Verhinderniß. Was andere Im-
pedimenta
oder Verhindernisse, die
Jagd-Lust zu verderben, mehr vorfal-
len, davon habe ich kurtz vor dem teut-
schen Haupt-Jagen die Anzeigungen,
und Ursachen gemeldet, wohin ich mich
beziehe. Nicht wenig verhindern auch
und opprimiren den Geruch der Gefähr-
de des Frühlings die aufsteigende starck-
riechende Qvellen und Kräuter, und des
Herbsts die harten Fröste; Auch beneh-
men die Mittags- und Mitternachts-
Winde den Geruch der Gefährde, daß
die Hunde den Wechsel nicht halten, noch
jagen können; Man kan auch ihren
Lauth nicht wohl höhren. Wann nun
unser auffgesprengter Hirsch von den
Hunden etwan ein Paar tausend Schritt
forciret und recht durchhitzet ist, wird
ihm sodann gleich sofort ängstiglich, da-
von er noch mehr flüchtiger wird und sein
gantzes Vermögen, umb sich zu salviren,
daran strecket, wodurch er nicht alleine
sich aus dem Athem lauffet, und die Ge-
fährd groß machet, sondern auch, weil er
durch und durch erhitzet worden, denen
Hunden, in seiner Gefährd, einen zehen-
fach vielmehr, und stärckern Geruch, als
die Hunde von andern schwachen kalten
Fährden haben können, verursachet.
Und muß der Jäger derer Hunde ihre
erstere allzu grosse hitzige Begierde an-
fänglich vorbey lassen, ihnen den Hirsch
zu forciren gemählig überantworten,
damit die Hunde den Hirsch vorhero sich
recht wohl imprimiren können, und de-
sto besser behaupten mögen, auch deswe-
gen anfänglich nicht gar zu offt und viel
blasen. Dieweiln nun wohl bekant, daß
ein Hirsch vielleicht wohl mögte wieder-
umb dahin lauffen, woher er gekommen,
oder gewechselt, oder einen Wiedergang
im Gedickigte vornehmen, abspringen,
sich verkriechen, oder drücken, und also
die Hunde vorbey lassen, muß demselben
eyligst vorgegriffen, und keine Zeit zu re-
spiri
ren gelassen werden, biß er wieder-

umb
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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] Ob mir wohl bekant, daß die Par Force-
Jaͤger von dem Fruͤh-Jahr an, den
Sommer durch biß in ſpathen Herbſt,
auch offters des Winters beym harten
Froſt, Schnee und Eyß, jagen, und die-
ſer Luſt faſt nicht uͤberdruͤßig werden
koͤnnen, wenigſtens doch biß zu Anfan-
ge des Novembris und biß auf den St.
Hubertus-Tag zu jagen continuiren, und
alsdann erſt beſchließen, weilen die-
ſer Hubertus eigendlich der Patron ſol-
cher Par Force-Jagd iſt, als an welchem
Tage ſie ein beſonderes Feſtin halten;
So kan doch nicht umhin, dem geneigten
Leſer die zur ſelbigen Zeit, nemlich beym
harten Froſt, Schnee und Eiß, augen-
ſcheinliche und handgreiffliche Hinder-
niſſe vorzuſtellen. Dann auff dem har-
ten Froſt verbaͤllen und vertreten die
Pferde ihren Huff; Man kan auch
ſtuͤrtzen, und Schaden nehmen; Die
Hunde lauffen ſich wund und lahm,
auch kan man nichts von der Gefaͤhrd
ſehen; Jm Schnee jagen duͤncket mich et-
was ſpoͤttlich zu ſeyn, weil alle Tritt
und Schritt zu ſehen, und das Pferd zu
lauffen verhindert wird, ja oͤffters gar
mit dem Piqueur in eine von Wind ver-
wehete Grube ſtuͤrtzet, daß weder Mann,
noch Roß zu ſehen; Die Hunde haben
von der Gefaͤhrd keinen Geruch, oder
Atomos, ſondern ſtatt deſſen die Naſe
voller Schnee, biß ſie verdrießlich werden,
und daruͤber zu Hauſe lauffen. Auf dem
Eiß jagen kan man ſich leichte Rech-
nung machen, was daſelbſt leicht fuͤr
Schaden zu nehmen, wie man Arm o-
der Bein zerbrechen, wenigſtens doch
ſtuͤrtzen, und dem Pferde Schaden zu-
ſtoſſen kan. Die Hunde kennen eben-
falls keine Witterung haben, wohl aber
gleiten, und ſich verrencken. Es moͤch-
te zwar wohl mancher einwenden, daß
das Wild auf dem Eiß leicht ausgleite,
und dahero am beqvemſten zu fangen ſey;
Dem diene aber hinwiederumb zur
freundlichen Nachricht, daß es nicht wohl
jaͤgeriſch ſtehen wuͤrde, das Wild alſo in-
fam
umbzubringen; Halte alſo die be-
qvemſte Zeit zu dem Par Force-Jagen,
wann das Wild geſetzet hat und die Kaͤl-
ber in etwas erwachſen, mit dem Thiere
weichen, der Hirſch aber ſein Gehoͤrn ge-
worffen, und wieder auffgeſetzet, alsdañ,
ob er ſchon noch nicht geſchlagen, halte ich
doch dafuͤr, daß biß zur Brunfft die be-
ſte Zeit zu forciren ſey, maaſſen, wie an-
faͤnglich gedacht, zu ſolcher Zeit die feiſten
[Spaltenumbruch] oder guten Hirſche alleine ſich beſonders
austheilen, und von den andern ſepari-
ren; Jn der Brunfft aber bey vielen
Wildpraͤth ſchwerlich von dem Hauffen
zu trennen, auch einen heßlichen Geſtanck
haben; Nach der Brunfft aber, weil ſie
mager, und dahero leichte die meiſten
entkommen, wiewohl auch oͤffters einige,
weil ſie abgemattet, gefangen werden.
Jm ſpaͤthen Herbſt machet der ſtarcke
Froſt eben auch an der Faͤhrd keine ge-
ringe Verhinderniß. Was andere Im-
pedimenta
oder Verhinderniſſe, die
Jagd-Luſt zu verderben, mehr vorfal-
len, davon habe ich kurtz vor dem teut-
ſchen Haupt-Jagen die Anzeigungen,
und Urſachen gemeldet, wohin ich mich
beziehe. Nicht wenig verhindern auch
und opprimiren den Geruch der Gefaͤhr-
de des Fruͤhlings die aufſteigende ſtarck-
riechende Qvellen und Kraͤuter, und des
Herbſts die harten Froͤſte; Auch beneh-
men die Mittags- und Mitternachts-
Winde den Geruch der Gefaͤhrde, daß
die Hunde den Wechſel nicht halten, noch
jagen koͤnnen; Man kan auch ihren
Lauth nicht wohl hoͤhren. Wann nun
unſer auffgeſprengter Hirſch von den
Hunden etwan ein Paar tauſend Schritt
forciret und recht durchhitzet iſt, wird
ihm ſodann gleich ſofort aͤngſtiglich, da-
von er noch mehr fluͤchtiger wird und ſein
gantzes Vermoͤgen, umb ſich zu ſalviren,
daran ſtrecket, wodurch er nicht alleine
ſich aus dem Athem lauffet, und die Ge-
faͤhrd groß machet, ſondern auch, weil er
durch und durch erhitzet worden, denen
Hunden, in ſeiner Gefaͤhrd, einen zehen-
fach vielmehr, und ſtaͤrckern Geruch, als
die Hunde von andern ſchwachen kalten
Faͤhrden haben koͤnnen, verurſachet.
Und muß der Jaͤger derer Hunde ihre
erſtere allzu groſſe hitzige Begierde an-
faͤnglich vorbey laſſen, ihnen den Hirſch
zu forciren gemaͤhlig uͤberantworten,
damit die Hunde den Hirſch vorhero ſich
recht wohl imprimiren koͤnnen, und de-
ſto beſſer behaupten moͤgen, auch deswe-
gen anfaͤnglich nicht gar zu offt und viel
blaſen. Dieweiln nun wohl bekant, daß
ein Hirſch vielleicht wohl moͤgte wieder-
umb dahin lauffen, woher er gekommen,
oder gewechſelt, oder einen Wiedergang
im Gedickigte vornehmen, abſpringen,
ſich verkriechen, oder druͤcken, und alſo
die Hunde vorbey laſſen, muß demſelben
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ren gelaſſen werden, biß er wieder-

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/461>, abgerufen am 25.11.2024.