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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] wohl kurtze, doch vollkommliche Federn
haben, ehe und bevor er aus dem Ne-
ste genommen wird: Ferner, daferne es
nicht ein verdrießlicher Schreyer, so setzt
man ihn in eine Kammer, doch muß es
daselbst weder zu kalt, noch zu feuchte,
und solche, wo es nur möglich, so beschaf-
fen seyn, daß er die Lufft und Sonne
empfinden möge, auch nachdem man ihn
zu sitzen gewöhnen will, bindet man ihn
entweder auf den Klotz, oder auff die
Stange, weswegen man ihm zeitlich die
Fesseln und Schellen oder den Wurff-
Riehmen angewöhnen muß; Seinen
Fraß muß man ihm offt und wenig, von
frischem zarten Fleisch, von jungen Tau-
ben oder jungen Vögeln geben und ja
nicht überfüllen. Wann er nun einen
gantzen Tag gehungert hat, muß man
ihm gantz gemach die Haube auffsetzen,
und drey Tage, und drey Nächte, keine
Ruhe lassen; Zuweilen wann ihm Ohn-
macht zustiesse, mit ein wenig frischem
Wasser im Schnabel refraichiren, und
da er ja gar zu ohnmächtig, ihn den-
noch verdeckt speissen; Dann und wann,
ab- und wieder zu bedecken versuchen,
ob er es gewohnen wolle, und sich hier-
durch bezwingen lasse, des Morgens
frühe aber mit weichem gewässertem
Fleisch füttern. Es ist aber das Wachen
dieses Vogels, als das allervornehmste
in der Falconerie höchst rühmlich erfunden
worden, weiln durch dieses Wachen, oder
solche Benehmung des Schlaffes dem wil-
den Vogel seine völlige Memorie, und
Imagination, Nachsinnen und Gedächt-
niß, auf einmahl genommen, und ge-
schwächet wird, damit er nicht Zeit oder
Gelegenheit haben könne, sich seiner Na-
tur zu besinnen, u. sich zu errinnern, was
er zuvorhero in seiner Freyheit zu thun
gewohnet gewesen, oder von Natur ih-
me sonsten angebohren wäre, durch wel-
che Gewohnheit, und Laedirung seines
Gedächtnisses sich seine Natur transmu-
ti
ret, daß sie nichts anders weiß, als wie
er vom Menschen aufferzogen, sich des-
sen Willen unterwerffen müsse. Sol-
te er aber Zeit bekommen, oder sich be-
dencken, worzu ihn die Natur animi-
ret,
würde nimmer etwas gutes daraus
werden. Summa es wird der Vogel
durch wachen, liebkosen, und Artzney
also bezwungen; welches einige in einem
hängenden runden Reiff, in einem fin-
stern Gemach schwebend vornehmen also,
daß wann der Falcke von sich selbst schlä-
[Spaltenumbruch] frig nicket, oder sich beweget, er durch
Bewegung solches Büchels selbst auff-
wecket, wodurch er aber, da Niemand
bey ihm, vor Ohnmacht abfallen, han-
gen bleiben, und den Fuß ausrencken
kan; Halte also von voriger Art am
meisten, wobey die Falconierer eine
Nacht umb die andere sich ablösen müs-
sen, sonst es nicht auszustehen wäre.
Nach diesem muß er anfänglich bedeckt,
dann, wann er gewohnet, unbedecket auf
der Faust bey unterschiedenen Handwer-
ckern, als Böttgern, Schmieden, und
dergleichen, so vieles klappern verursa-
chen, oder in Mangel derer auf dem
Lande, und Dörffern, in Mühlen oder
Scheunen bey denen Leuten zu gewoh-
nen, täglich ein Paar Stunden aus-
und eingetragen werden, wormit vier-
zehen Tage zu continuiren, und öffters,
dann und wann, mit einer rauhen Fe-
der, zu bestreichen und zu caressiren ist,
damit er seine Stimme gewöhne; Maas-
sen ein Falconierer sich auf dreyerley
Weise bey seinem Vogel beliebt und auch
wohl verhast machen kan, wann er ihm
erstlich entweder gutes, oder garstig
schmeckendes Fleisch, oder Artzney giebet.
Zum andern durch eine freundliche oder
unfreundliche Stimme, und drittens
durch guten oder bösen Geruch seiner
Kleider oder Handschuh, worauff er ge-
tragen wird, wann solche etwan nach
Knobeloch, Zwibeln oder dergleichen rie-
chen, welches ihme zuwider. So muß
auch ein solcher junger Vogel, weil er vol-
ler zarter Glieder, und weicher Beine,
dahero leicht erdrucket werden könte, mit
einer besondern Behutsamkeit an ei-
nem dunckeln Orte gehalten werden.
Wann das Abwachen glücklich zu En-
de, und ausgestanden, muß man den
Vogel änfänglich mit Manna, welches
ihme das Geblüth erfrischet, das Ge-
schwühr, und verstopffte erweichet und
öffnet, und solche schädliche Feuchtigkeit
per Excrementa abtreibet, purgiren,
nachgehends ihme die Cur geben, welche
man von Baumwolle, in weissem Wein
gesotten, mit sechs Näglein anfänglich
klein machen, mit Fleisch umbwickeln
kan, umb den Vogel daran zu gewöh-
nen, welches im Winter und kaltem
Wetter wohl zu gebrauchen, dann gebe
man ihm ferner vor seinen Magen zu
stärcken, und zu reinigen drey oder vier
Nelcken, Manna, Fuchs-Lunge und ein
klein rothes Corallen-Steinichen, mit et-

lichen
S s

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] wohl kurtze, doch vollkommliche Federn
haben, ehe und bevor er aus dem Ne-
ſte genommen wird: Ferner, daferne es
nicht ein verdrießlicher Schreyer, ſo ſetzt
man ihn in eine Kammer, doch muß es
daſelbſt weder zu kalt, noch zu feuchte,
und ſolche, wo es nur moͤglich, ſo beſchaf-
fen ſeyn, daß er die Lufft und Sonne
empfinden moͤge, auch nachdem man ihn
zu ſitzen gewoͤhnen will, bindet man ihn
entweder auf den Klotz, oder auff die
Stange, weswegen man ihm zeitlich die
Feſſeln und Schellen oder den Wurff-
Riehmen angewoͤhnen muß; Seinen
Fraß muß man ihm offt und wenig, von
friſchem zarten Fleiſch, von jungen Tau-
ben oder jungen Voͤgeln geben und ja
nicht uͤberfuͤllen. Wann er nun einen
gantzen Tag gehungert hat, muß man
ihm gantz gemach die Haube auffſetzen,
und drey Tage, und drey Naͤchte, keine
Ruhe laſſen; Zuweilen wann ihm Ohn-
macht zuſtieſſe, mit ein wenig friſchem
Waſſer im Schnabel refraichiren, und
da er ja gar zu ohnmaͤchtig, ihn den-
noch verdeckt ſpeiſſen; Dann und wann,
ab- und wieder zu bedecken verſuchen,
ob er es gewohnen wolle, und ſich hier-
durch bezwingen laſſe, des Morgens
fruͤhe aber mit weichem gewaͤſſertem
Fleiſch fuͤttern. Es iſt aber das Wachen
dieſes Vogels, als das allervornehmſte
in der Falconerie hoͤchſt ruͤhmlich erfundẽ
worden, weiln durch dieſes Wachen, oder
ſolche Benehmung des Schlaffes dem wil-
den Vogel ſeine voͤllige Memorie, und
Imagination, Nachſinnen und Gedaͤcht-
niß, auf einmahl genommen, und ge-
ſchwaͤchet wird, damit er nicht Zeit oder
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tur zu beſinnen, u. ſich zu errinnern, was
er zuvorhero in ſeiner Freyheit zu thun
gewohnet geweſen, oder von Natur ih-
me ſonſten angebohren waͤre, durch wel-
che Gewohnheit, und Lædirung ſeines
Gedaͤchtniſſes ſich ſeine Natur transmu-
ti
ret, daß ſie nichts anders weiß, als wie
er vom Menſchen aufferzogen, ſich deſ-
ſen Willen unterwerffen muͤſſe. Sol-
te er aber Zeit bekommen, oder ſich be-
dencken, worzu ihn die Natur animi-
ret,
wuͤrde nimmer etwas gutes daraus
werden. Summa es wird der Vogel
durch wachen, liebkoſen, und Artzney
alſo bezwungen; welches einige in einem
haͤngenden runden Reiff, in einem fin-
ſtern Gemach ſchwebend vornehmen alſo,
daß wann der Falcke von ſich ſelbſt ſchlaͤ-
[Spaltenumbruch] frig nicket, oder ſich beweget, er durch
Bewegung ſolches Buͤchels ſelbſt auff-
wecket, wodurch er aber, da Niemand
bey ihm, vor Ohnmacht abfallen, han-
gen bleiben, und den Fuß ausrencken
kan; Halte alſo von voriger Art am
meiſten, wobey die Falconierer eine
Nacht umb die andere ſich abloͤſen muͤſ-
ſen, ſonſt es nicht auszuſtehen waͤre.
Nach dieſem muß er anfaͤnglich bedeckt,
dann, wann er gewohnet, unbedecket auf
der Fauſt bey unterſchiedenen Handwer-
ckern, als Boͤttgern, Schmieden, und
dergleichen, ſo vieles klappern verurſa-
chen, oder in Mangel derer auf dem
Lande, und Doͤrffern, in Muͤhlen oder
Scheunen bey denen Leuten zu gewoh-
nen, taͤglich ein Paar Stunden aus-
und eingetragen werden, wormit vier-
zehen Tage zu continuiren, und oͤffters,
dann und wann, mit einer rauhen Fe-
der, zu beſtreichen und zu caresſiren iſt,
damit er ſeine Stimme gewoͤhne; Maaſ-
ſen ein Falconierer ſich auf dreyerley
Weiſe bey ſeinem Vogel beliebt und auch
wohl verhaſt machen kan, wann er ihm
erſtlich entweder gutes, oder garſtig
ſchmeckendes Fleiſch, oder Artzney giebet.
Zum andern durch eine freundliche oder
unfreundliche Stimme, und drittens
durch guten oder boͤſen Geruch ſeiner
Kleider oder Handſchuh, worauff er ge-
tragen wird, wann ſolche etwan nach
Knobeloch, Zwibeln oder dergleichen rie-
chen, welches ihme zuwider. So muß
auch ein ſolcher junger Vogel, weil er vol-
ler zarter Glieder, und weicher Beine,
dahero leicht erdrucket werden koͤnte, mit
einer beſondern Behutſamkeit an ei-
nem dunckeln Orte gehalten werden.
Wann das Abwachen gluͤcklich zu En-
de, und ausgeſtanden, muß man den
Vogel aͤnfaͤnglich mit Manna, welches
ihme das Gebluͤth erfriſchet, das Ge-
ſchwuͤhr, und verſtopffte erweichet und
oͤffnet, und ſolche ſchaͤdliche Feuchtigkeit
per Excrementa abtreibet, purgiren,
nachgehends ihme die Cur geben, welche
man von Baumwolle, in weiſſem Wein
geſotten, mit ſechs Naͤglein anfaͤnglich
klein machen, mit Fleiſch umbwickeln
kan, umb den Vogel daran zu gewoͤh-
nen, welches im Winter und kaltem
Wetter wohl zu gebrauchen, dann gebe
man ihm ferner vor ſeinen Magen zu
ſtaͤrcken, und zu reinigen drey oder vier
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klein rothes Corallen-Steinichen, mit et-

lichen
S s
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[321/0489] Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. wohl kurtze, doch vollkommliche Federn haben, ehe und bevor er aus dem Ne- ſte genommen wird: Ferner, daferne es nicht ein verdrießlicher Schreyer, ſo ſetzt man ihn in eine Kammer, doch muß es daſelbſt weder zu kalt, noch zu feuchte, und ſolche, wo es nur moͤglich, ſo beſchaf- fen ſeyn, daß er die Lufft und Sonne empfinden moͤge, auch nachdem man ihn zu ſitzen gewoͤhnen will, bindet man ihn entweder auf den Klotz, oder auff die Stange, weswegen man ihm zeitlich die Feſſeln und Schellen oder den Wurff- Riehmen angewoͤhnen muß; Seinen Fraß muß man ihm offt und wenig, von friſchem zarten Fleiſch, von jungen Tau- ben oder jungen Voͤgeln geben und ja nicht uͤberfuͤllen. Wann er nun einen gantzen Tag gehungert hat, muß man ihm gantz gemach die Haube auffſetzen, und drey Tage, und drey Naͤchte, keine Ruhe laſſen; Zuweilen wann ihm Ohn- macht zuſtieſſe, mit ein wenig friſchem Waſſer im Schnabel refraichiren, und da er ja gar zu ohnmaͤchtig, ihn den- noch verdeckt ſpeiſſen; Dann und wann, ab- und wieder zu bedecken verſuchen, ob er es gewohnen wolle, und ſich hier- durch bezwingen laſſe, des Morgens fruͤhe aber mit weichem gewaͤſſertem Fleiſch fuͤttern. Es iſt aber das Wachen dieſes Vogels, als das allervornehmſte in der Falconerie hoͤchſt ruͤhmlich erfundẽ worden, weiln durch dieſes Wachen, oder ſolche Benehmung des Schlaffes dem wil- den Vogel ſeine voͤllige Memorie, und Imagination, Nachſinnen und Gedaͤcht- niß, auf einmahl genommen, und ge- ſchwaͤchet wird, damit er nicht Zeit oder Gelegenheit haben koͤnne, ſich ſeiner Na- tur zu beſinnen, u. ſich zu errinnern, was er zuvorhero in ſeiner Freyheit zu thun gewohnet geweſen, oder von Natur ih- me ſonſten angebohren waͤre, durch wel- che Gewohnheit, und Lædirung ſeines Gedaͤchtniſſes ſich ſeine Natur transmu- tiret, daß ſie nichts anders weiß, als wie er vom Menſchen aufferzogen, ſich deſ- ſen Willen unterwerffen muͤſſe. Sol- te er aber Zeit bekommen, oder ſich be- dencken, worzu ihn die Natur animi- ret, wuͤrde nimmer etwas gutes daraus werden. Summa es wird der Vogel durch wachen, liebkoſen, und Artzney alſo bezwungen; welches einige in einem haͤngenden runden Reiff, in einem fin- ſtern Gemach ſchwebend vornehmen alſo, daß wann der Falcke von ſich ſelbſt ſchlaͤ- frig nicket, oder ſich beweget, er durch Bewegung ſolches Buͤchels ſelbſt auff- wecket, wodurch er aber, da Niemand bey ihm, vor Ohnmacht abfallen, han- gen bleiben, und den Fuß ausrencken kan; Halte alſo von voriger Art am meiſten, wobey die Falconierer eine Nacht umb die andere ſich abloͤſen muͤſ- ſen, ſonſt es nicht auszuſtehen waͤre. Nach dieſem muß er anfaͤnglich bedeckt, dann, wann er gewohnet, unbedecket auf der Fauſt bey unterſchiedenen Handwer- ckern, als Boͤttgern, Schmieden, und dergleichen, ſo vieles klappern verurſa- chen, oder in Mangel derer auf dem Lande, und Doͤrffern, in Muͤhlen oder Scheunen bey denen Leuten zu gewoh- nen, taͤglich ein Paar Stunden aus- und eingetragen werden, wormit vier- zehen Tage zu continuiren, und oͤffters, dann und wann, mit einer rauhen Fe- der, zu beſtreichen und zu caresſiren iſt, damit er ſeine Stimme gewoͤhne; Maaſ- ſen ein Falconierer ſich auf dreyerley Weiſe bey ſeinem Vogel beliebt und auch wohl verhaſt machen kan, wann er ihm erſtlich entweder gutes, oder garſtig ſchmeckendes Fleiſch, oder Artzney giebet. Zum andern durch eine freundliche oder unfreundliche Stimme, und drittens durch guten oder boͤſen Geruch ſeiner Kleider oder Handſchuh, worauff er ge- tragen wird, wann ſolche etwan nach Knobeloch, Zwibeln oder dergleichen rie- chen, welches ihme zuwider. So muß auch ein ſolcher junger Vogel, weil er vol- ler zarter Glieder, und weicher Beine, dahero leicht erdrucket werden koͤnte, mit einer beſondern Behutſamkeit an ei- nem dunckeln Orte gehalten werden. Wann das Abwachen gluͤcklich zu En- de, und ausgeſtanden, muß man den Vogel aͤnfaͤnglich mit Manna, welches ihme das Gebluͤth erfriſchet, das Ge- ſchwuͤhr, und verſtopffte erweichet und oͤffnet, und ſolche ſchaͤdliche Feuchtigkeit per Excrementa abtreibet, purgiren, nachgehends ihme die Cur geben, welche man von Baumwolle, in weiſſem Wein geſotten, mit ſechs Naͤglein anfaͤnglich klein machen, mit Fleiſch umbwickeln kan, umb den Vogel daran zu gewoͤh- nen, welches im Winter und kaltem Wetter wohl zu gebrauchen, dann gebe man ihm ferner vor ſeinen Magen zu ſtaͤrcken, und zu reinigen drey oder vier Nelcken, Manna, Fuchs-Lunge und ein klein rothes Corallen-Steinichen, mit et- lichen S s

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/489>, abgerufen am 22.11.2024.