Der Thonen-Fang oder das Schnei- sen, welches hier zu Lande am gebräuch- lichsten, fänget sich bald nach Jacobi an, wann die rothen Ebrisch-Beere, welche überaus hell hervor blicken, reiff, jedoch nicht überständig, oder gar zu dunckel- roth werden; Und sind zweyerley Tho- nen: Bügel- und Bast-Thonen. Die Bast-Thonen werden gekaufft, das Schock zu zwey Groschen oder mit gros- ser Mühe gemachet: Die Bügel-Tho- nen aber werden also verfertiget: Nem- lich man ziehet oberhalb des Bügels vier Schlingen von Pferde-Haaren hin- durch, füget Windhaare daran und hen- cket Ebrisch-Beer darunter. Wann nun der Vogel im Spriegel sitzet, und nach den Beeren langet, stecket er den Halß durch die Schlingen, und so er fort flie- gen will, ziehet sich die Schleiffe zu, daß er erwürget, und daran hangen bleibet. Solcher Thonen-Steig ist am nützlich- sten in kleinen Feld-Büschen, Thal und Gründen, wo möglich an Wasser-Bäch- lein, auch ist dieser Thonen-Vogel-Fang meist vor Drosseln oder Zippen, wann der Reiff fället, und ist die beste Zeit hier- zu vierzehen Tage vor Michaelis, und so viel Tage hernach, denn der Ziemer fän- get sich nicht, als nur die Zipp und klei- ne Vögel. Man muß des Morgens, da sie sich beym Nebel, Reiff, und Frost am besten fangen, solche nicht stöhren, son- dern umb 10. Uhr erst hingehen. Die von kleinen Vögeln, Roth-Kehlichen oder Meisen abgefressene Ebrisch-Beer wie- der ersetzen, und die krummen Schlin- gen einrichten. Und weil der irdische Fuchs die Thonen-Steige fleißig besuchet, nimmt man ein Flintgen, ihn anzubla- sen, daß er roth wird. Man fängt die [Spaltenumbruch]
Vögel auch mit Leimb, welcher von Ei- chen-Mistel-Beerlein gemachet wird, so man mit Wasser in einem Topff zwey Stunden siedet, und allzeit umbrühret, daß sie wie ein Brey werden. Man gies- set hierauff diesen Leimb in eine Schüssel mit frischem Wasser, rühret solchen wohl umb und vermenget ihn mit Lein-Oehl, Terpentin und Baum-Oehl oder Schmaltz, hält ihn über eine gelinde Gluth, daß sich alles vermische, weich und zehe werde. Tannen-Hartz ist auch gut, und gemeine Mistel-Beere von Kiefern oder Fichten, wegen ihrer Fettigkeit. Wann nun der Leimb zubereitet wor- den, werden Spillen von kleinen Höl- tzern geschnitzet, der Vogel-Leimb darauff gedrehet, und in ein Kästlein geleget. Wann man nun stellen will, und den Flug ebenfalls, wie bey dem Heerd, ge- mercket, auch daselbst gewöhnliche Lock- Vögel hin und wieder gesetzet, werden lange Stangen aussen an die Bäume ge- lehnet, und die Spillen eingestecket, daß sie überreichen; alsdann verbirget man sich in eine kleine Hütte von Laub oder Reiß, so wird man bald einige herzu- kommen und zufliegen sehen, die bald aus- sitzen, in Meynung, daß es dürre Aeste seyn, klebet es ihnen aber an die Beine und sie wollen dann fliegen, schlagen sie mit den Flügeln noch viel mehr ein, dann langet man die Stange herunter, leget solche in eine darzu eingesteckte Ga- bel, und nimmt den Vogel herab, säu- bert die Federn reinlich von Leimb-Spil- len, und richtet die Stange eyligst wie- der auff, dann kreucht man wieder in die Hütte. Es ist dieses eine recht lusti- ge Ubung, so mit dem grösten Vergnü- gen vorgenommen wird.
Raub-Vögel zu fangen.
[Spaltenumbruch]
Solche werden in Rinnen, Wänden, Schleiffen und mit Leimb-Ruthen gefan- gen. Die Rinnen sind leichte Netzgen, so über einen Hasen-Garns-Stock ge- stricket werden, sind ungefehr von 5. biß 56. Moschen in der Länge, und etwa 17. oder 18. in der Höhe, von gantz subtilem und festem Zwirn, und erdfarben gefär- bet, damit es der Raub-Vogel von fer- ne nicht sehen kan. Sie werden, wie ge- [Spaltenumbruch]
dacht, umb und umb mit einem Hasen- Zwirn über einen engen Strick-Stock umbstricket, und umb und umb an statt des Säumgens, so sonst in die andern Garn gehöhret, (wiewohl ein Ober- Säumlein auch nicht böse,) eingebörtelt. Dieser Netze werden unterschiedliche auf vier hohe Schweng-Gerten, dergleichen sonst zun Fisch-Angeln gebrauchet wer- den, gar leise in eine unter sich geschnit-
tene
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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
Vom Thonen-Fang und Vogel-Leimb.
[Spaltenumbruch]
Der Thonen-Fang oder das Schnei- ſen, welches hier zu Lande am gebraͤuch- lichſten, faͤnget ſich bald nach Jacobi an, wann die rothen Ebriſch-Beere, welche uͤberaus hell hervor blicken, reiff, jedoch nicht uͤberſtaͤndig, oder gar zu dunckel- roth werden; Und ſind zweyerley Tho- nen: Buͤgel- und Baſt-Thonen. Die Baſt-Thonen werden gekaufft, das Schock zu zwey Groſchen oder mit groſ- ſer Muͤhe gemachet: Die Buͤgel-Tho- nen aber werden alſo verfertiget: Nem- lich man ziehet oberhalb des Buͤgels vier Schlingen von Pferde-Haaren hin- durch, fuͤget Windhaare daran und hen- cket Ebriſch-Beer darunter. Wann nun der Vogel im Spriegel ſitzet, und nach den Beeren langet, ſtecket er den Halß durch die Schlingen, und ſo er fort flie- gen will, ziehet ſich die Schleiffe zu, daß er erwuͤrget, und daran hangen bleibet. Solcher Thonen-Steig iſt am nuͤtzlich- ſten in kleinen Feld-Buͤſchen, Thal und Gruͤnden, wo moͤglich an Waſſer-Baͤch- lein, auch iſt dieſer Thonen-Vogel-Fang meiſt vor Droſſeln oder Zippen, wann der Reiff faͤllet, und iſt die beſte Zeit hier- zu vierzehen Tage vor Michaelis, und ſo viel Tage hernach, denn der Ziemer faͤn- get ſich nicht, als nur die Zipp und klei- ne Voͤgel. Man muß des Morgens, da ſie ſich beym Nebel, Reiff, und Froſt am beſten fangen, ſolche nicht ſtoͤhren, ſon- dern umb 10. Uhr erſt hingehen. Die von kleinen Voͤgeln, Roth-Kehlichen oder Meiſen abgefreſſene Ebriſch-Beer wie- der erſetzen, und die krummen Schlin- gen einrichten. Und weil der irdiſche Fuchs die Thonen-Steige fleißig beſuchet, nimmt man ein Flintgen, ihn anzubla- ſen, daß er roth wird. Man faͤngt die [Spaltenumbruch]
Voͤgel auch mit Leimb, welcher von Ei- chen-Miſtel-Beerlein gemachet wird, ſo man mit Waſſer in einem Topff zwey Stunden ſiedet, und allzeit umbruͤhret, daß ſie wie ein Brey werden. Man gieſ- ſet hierauff dieſen Leimb in eine Schuͤſſel mit friſchem Waſſer, ruͤhret ſolchen wohl umb und vermenget ihn mit Lein-Oehl, Terpentin und Baum-Oehl oder Schmaltz, haͤlt ihn uͤber eine gelinde Gluth, daß ſich alles vermiſche, weich und zehe werde. Tannen-Hartz iſt auch gut, und gemeine Miſtel-Beere von Kiefern oder Fichten, wegen ihrer Fettigkeit. Wann nun der Leimb zubereitet wor- den, werden Spillen von kleinen Hoͤl- tzern geſchnitzet, der Vogel-Leimb darauff gedrehet, und in ein Kaͤſtlein geleget. Wann man nun ſtellen will, und den Flug ebenfalls, wie bey dem Heerd, ge- mercket, auch daſelbſt gewoͤhnliche Lock- Voͤgel hin und wieder geſetzet, werden lange Stangen auſſen an die Baͤume ge- lehnet, und die Spillen eingeſtecket, daß ſie uͤberreichen; alsdann verbirget man ſich in eine kleine Huͤtte von Laub oder Reiß, ſo wird man bald einige herzu- kommen und zufliegen ſehen, die bald auſ- ſitzen, in Meynung, daß es duͤrre Aeſte ſeyn, klebet es ihnen aber an die Beine und ſie wollen dann fliegen, ſchlagen ſie mit den Fluͤgeln noch viel mehr ein, dann langet man die Stange herunter, leget ſolche in eine darzu eingeſteckte Ga- bel, und nimmt den Vogel herab, ſaͤu- bert die Federn reinlich von Leimb-Spil- len, und richtet die Stange eyligſt wie- der auff, dann kreucht man wieder in die Huͤtte. Es iſt dieſes eine recht luſti- ge Ubung, ſo mit dem groͤſten Vergnuͤ- gen vorgenommen wird.
Raub-Voͤgel zu fangen.
[Spaltenumbruch]
Solche werden in Rinnen, Waͤnden, Schleiffen und mit Leimb-Ruthen gefan- gen. Die Rinnen ſind leichte Netzgen, ſo uͤber einen Haſen-Garns-Stock ge- ſtricket werden, ſind ungefehr von 5. biß 56. Moſchen in der Laͤnge, und etwa 17. oder 18. in der Hoͤhe, von gantz ſubtilem und feſtem Zwirn, und erdfarben gefaͤr- bet, damit es der Raub-Vogel von fer- ne nicht ſehen kan. Sie werden, wie ge- [Spaltenumbruch]
dacht, umb und umb mit einem Haſen- Zwirn uͤber einen engen Strick-Stock umbſtricket, und umb und umb an ſtatt des Saͤumgens, ſo ſonſt in die andern Garn gehoͤhret, (wiewohl ein Ober- Saͤumlein auch nicht boͤſe,) eingeboͤrtelt. Dieſer Netze werden unterſchiedliche auf vier hohe Schweng-Gerten, dergleichen ſonſt zun Fiſch-Angeln gebrauchet wer- den, gar leiſe in eine unter ſich geſchnit-
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[349/0519]
Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
Vom Thonen-Fang und Vogel-Leimb.
Der Thonen-Fang oder das Schnei-
ſen, welches hier zu Lande am gebraͤuch-
lichſten, faͤnget ſich bald nach Jacobi an,
wann die rothen Ebriſch-Beere, welche
uͤberaus hell hervor blicken, reiff, jedoch
nicht uͤberſtaͤndig, oder gar zu dunckel-
roth werden; Und ſind zweyerley Tho-
nen: Buͤgel- und Baſt-Thonen. Die
Baſt-Thonen werden gekaufft, das
Schock zu zwey Groſchen oder mit groſ-
ſer Muͤhe gemachet: Die Buͤgel-Tho-
nen aber werden alſo verfertiget: Nem-
lich man ziehet oberhalb des Buͤgels
vier Schlingen von Pferde-Haaren hin-
durch, fuͤget Windhaare daran und hen-
cket Ebriſch-Beer darunter. Wann nun
der Vogel im Spriegel ſitzet, und nach
den Beeren langet, ſtecket er den Halß
durch die Schlingen, und ſo er fort flie-
gen will, ziehet ſich die Schleiffe zu, daß er
erwuͤrget, und daran hangen bleibet.
Solcher Thonen-Steig iſt am nuͤtzlich-
ſten in kleinen Feld-Buͤſchen, Thal und
Gruͤnden, wo moͤglich an Waſſer-Baͤch-
lein, auch iſt dieſer Thonen-Vogel-Fang
meiſt vor Droſſeln oder Zippen, wann
der Reiff faͤllet, und iſt die beſte Zeit hier-
zu vierzehen Tage vor Michaelis, und ſo
viel Tage hernach, denn der Ziemer faͤn-
get ſich nicht, als nur die Zipp und klei-
ne Voͤgel. Man muß des Morgens, da
ſie ſich beym Nebel, Reiff, und Froſt am
beſten fangen, ſolche nicht ſtoͤhren, ſon-
dern umb 10. Uhr erſt hingehen. Die
von kleinen Voͤgeln, Roth-Kehlichen oder
Meiſen abgefreſſene Ebriſch-Beer wie-
der erſetzen, und die krummen Schlin-
gen einrichten. Und weil der irdiſche
Fuchs die Thonen-Steige fleißig beſuchet,
nimmt man ein Flintgen, ihn anzubla-
ſen, daß er roth wird. Man faͤngt die
Voͤgel auch mit Leimb, welcher von Ei-
chen-Miſtel-Beerlein gemachet wird, ſo
man mit Waſſer in einem Topff zwey
Stunden ſiedet, und allzeit umbruͤhret,
daß ſie wie ein Brey werden. Man gieſ-
ſet hierauff dieſen Leimb in eine Schuͤſſel
mit friſchem Waſſer, ruͤhret ſolchen wohl
umb und vermenget ihn mit Lein-Oehl,
Terpentin und Baum-Oehl oder
Schmaltz, haͤlt ihn uͤber eine gelinde
Gluth, daß ſich alles vermiſche, weich und
zehe werde. Tannen-Hartz iſt auch gut,
und gemeine Miſtel-Beere von Kiefern
oder Fichten, wegen ihrer Fettigkeit.
Wann nun der Leimb zubereitet wor-
den, werden Spillen von kleinen Hoͤl-
tzern geſchnitzet, der Vogel-Leimb darauff
gedrehet, und in ein Kaͤſtlein geleget.
Wann man nun ſtellen will, und den
Flug ebenfalls, wie bey dem Heerd, ge-
mercket, auch daſelbſt gewoͤhnliche Lock-
Voͤgel hin und wieder geſetzet, werden
lange Stangen auſſen an die Baͤume ge-
lehnet, und die Spillen eingeſtecket, daß
ſie uͤberreichen; alsdann verbirget man
ſich in eine kleine Huͤtte von Laub oder
Reiß, ſo wird man bald einige herzu-
kommen und zufliegen ſehen, die bald auſ-
ſitzen, in Meynung, daß es duͤrre Aeſte
ſeyn, klebet es ihnen aber an die Beine
und ſie wollen dann fliegen, ſchlagen ſie
mit den Fluͤgeln noch viel mehr ein,
dann langet man die Stange herunter,
leget ſolche in eine darzu eingeſteckte Ga-
bel, und nimmt den Vogel herab, ſaͤu-
bert die Federn reinlich von Leimb-Spil-
len, und richtet die Stange eyligſt wie-
der auff, dann kreucht man wieder in
die Huͤtte. Es iſt dieſes eine recht luſti-
ge Ubung, ſo mit dem groͤſten Vergnuͤ-
gen vorgenommen wird.
Raub-Voͤgel zu fangen.
Solche werden in Rinnen, Waͤnden,
Schleiffen und mit Leimb-Ruthen gefan-
gen. Die Rinnen ſind leichte Netzgen,
ſo uͤber einen Haſen-Garns-Stock ge-
ſtricket werden, ſind ungefehr von 5. biß
56. Moſchen in der Laͤnge, und etwa 17.
oder 18. in der Hoͤhe, von gantz ſubtilem
und feſtem Zwirn, und erdfarben gefaͤr-
bet, damit es der Raub-Vogel von fer-
ne nicht ſehen kan. Sie werden, wie ge-
dacht, umb und umb mit einem Haſen-
Zwirn uͤber einen engen Strick-Stock
umbſtricket, und umb und umb an ſtatt
des Saͤumgens, ſo ſonſt in die andern
Garn gehoͤhret, (wiewohl ein Ober-
Saͤumlein auch nicht boͤſe,) eingeboͤrtelt.
Dieſer Netze werden unterſchiedliche auf
vier hohe Schweng-Gerten, dergleichen
ſonſt zun Fiſch-Angeln gebrauchet wer-
den, gar leiſe in eine unter ſich geſchnit-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/519>, abgerufen am 28.11.2024.
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