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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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zur Jägerey gehörigen Materien.
[Spaltenumbruch] andern Tort zu thun, ohne Grund ange-
führet, oder der Eigenthums-Herr an
dem Gebrauch seines Holtzes allzusehr
gehindert werde, welches auch bißwei-
len zu geschehen pflegt.

§. 15.

Es müssen die Landes-Fürsten
das Wild nicht in so grosser Menge hee-
gen, damit den armen Unterthanen nicht
an ihrem Feldbau Nachtheil wiederfah-
re, und sie hierdurch untüchtig worden,
dem Herrn dasjenige, was sie ihrer Un-
terthanen Pflicht nach an Steuern und
Gaben abzutragen schuldig sind, zu ent-
richten. Diesemnach thun sie wohl, wenn
sie an den Orten, wo es sich sonderlich
in grosser Menge aufhält, entweder flei-
sige Jagen halten, oder es sonst wegschies-
sen. Es ist auch die gröste Billichkeit,
wenn sie den Unterthanen, die so sehr im
Wild-Schaden liegen, an ihren Con-
tribution
en so viel erlassen, als sie erweiß-
lich machen können, daß das Wild ihnen
an ihren Feld-Früchten abgefressen, oder
sie sich sonst wegen des continuirlichen
Wachens, um bey Tag und Nacht das
Wild abzuscheuchen, durch ihre Arbeit
hätten erwerben können. Denn da sie
durch die Verbothe des Jagens zu der
grossen Menge der wilden Thiere Gele-
genheit geben, so sind sie auch mit allem
Recht verbunden, den Schaden, so dem
Lande zuwächst, wiederum zu ersetzen,
und muß sich ein jeder Landes-Herr in
der Ausübung seiner Gerechtsamen so be-
zeugen, wie es die Pflicht eines vor das
Heyl seiner Unterthanen sorgenden Re-
gentens erfordert, das ist, er muß die
Unterthanen und ihre Güter beschützen,
und nicht beschädigen.

§. 16.

Es stehen zwar einige in den
Gedancken, als ob es eine allzu harte
Strafe wäre, wenn grosse Herrn die
Wild-Diebe, die sich an Fasanen und
anderem Wildpräth vergreiffen, entwe-
der an ihren Gliedmaassen verstümme-
len, oder gar ums Leben bringen lassen,
und meynen, es wäre gar keine Propor-
tion
zwischen dem Leben eines Men-
schen, und der Entwendung eines wil-
den Thieres. Allein der Scrupel solcher
Leute ist unzeitig, und unnöthig. Man
hat hierbey nicht sowohl die Proportion,
als vielmehr den muthwillig bezeugten
Ungehorsam und die freventliche Uber-
tretung der Landesfürstlichen Befehle in
Betrachtung zu ziehen, da die Wild-Die-
be wissen, daß eine so harte Straffe auf
diejenigen gesetzet, die sich an dem Wilde
[Spaltenumbruch] vergreiffen, sie also nicht aus Schwach-
heit und Ubereilung fehlen, sondern mit
Willen und gutem Vorbedacht in den
Wald gehen, sie auch keine Noth darzu
antreibet, sondern es gar leicht lassen
können, so haben sie eine so harte Strafe
Niemand, als sich selbst, zuzuschreiben.
Wenn ein Landes-Fürst bey Leib- und
Lebens-Straf verböthe, daß Niemand
aus seinem Lust-Garten eine Blume ab-
reissen solte, es käme aber einer, dem
doch dieses Verboth zur Gnüge bekant
wäre, und risse aus Boßheit und Fre-
vel eine Blume ab, und der Landes-Herr
ließ hernach die dictirte Todes-Strafe
an so einem Menschen vollstrecken, so
wäre auch dieses nicht einmahl vor un-
billich zu halten. Wenn man bey den
Strafen auf die Proportion sehen, und
den Principiis solcher Leute, die Zweifel
hierinnen erregen, nachgehen wolte, so
dürffte man keinen Dieb am Leben straf-
fen. Denn was ist doch wohl vor eine
Proportion zwischen dem Leben eines
Menschen, und zwischen hundert oder
tausend Thalern, oder, dem Carolinischen
Recht nach, gar zwischen fünff Ducaten.
Jnzwischen muß man, bevor man diese
harte Straffe exequirt, alle und jede
Umstände in gehörige Betrachtung zie-
hen. Es muß der Delinquent das Wild
nicht aus Noth erschossen haben, umb
sich des Hungers dadurch zu wehren,
auch nicht aus Furcht, weil ihm das Wild
etwan auf den Halß gekommen und er
sich gefürchtet, es mögte ihm Schaden
thun, sondern aus purem Frevel, und
auch vorher gewust haben, daß eine so
harte Strafe darauf gesetzt.

§. 17.

Ob nun gleich die Todes-Straf-
fe bey manchen Umständen an einem fre-
velhafften Wild-Diebe, welches doch in
Praxi auch gar selten geschehen wird, mit
allem Recht vollstrecket werden kan, so
sind doch alle die grausamen Arten des
Todes, da ein Mensch lange gemartert
wird, ehe er sein Leben endiget, die von
einigen unmenschlichen Jägern erson-
nen worden, vor barbarisch, tyrannisch,
und einem christlichen Landes-Fürsten
höchst unanständig zu achten: dahin sind
zu rechnen, wenn sie die Menschen le-
bendig auf die Hirsche anschmieden und
mit ihnen fortlaufen lassen, oder sie in
wilde Thier-Häute einnehen, und her-
nach die Hunde an sie hetzen, oder sie mit
wilden Thieren kämpfen lassen, und
andere Arten der Marter mehr.

§. 18.

zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien.
[Spaltenumbruch] andern Tort zu thun, ohne Grund ange-
fuͤhret, oder der Eigenthums-Herr an
dem Gebrauch ſeines Holtzes allzuſehr
gehindert werde, welches auch bißwei-
len zu geſchehen pflegt.

§. 15.

Es muͤſſen die Landes-Fuͤrſten
das Wild nicht in ſo groſſer Menge hee-
gen, damit den armen Unterthanen nicht
an ihrem Feldbau Nachtheil wiederfah-
re, und ſie hierdurch untuͤchtig worden,
dem Herrn dasjenige, was ſie ihrer Un-
terthanen Pflicht nach an Steuern und
Gaben abzutragen ſchuldig ſind, zu ent-
richten. Dieſemnach thun ſie wohl, wenn
ſie an den Orten, wo es ſich ſonderlich
in groſſer Menge aufhaͤlt, entweder flei-
ſige Jagen halten, oder es ſonſt wegſchieſ-
ſen. Es iſt auch die groͤſte Billichkeit,
wenn ſie den Unterthanen, die ſo ſehr im
Wild-Schaden liegen, an ihren Con-
tribution
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lich machen koͤnnen, daß das Wild ihnen
an ihren Feld-Fruͤchten abgefreſſen, oder
ſie ſich ſonſt wegen des continuirlichen
Wachens, um bey Tag und Nacht das
Wild abzuſcheuchen, durch ihre Arbeit
haͤtten erwerben koͤnnen. Denn da ſie
durch die Verbothe des Jagens zu der
groſſen Menge der wilden Thiere Gele-
genheit geben, ſo ſind ſie auch mit allem
Recht verbunden, den Schaden, ſo dem
Lande zuwaͤchſt, wiederum zu erſetzen,
und muß ſich ein jeder Landes-Herr in
der Ausuͤbung ſeiner Gerechtſamen ſo be-
zeugen, wie es die Pflicht eines vor das
Heyl ſeiner Unterthanen ſorgenden Re-
gentens erfordert, das iſt, er muß die
Unterthanen und ihre Guͤter beſchuͤtzen,
und nicht beſchaͤdigen.

§. 16.

Es ſtehen zwar einige in den
Gedancken, als ob es eine allzu harte
Strafe waͤre, wenn groſſe Herrn die
Wild-Diebe, die ſich an Faſanen und
anderem Wildpraͤth vergreiffen, entwe-
der an ihren Gliedmaaſſen verſtuͤmme-
len, oder gar ums Leben bringen laſſen,
und meynen, es waͤre gar keine Propor-
tion
zwiſchen dem Leben eines Men-
ſchen, und der Entwendung eines wil-
den Thieres. Allein der Scrupel ſolcher
Leute iſt unzeitig, und unnoͤthig. Man
hat hierbey nicht ſowohl die Proportion,
als vielmehr den muthwillig bezeugten
Ungehorſam und die freventliche Uber-
tretung der Landesfuͤrſtlichen Befehle in
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be wiſſen, daß eine ſo harte Straffe auf
diejenigen geſetzet, die ſich an dem Wilde
[Spaltenumbruch] vergreiffen, ſie alſo nicht aus Schwach-
heit und Ubereilung fehlen, ſondern mit
Willen und gutem Vorbedacht in den
Wald gehen, ſie auch keine Noth darzu
antreibet, ſondern es gar leicht laſſen
koͤnnen, ſo haben ſie eine ſo harte Strafe
Niemand, als ſich ſelbſt, zuzuſchreiben.
Wenn ein Landes-Fuͤrſt bey Leib- und
Lebens-Straf verboͤthe, daß Niemand
aus ſeinem Luſt-Garten eine Blume ab-
reiſſen ſolte, es kaͤme aber einer, dem
doch dieſes Verboth zur Gnuͤge bekant
waͤre, und riſſe aus Boßheit und Fre-
vel eine Blume ab, und der Landes-Herr
ließ hernach die dictirte Todes-Strafe
an ſo einem Menſchen vollſtrecken, ſo
waͤre auch dieſes nicht einmahl vor un-
billich zu halten. Wenn man bey den
Strafen auf die Proportion ſehen, und
den Principiis ſolcher Leute, die Zweifel
hierinnen erregen, nachgehen wolte, ſo
duͤrffte man keinen Dieb am Leben ſtraf-
fen. Denn was iſt doch wohl vor eine
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Menſchen, und zwiſchen hundert oder
tauſend Thalern, oder, dem Caroliniſchen
Recht nach, gar zwiſchen fuͤnff Ducaten.
Jnzwiſchen muß man, bevor man dieſe
harte Straffe exequirt, alle und jede
Umſtaͤnde in gehoͤrige Betrachtung zie-
hen. Es muß der Delinquent das Wild
nicht aus Noth erſchoſſen haben, umb
ſich des Hungers dadurch zu wehren,
auch nicht aus Furcht, weil ihm das Wild
etwan auf den Halß gekommen und er
ſich gefuͤrchtet, es moͤgte ihm Schaden
thun, ſondern aus purem Frevel, und
auch vorher gewuſt haben, daß eine ſo
harte Strafe darauf geſetzt.

§. 17.

Ob nun gleich die Todes-Straf-
fe bey manchen Umſtaͤnden an einem fre-
velhafften Wild-Diebe, welches doch in
Praxi auch gar ſelten geſchehen wird, mit
allem Recht vollſtrecket werden kan, ſo
ſind doch alle die grauſamen Arten des
Todes, da ein Menſch lange gemartert
wird, ehe er ſein Leben endiget, die von
einigen unmenſchlichen Jaͤgern erſon-
nen worden, vor barbariſch, tyranniſch,
und einem chriſtlichen Landes-Fuͤrſten
hoͤchſt unanſtaͤndig zu achten: dahin ſind
zu rechnen, wenn ſie die Menſchen le-
bendig auf die Hirſche anſchmieden und
mit ihnen fortlaufen laſſen, oder ſie in
wilde Thier-Haͤute einnehen, und her-
nach die Hunde an ſie hetzen, oder ſie mit
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andere Arten der Marter mehr.

§. 18.
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/581>, abgerufen am 22.11.2024.