Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Des Ersten Th. 29. C. vom Klaffter-schlagen. 30. C. vom Ziegen-Vieh.
[Spaltenumbruch] Höhe gehalten werde; Auf welche Art
derjenige, so die Scheite in Empfang nimmt,
an ieder Klaffter eine Viertel Elle zu nie-
drig bekommt, welches allezeit die zwölff-
te Klaffter, und alsofort das zwölffte
Hundert Klaffter-Scheite beträgt, son-
dern es muß an dergleichen Bergen das
Maaß winckelrecht angehalten, das ist,
wie die Klaffter schräge stehet, also auch das
Maaß gehalten werden, welches, wenn
man ein Winckel-Eisen unten an die
Klaffter hält, man am allerrichtigsten ha-
ben kan. S. des Herrn von Göchhausen
Notabilia Venatorum, p. 248. & 250.

§. 2.

Es hat ein Forst-Bedienter,
wenn er seiner Herrschafft treu und red-
lich vorstehen will, bey dem Klaffter-schla-
gen wohl zu überlegen, wie sein ihm an-
vertrautes Refier am Holtze beschaffen,
ob viel oder wenig, starckes oder schwa-
ches Holtz darinnen zu finden, ob die Bäu-
me frisch und nutzbar zum Bauen, oder
aber alt, faul und morsch, und zu nichts,
als zum Feuerwerck dienen, ob auch guter
Abgang vom Holtze, und daß es theuer ge-
nung bezahlet wird, daß man es vergessen
kan, oder ob mans gar zu wohlfeil weglas-
sen muß, da man besser thut, daß man es
noch einige Jahre stehen lässet, biß es an-
genehmer wird. Er muß ferner auch
wohl bemercken, ob das Holtz starck ge-
wachsen, daß man aus einem Baum 2.
biß 3. oder auch gar 5. biß 6. Klafftern
schlagen kan, oder ob man zu einer Klaff-
ter unterschiedene Stämme haben müsse.
Hat man zuweilen Stämme darunter,
die einige Klafftern geben, so kan man
auch schon was übriges wagen, weil ein
Stamm eben nicht gar zu grossen Raum
wegnimmt. Wo man aber in eine Klaff-
ter ein sieben biß acht Stämme nehmen
muß, da mercket man es eher, und der
Platz des Waldes wird alsdenn zu lichte.

§. 3.

Es sey ein Wald so groß und
so weitläufftig, als er nur immer wolle,
so kan doch derselbe durch unverständige
und unachtsame Forst-Bedienten in 20.
oder 30. Jahren so ruiniret werden, daß
in solchen leeren Plätzen hernach nichts,
als Stöcke, und wenns hoch kömmt, klein
Gestrippig zu sehen ist; Soll er aber in
vorigen Stand kommen, so gehören wohl
100. und bißweilen noch mehr Jahre da-
zu, es wäre denn, daß einer nur bloß ein
solch Dickigt anlegen wolte, wo das Wild-
präth wechseln solte. Denn dieses kan in
kurtzer Zeit in die Höhe schiessen.

[Spaltenumbruch]
Das 30. Capitel/
Von dem Ziegen-Vieh.
§. 1.

Das Ziegen-Vieh verursacht in den
Gehöltzen einen sehr grossen Scha-
den, sonderlich an dem jungen Holtze, und
ist ihr Gebiß gleichsam wie vergifftet; das
Holtz stocket hernachmahls im Wachs-
thum, und verwindet den Biß sehr selten.
Diesemnach ist in allen Forst- und Wald-
Ordnungen bey Strafe verbothen, daß
niemand die Ziegen in den Wäldern soll
frey herum lauffen lassen, es wäre denn,
daß sie an Stricken geleitet, und an einen
gewissen Platz angepflöckt würden. Sie
werde insgemein in dem Ertzgebürge, wo
man deren in grosser Menge hat, mit hellen
Glöckgen versehen, damit sie nicht in den
Bergen und Wäldern verlohren gehen.
Jn dem Stalle werden sie mit abgestreif-
feltem Laube gefüttert, welches ihnen
aber nicht so gut zuschläget, als das Fut-
ter, so sie von der Weyde selbst fressen. Es
ist sonsten ein gar nutzbares Thier, und
thut den armen Bauers-Leuten, so nicht
vermögend sind, eine Kuh zu halten, gar
gute Dienste. Die Ziegen-Milch ist ge-
sund zum Trincken, von den Ziegen-Mol-
cken werden die Ziegen-Käse gemacht,
und das Fleisch von den jungen Ziegen ist
eine gar gute Speise. So kan man sie
auch in der Artzeney gar wohl gebrauchen.
Die Ziegen-Butter kömmt denen, die mit
der Schwindsucht behafftet, trefflich zu
statten. Jhr Unschlitt dienet zu allen Bis-
sen und Verletzungen; angestrichen mit
Honig vermischt, benimmt es die Blat-
tern, so in der Nacht schwären; dasselbige
in die Ohren geträufft, heilet die Taub-
heit. Jhre Käse stillen das Stechen und
Schmertzen, dieselbigen drauf gelegt.
Wenn man ihre Haare brennet, und dar-
an riechet, so stillet dieses die Haupt-Flüs-
se. Jhre Klauen gebrannt, mit weichem
Pech vermischt und angestrichen, heilen
das Haar-ausfallen. Jhre Milch ge-
truncken, tödtet die Würmer. Ziegen-
Horn gebrannt, und weiß gemacht, rei-
niget die Zähne sehr fein, macht das Zahn-
Fleisch feste, und stillet des aufgelauffenen
Zahn-Fleisches Schmertzen.

Das 31. Capitel/
Von erlaubten Holtz-Tagen/
das Lager-Holtz zu lesen.
§. 1. An

Des Erſten Th. 29. C. vom Klaffter-ſchlagen. 30. C. vom Ziegen-Vieh.
[Spaltenumbruch] Hoͤhe gehalten werde; Auf welche Art
derjenige, ſo die Scheite in Empfang nim̃t,
an ieder Klaffter eine Viertel Elle zu nie-
drig bekommt, welches allezeit die zwoͤlff-
te Klaffter, und alſofort das zwoͤlffte
Hundert Klaffter-Scheite betraͤgt, ſon-
dern es muß an dergleichen Bergen das
Maaß winckelrecht angehalten, das iſt,
wie die Klaffter ſchraͤge ſtehet, alſo auch das
Maaß gehalten werden, welches, wenn
man ein Winckel-Eiſen unten an die
Klaffter haͤlt, man am allerrichtigſten ha-
ben kan. S. des Herrn von Goͤchhauſen
Notabilia Venatorum, p. 248. & 250.

§. 2.

Es hat ein Forſt-Bedienter,
wenn er ſeiner Herrſchafft treu und red-
lich vorſtehen will, bey dem Klaffter-ſchla-
gen wohl zu uͤberlegen, wie ſein ihm an-
vertrautes Refier am Holtze beſchaffen,
ob viel oder wenig, ſtarckes oder ſchwa-
ches Holtz darinnen zu finden, ob die Baͤu-
me friſch und nutzbar zum Bauen, oder
aber alt, faul und morſch, und zu nichts,
als zum Feuerwerck dienen, ob auch guter
Abgang vom Holtze, und daß es theuer ge-
nung bezahlet wird, daß man es vergeſſen
kan, oder ob mans gar zu wohlfeil weglaſ-
ſen muß, da man beſſer thut, daß man es
noch einige Jahre ſtehen laͤſſet, biß es an-
genehmer wird. Er muß ferner auch
wohl bemercken, ob das Holtz ſtarck ge-
wachſen, daß man aus einem Baum 2.
biß 3. oder auch gar 5. biß 6. Klafftern
ſchlagen kan, oder ob man zu einer Klaff-
ter unterſchiedene Staͤmme haben muͤſſe.
Hat man zuweilen Staͤmme darunter,
die einige Klafftern geben, ſo kan man
auch ſchon was uͤbriges wagen, weil ein
Stamm eben nicht gar zu groſſen Raum
wegnimmt. Wo man aber in eine Klaff-
ter ein ſieben biß acht Staͤmme nehmen
muß, da mercket man es eher, und der
Platz des Waldes wird alsdenn zu lichte.

§. 3.

Es ſey ein Wald ſo groß und
ſo weitlaͤufftig, als er nur immer wolle,
ſo kan doch derſelbe durch unverſtaͤndige
und unachtſame Forſt-Bedienten in 20.
oder 30. Jahren ſo ruiniret werden, daß
in ſolchen leeren Plaͤtzen hernach nichts,
als Stoͤcke, und wenns hoch koͤmmt, klein
Geſtrippig zu ſehen iſt; Soll er aber in
vorigen Stand kommen, ſo gehoͤren wohl
100. und bißweilen noch mehr Jahre da-
zu, es waͤre denn, daß einer nur bloß ein
ſolch Dickigt anlegen wolte, wo das Wild-
praͤth wechſeln ſolte. Denn dieſes kan in
kurtzer Zeit in die Hoͤhe ſchieſſen.

[Spaltenumbruch]
Das 30. Capitel/
Von dem Ziegen-Vieh.
§. 1.

Das Ziegen-Vieh verurſacht in den
Gehoͤltzen einen ſehr groſſen Scha-
den, ſonderlich an dem jungen Holtze, und
iſt ihr Gebiß gleichſam wie vergifftet; das
Holtz ſtocket hernachmahls im Wachs-
thum, und verwindet den Biß ſehr ſelten.
Dieſemnach iſt in allen Forſt- und Wald-
Ordnungen bey Strafe verbothen, daß
niemand die Ziegen in den Waͤldern ſoll
frey herum lauffen laſſen, es waͤre denn,
daß ſie an Stricken geleitet, und an einen
gewiſſen Platz angepfloͤckt wuͤrden. Sie
werde insgemein in dem Ertzgebuͤrge, wo
man deren in groſſeꝛ Menge hat, mit hellen
Gloͤckgen verſehen, damit ſie nicht in den
Bergen und Waͤldern verlohren gehen.
Jn dem Stalle werden ſie mit abgeſtreif-
feltem Laube gefuͤttert, welches ihnen
aber nicht ſo gut zuſchlaͤget, als das Fut-
ter, ſo ſie von der Weyde ſelbſt freſſen. Es
iſt ſonſten ein gar nutzbares Thier, und
thut den armen Bauers-Leuten, ſo nicht
vermoͤgend ſind, eine Kuh zu halten, gar
gute Dienſte. Die Ziegen-Milch iſt ge-
ſund zum Trincken, von den Ziegen-Mol-
cken werden die Ziegen-Kaͤſe gemacht,
und das Fleiſch von den jungen Ziegen iſt
eine gar gute Speiſe. So kan man ſie
auch in der Artzeney gar wohl gebrauchen.
Die Ziegen-Butter koͤmmt denen, die mit
der Schwindſucht behafftet, trefflich zu
ſtatten. Jhr Unſchlitt dienet zu allen Biſ-
ſen und Verletzungen; angeſtrichen mit
Honig vermiſcht, benimmt es die Blat-
tern, ſo in der Nacht ſchwaͤren; daſſelbige
in die Ohren getraͤufft, heilet die Taub-
heit. Jhre Kaͤſe ſtillen das Stechen und
Schmertzen, dieſelbigen drauf gelegt.
Wenn man ihre Haare brennet, und dar-
an riechet, ſo ſtillet dieſes die Haupt-Fluͤſ-
ſe. Jhre Klauen gebrannt, mit weichem
Pech vermiſcht und angeſtrichen, heilen
das Haar-ausfallen. Jhre Milch ge-
truncken, toͤdtet die Wuͤrmer. Ziegen-
Horn gebrannt, und weiß gemacht, rei-
niget die Zaͤhne ſehr fein, macht das Zahn-
Fleiſch feſte, und ſtillet des aufgelauffenen
Zahn-Fleiſches Schmertzen.

Das 31. Capitel/
Von erlaubten Holtz-Tagen/
das Lager-Holtz zu leſen.
§. 1. An
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0110" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Er&#x017F;ten Th. 29. C. vom Klaffter-&#x017F;chlagen. 30. C. vom Ziegen-Vieh.</hi></fw><lb/><cb/>
Ho&#x0364;he gehalten werde; Auf welche Art<lb/>
derjenige, &#x017F;o die Scheite in Empfang nim&#x0303;t,<lb/>
an ieder Klaffter eine Viertel Elle zu nie-<lb/>
drig bekommt, welches allezeit die zwo&#x0364;lff-<lb/>
te Klaffter, und al&#x017F;ofort das zwo&#x0364;lffte<lb/>
Hundert Klaffter-Scheite betra&#x0364;gt, &#x017F;on-<lb/>
dern es muß an dergleichen Bergen das<lb/>
Maaß winckelrecht angehalten, das i&#x017F;t,<lb/>
wie die Klaffter &#x017F;chra&#x0364;ge &#x017F;tehet, al&#x017F;o auch das<lb/>
Maaß gehalten werden, welches, wenn<lb/>
man ein Winckel-Ei&#x017F;en unten an die<lb/>
Klaffter ha&#x0364;lt, man am allerrichtig&#x017F;ten ha-<lb/>
ben kan. S. des Herrn von Go&#x0364;chhau&#x017F;en<lb/><hi rendition="#aq">Notabilia Venatorum, p. 248. &amp;</hi> 250.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.</head>
            <p>Es hat ein For&#x017F;t-Bedienter,<lb/>
wenn er &#x017F;einer Herr&#x017F;chafft treu und red-<lb/>
lich vor&#x017F;tehen will, bey dem Klaffter-&#x017F;chla-<lb/>
gen wohl zu u&#x0364;berlegen, wie &#x017F;ein ihm an-<lb/>
vertrautes Refier am Holtze be&#x017F;chaffen,<lb/>
ob viel oder wenig, &#x017F;tarckes oder &#x017F;chwa-<lb/>
ches Holtz darinnen zu finden, ob die Ba&#x0364;u-<lb/>
me fri&#x017F;ch und nutzbar zum Bauen, oder<lb/>
aber alt, faul und mor&#x017F;ch, und zu nichts,<lb/>
als zum Feuerwerck dienen, ob auch guter<lb/>
Abgang vom Holtze, und daß es theuer ge-<lb/>
nung bezahlet wird, daß man es verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kan, oder ob mans gar zu wohlfeil wegla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en muß, da man be&#x017F;&#x017F;er thut, daß man es<lb/>
noch einige Jahre &#x017F;tehen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, biß es an-<lb/>
genehmer wird. Er muß ferner auch<lb/>
wohl bemercken, ob das Holtz &#x017F;tarck ge-<lb/>
wach&#x017F;en, daß man aus einem Baum 2.<lb/>
biß 3. oder auch gar 5. biß 6. Klafftern<lb/>
&#x017F;chlagen kan, oder ob man zu einer Klaff-<lb/>
ter unter&#x017F;chiedene Sta&#x0364;mme haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
Hat man zuweilen Sta&#x0364;mme darunter,<lb/>
die einige Klafftern geben, &#x017F;o kan man<lb/>
auch &#x017F;chon was u&#x0364;briges wagen, weil ein<lb/>
Stamm eben nicht gar zu gro&#x017F;&#x017F;en Raum<lb/>
wegnimmt. Wo man aber in eine Klaff-<lb/>
ter ein &#x017F;ieben biß acht Sta&#x0364;mme nehmen<lb/>
muß, da mercket man es eher, und der<lb/>
Platz des Waldes wird alsdenn zu lichte.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 3.</head>
            <p>Es &#x017F;ey ein Wald &#x017F;o groß und<lb/>
&#x017F;o weitla&#x0364;ufftig, als er nur immer wolle,<lb/>
&#x017F;o kan doch der&#x017F;elbe durch unver&#x017F;ta&#x0364;ndige<lb/>
und unacht&#x017F;ame For&#x017F;t-Bedienten in 20.<lb/>
oder 30. Jahren &#x017F;o <hi rendition="#aq">ruini</hi>ret werden, daß<lb/>
in &#x017F;olchen leeren Pla&#x0364;tzen hernach nichts,<lb/>
als Sto&#x0364;cke, und wenns hoch ko&#x0364;mmt, klein<lb/>
Ge&#x017F;trippig zu &#x017F;ehen i&#x017F;t; Soll er aber in<lb/>
vorigen Stand kommen, &#x017F;o geho&#x0364;ren wohl<lb/>
100. und bißweilen noch mehr Jahre da-<lb/>
zu, es wa&#x0364;re denn, daß einer nur bloß ein<lb/>
&#x017F;olch Dickigt anlegen wolte, wo das Wild-<lb/>
pra&#x0364;th wech&#x017F;eln &#x017F;olte. Denn die&#x017F;es kan in<lb/>
kurtzer Zeit in die Ho&#x0364;he &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <cb/>
          </div>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das 30. Capitel/<lb/>
Von dem Ziegen-Vieh.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>as Ziegen-Vieh verur&#x017F;acht in den<lb/>
Geho&#x0364;ltzen einen &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;en Scha-<lb/>
den, &#x017F;onderlich an dem jungen Holtze, und<lb/>
i&#x017F;t ihr Gebiß gleich&#x017F;am wie vergifftet; das<lb/>
Holtz &#x017F;tocket hernachmahls im Wachs-<lb/>
thum, und verwindet den Biß &#x017F;ehr &#x017F;elten.<lb/>
Die&#x017F;emnach i&#x017F;t in allen For&#x017F;t- und Wald-<lb/>
Ordnungen bey Strafe verbothen, daß<lb/>
niemand die Ziegen in den Wa&#x0364;ldern &#x017F;oll<lb/>
frey herum lauffen la&#x017F;&#x017F;en, es wa&#x0364;re denn,<lb/>
daß &#x017F;ie an Stricken geleitet, und an einen<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Platz angepflo&#x0364;ckt wu&#x0364;rden. Sie<lb/>
werde insgemein in dem Ertzgebu&#x0364;rge, wo<lb/>
man deren in gro&#x017F;&#x017F;e&#xA75B; Menge hat, mit hellen<lb/>
Glo&#x0364;ckgen ver&#x017F;ehen, damit &#x017F;ie nicht in den<lb/>
Bergen und Wa&#x0364;ldern verlohren gehen.<lb/>
Jn dem Stalle werden &#x017F;ie mit abge&#x017F;treif-<lb/>
feltem Laube gefu&#x0364;ttert, welches ihnen<lb/>
aber nicht &#x017F;o gut zu&#x017F;chla&#x0364;get, als das Fut-<lb/>
ter, &#x017F;o &#x017F;ie von der Weyde &#x017F;elb&#x017F;t fre&#x017F;&#x017F;en. Es<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;on&#x017F;ten ein gar nutzbares Thier, und<lb/>
thut den armen Bauers-Leuten, &#x017F;o nicht<lb/>
vermo&#x0364;gend &#x017F;ind, eine Kuh zu halten, gar<lb/>
gute Dien&#x017F;te. Die Ziegen-Milch i&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;und zum Trincken, von den Ziegen-Mol-<lb/>
cken werden die Ziegen-Ka&#x0364;&#x017F;e gemacht,<lb/>
und das Flei&#x017F;ch von den jungen Ziegen i&#x017F;t<lb/>
eine gar gute Spei&#x017F;e. So kan man &#x017F;ie<lb/>
auch in der Artzeney gar wohl gebrauchen.<lb/>
Die Ziegen-Butter ko&#x0364;mmt denen, die mit<lb/>
der Schwind&#x017F;ucht behafftet, trefflich zu<lb/>
&#x017F;tatten. Jhr Un&#x017F;chlitt dienet zu allen Bi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en und Verletzungen; ange&#x017F;trichen mit<lb/>
Honig vermi&#x017F;cht, benimmt es die Blat-<lb/>
tern, &#x017F;o in der Nacht &#x017F;chwa&#x0364;ren; da&#x017F;&#x017F;elbige<lb/>
in die Ohren getra&#x0364;ufft, heilet die Taub-<lb/>
heit. Jhre Ka&#x0364;&#x017F;e &#x017F;tillen das Stechen und<lb/>
Schmertzen, die&#x017F;elbigen drauf gelegt.<lb/>
Wenn man ihre Haare brennet, und dar-<lb/>
an riechet, &#x017F;o &#x017F;tillet die&#x017F;es die Haupt-Flu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e. Jhre Klauen gebrannt, mit weichem<lb/>
Pech vermi&#x017F;cht und ange&#x017F;trichen, heilen<lb/>
das Haar-ausfallen. Jhre Milch ge-<lb/>
truncken, to&#x0364;dtet die Wu&#x0364;rmer. Ziegen-<lb/>
Horn gebrannt, und weiß gemacht, rei-<lb/>
niget die Za&#x0364;hne &#x017F;ehr fein, macht das Zahn-<lb/>
Flei&#x017F;ch fe&#x017F;te, und &#x017F;tillet des aufgelauffenen<lb/>
Zahn-Flei&#x017F;ches Schmertzen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das 31. Capitel/<lb/>
Von erlaubten Holtz-Tagen/<lb/>
das Lager-Holtz zu le&#x017F;en.</hi> </head><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 1. An</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0110] Des Erſten Th. 29. C. vom Klaffter-ſchlagen. 30. C. vom Ziegen-Vieh. Hoͤhe gehalten werde; Auf welche Art derjenige, ſo die Scheite in Empfang nim̃t, an ieder Klaffter eine Viertel Elle zu nie- drig bekommt, welches allezeit die zwoͤlff- te Klaffter, und alſofort das zwoͤlffte Hundert Klaffter-Scheite betraͤgt, ſon- dern es muß an dergleichen Bergen das Maaß winckelrecht angehalten, das iſt, wie die Klaffter ſchraͤge ſtehet, alſo auch das Maaß gehalten werden, welches, wenn man ein Winckel-Eiſen unten an die Klaffter haͤlt, man am allerrichtigſten ha- ben kan. S. des Herrn von Goͤchhauſen Notabilia Venatorum, p. 248. & 250. §. 2. Es hat ein Forſt-Bedienter, wenn er ſeiner Herrſchafft treu und red- lich vorſtehen will, bey dem Klaffter-ſchla- gen wohl zu uͤberlegen, wie ſein ihm an- vertrautes Refier am Holtze beſchaffen, ob viel oder wenig, ſtarckes oder ſchwa- ches Holtz darinnen zu finden, ob die Baͤu- me friſch und nutzbar zum Bauen, oder aber alt, faul und morſch, und zu nichts, als zum Feuerwerck dienen, ob auch guter Abgang vom Holtze, und daß es theuer ge- nung bezahlet wird, daß man es vergeſſen kan, oder ob mans gar zu wohlfeil weglaſ- ſen muß, da man beſſer thut, daß man es noch einige Jahre ſtehen laͤſſet, biß es an- genehmer wird. Er muß ferner auch wohl bemercken, ob das Holtz ſtarck ge- wachſen, daß man aus einem Baum 2. biß 3. oder auch gar 5. biß 6. Klafftern ſchlagen kan, oder ob man zu einer Klaff- ter unterſchiedene Staͤmme haben muͤſſe. Hat man zuweilen Staͤmme darunter, die einige Klafftern geben, ſo kan man auch ſchon was uͤbriges wagen, weil ein Stamm eben nicht gar zu groſſen Raum wegnimmt. Wo man aber in eine Klaff- ter ein ſieben biß acht Staͤmme nehmen muß, da mercket man es eher, und der Platz des Waldes wird alsdenn zu lichte. §. 3. Es ſey ein Wald ſo groß und ſo weitlaͤufftig, als er nur immer wolle, ſo kan doch derſelbe durch unverſtaͤndige und unachtſame Forſt-Bedienten in 20. oder 30. Jahren ſo ruiniret werden, daß in ſolchen leeren Plaͤtzen hernach nichts, als Stoͤcke, und wenns hoch koͤmmt, klein Geſtrippig zu ſehen iſt; Soll er aber in vorigen Stand kommen, ſo gehoͤren wohl 100. und bißweilen noch mehr Jahre da- zu, es waͤre denn, daß einer nur bloß ein ſolch Dickigt anlegen wolte, wo das Wild- praͤth wechſeln ſolte. Denn dieſes kan in kurtzer Zeit in die Hoͤhe ſchieſſen. Das 30. Capitel/ Von dem Ziegen-Vieh. §. 1. Das Ziegen-Vieh verurſacht in den Gehoͤltzen einen ſehr groſſen Scha- den, ſonderlich an dem jungen Holtze, und iſt ihr Gebiß gleichſam wie vergifftet; das Holtz ſtocket hernachmahls im Wachs- thum, und verwindet den Biß ſehr ſelten. Dieſemnach iſt in allen Forſt- und Wald- Ordnungen bey Strafe verbothen, daß niemand die Ziegen in den Waͤldern ſoll frey herum lauffen laſſen, es waͤre denn, daß ſie an Stricken geleitet, und an einen gewiſſen Platz angepfloͤckt wuͤrden. Sie werde insgemein in dem Ertzgebuͤrge, wo man deren in groſſeꝛ Menge hat, mit hellen Gloͤckgen verſehen, damit ſie nicht in den Bergen und Waͤldern verlohren gehen. Jn dem Stalle werden ſie mit abgeſtreif- feltem Laube gefuͤttert, welches ihnen aber nicht ſo gut zuſchlaͤget, als das Fut- ter, ſo ſie von der Weyde ſelbſt freſſen. Es iſt ſonſten ein gar nutzbares Thier, und thut den armen Bauers-Leuten, ſo nicht vermoͤgend ſind, eine Kuh zu halten, gar gute Dienſte. Die Ziegen-Milch iſt ge- ſund zum Trincken, von den Ziegen-Mol- cken werden die Ziegen-Kaͤſe gemacht, und das Fleiſch von den jungen Ziegen iſt eine gar gute Speiſe. So kan man ſie auch in der Artzeney gar wohl gebrauchen. Die Ziegen-Butter koͤmmt denen, die mit der Schwindſucht behafftet, trefflich zu ſtatten. Jhr Unſchlitt dienet zu allen Biſ- ſen und Verletzungen; angeſtrichen mit Honig vermiſcht, benimmt es die Blat- tern, ſo in der Nacht ſchwaͤren; daſſelbige in die Ohren getraͤufft, heilet die Taub- heit. Jhre Kaͤſe ſtillen das Stechen und Schmertzen, dieſelbigen drauf gelegt. Wenn man ihre Haare brennet, und dar- an riechet, ſo ſtillet dieſes die Haupt-Fluͤſ- ſe. Jhre Klauen gebrannt, mit weichem Pech vermiſcht und angeſtrichen, heilen das Haar-ausfallen. Jhre Milch ge- truncken, toͤdtet die Wuͤrmer. Ziegen- Horn gebrannt, und weiß gemacht, rei- niget die Zaͤhne ſehr fein, macht das Zahn- Fleiſch feſte, und ſtillet des aufgelauffenen Zahn-Fleiſches Schmertzen. Das 31. Capitel/ Von erlaubten Holtz-Tagen/ das Lager-Holtz zu leſen. §. 1. An

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/110
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/110>, abgerufen am 22.12.2024.