Des Andern Th. 30. C. vom Caninichen-Fleisch. 31. C. von den Jgeln.
[Spaltenumbruch]
§. 1.
Daß die Caninichen zur Speise mit ge- braucht werden, ist bekandt. Doch sind sie in Teutschland nicht so gänge, als etwan in Holland oder Franckreich. Die wilden sind viel gesünder und schmackhaff- ter, als die zahmen, indem sie nicht so viel Unreinigkeiten bey sich führen sollen. Die wilden kan man an der Farbe, an dem Geruch und Geschmack unterscheiden. Sie haben einen Geschmack fast wie die jungen Hüner; man brätet oder fricassi- ret sie, oder schlägt sie in eine Pastete; man pflegt gerne etwas Knoblauch in die Brü- he zu thun. Die jungen Caninichen sind eben wie die Hasen, weit zärter und bes- ser, als die eines Jahres alt, ie älter, ie här- ter. Den jungen Caninichen schreiben einige die Tugend zu, daß sie sehr gute Nahrung gäben, und die bösen Feuchtig- keiten in dem Magen verzehreten; doch sollen sie gebraten gesünder seyn, als gekocht.
§. 2.
In den Apothecken hat man von den Caninichen 1) das gantze Thierlein verbrandt, 2) das Fett, 3) das Gehirn. Das gantze verbrandte Thiergen ist gut vor die Entzündung des Halses, wenn mans mit einem Kästen-Blatt überlegt; Das Fett ist vor die Nerven und Gelen- cke; Das Gehirn soll dem Gifft wider- stehen, sonsten kommt es mit des Hasen seinem überein.
Das 31. Capitel/ Von denen Jgeln.
§. 1.
Die Jgel gleichen den Dächsen in vie- len Stücken, sie suchen ihre Nahrung im Obst, Gewürme, und dergleichen, des Nachts, wie die Dächse. Die Dächse su- chen sie an grössern Gewürme, bey Krö- ten, Fröschen, Molchen; die Jgel aber in kleinen geflügelten Insectis, als Käfern, und was sich im Grase aufzuhalten und zu kriechen pflegt, wie solches ihre Gän- ge der Gegend, als in Hecken der Gärten, wo sie sich gerne zu halten pflegen, nebst ihrer Losung zur Gnüge anzeigen, indem die ordentlichen Fuß-Pfade durchs Graß sie bald verrathen. Es ist auch die Ge- stalt des Jgels dem Dachse sehr gleich, immassen er die Fährde im Fortlauffen so formiret, auch den Tag, wie der Dachs, scheuet; doch wird dem Jgel zugeschrie- ben, daß er des Nachts seine Nahrung nach Proportion seiner Grösse und Ohn- [Spaltenumbruch]
macht am weitesten suche, denn er bey an- brechendem Morgen Sommers-Zeit aus denen weitesten Feldern zu Holtz oder zur Hecke eilend den Weydemann manch- mahl betreugt.
§. 2.
Es trägt der Jgel nichts in der Herbst-Zeit zur Nahrung ein, denn er zehret so wohl von seinem Leibe, als der Dachs; doch hat man offters wahrgenom- men, daß Anfangs des Winters etwas, wiewohl wenig und unzulängliches Obst in seinem Lager gelegen, aber doch bey weitem nicht in solcher Quantität, daß es durch den Winter hätte dauren können, sondern es zeiget des Jgels Fettigkeit im Eingange, und Magerkeit im Ausgange des Winters, daß sie den Schlüssel zum Brod-Schranck verlohren gehabt.
§. 3.
Wenn der Jgel seine Heck-Zeit vermerckt, so leget er an einem dicken Zaun oder an dem Gesträuch einen Bal- len zermalmetes dürres Graß zusam- men, worein er denn gemeiniglich seine 4. 6. biß 8. Jungen einlegt, die er her- nach weiter auswärmet. S. des Herrn von Göchhausen Jagd- und Weyde- wercks-Anmerckungen p. 66. Es macht der Jgel seine Löcher im Erdreich gegen den Wind. So bald er etwas vermer- cket, kugelt er sich zusammen, macht sich am ersten hart, und wird also unter der stechenden Decke beschirmet, daß er nicht angerühret werden kan. Die Wölffe fürchten sich sehr vor den Jgeln. Es hat des Jgels Fleisch die Krafft zu trocknen und aufzulösen, insonderheit aber stärcket es den Magen, lediget den Bauch, be- fördert den Harn, und ist denjenigen, so zum Aussatz geneigt sind, sehr beqvem.
Das 32. Capitel/ Von der Anatomie des Fisch- Otters.
§. 1.
Dieweil ich in meinem ersten Theil von der Anatomie des Fisch-Otters nichts angeführt, so verhoffe, es werde dem Le- ser nicht zuwider seyn, wenn ich desjeni- gen gedencke, was ich aus eigener Erfah- rung inzwischen von ihm observiret. Den 6. Januarii 1720. ward von meinem Schä- fer ein Fisch-Otter wahrgenommen. Jch schickte hierauf meinen Phasian- Wärter zu recognosciren, weil es aber schon Nachmittags war, und die Nacht herbey kam, wurde dieser Fisch-Otter bey
dem
Des Andern Th. 30. C. vom Caninichen-Fleiſch. 31. C. von den Jgeln.
[Spaltenumbruch]
§. 1.
Daß die Caninichen zur Speiſe mit ge- braucht werden, iſt bekandt. Doch ſind ſie in Teutſchland nicht ſo gaͤnge, als etwan in Holland oder Franckreich. Die wilden ſind viel geſuͤnder und ſchmackhaff- ter, als die zahmen, indem ſie nicht ſo viel Unreinigkeiten bey ſich fuͤhren ſollen. Die wilden kan man an der Farbe, an dem Geruch und Geſchmack unterſcheiden. Sie haben einen Geſchmack faſt wie die jungen Huͤner; man braͤtet oder fricaſſi- ret ſie, oder ſchlaͤgt ſie in eine Paſtete; man pflegt gerne etwas Knoblauch in die Bruͤ- he zu thun. Die jungen Caninichen ſind eben wie die Haſen, weit zaͤrter und beſ- ſer, als die eines Jahres alt, ie aͤlter, ie haͤr- ter. Den jungen Caninichen ſchreiben einige die Tugend zu, daß ſie ſehr gute Nahrung gaͤben, und die boͤſen Feuchtig- keiten in dem Magen verzehreten; doch ſollen ſie gebraten geſuͤnder ſeyn, als gekocht.
§. 2.
In den Apothecken hat man von den Caninichen 1) das gantze Thierlein verbrandt, 2) das Fett, 3) das Gehirn. Das gantze verbrandte Thiergen iſt gut vor die Entzuͤndung des Halſes, wenn mans mit einem Kaͤſten-Blatt uͤberlegt; Das Fett iſt vor die Nerven und Gelen- cke; Das Gehirn ſoll dem Gifft wider- ſtehen, ſonſten kommt es mit des Haſen ſeinem uͤberein.
Das 31. Capitel/ Von denen Jgeln.
§. 1.
Die Jgel gleichen den Daͤchſen in vie- len Stuͤcken, ſie ſuchen ihre Nahrung im Obſt, Gewuͤrme, und dergleichen, des Nachts, wie die Daͤchſe. Die Daͤchſe ſu- chen ſie an groͤſſern Gewuͤrme, bey Kroͤ- ten, Froͤſchen, Molchen; die Jgel aber in kleinen gefluͤgelten Inſectis, als Kaͤfern, und was ſich im Graſe aufzuhalten und zu kriechen pflegt, wie ſolches ihre Gaͤn- ge der Gegend, als in Hecken der Gaͤrten, wo ſie ſich gerne zu halten pflegen, nebſt ihrer Loſung zur Gnuͤge anzeigen, indem die ordentlichen Fuß-Pfade durchs Graß ſie bald verrathen. Es iſt auch die Ge- ſtalt des Jgels dem Dachſe ſehr gleich, immaſſen er die Faͤhrde im Fortlauffen ſo formiret, auch den Tag, wie der Dachs, ſcheuet; doch wird dem Jgel zugeſchrie- ben, daß er des Nachts ſeine Nahrung nach Proportion ſeiner Groͤſſe und Ohn- [Spaltenumbruch]
macht am weiteſten ſuche, denn er bey an- brechendem Morgen Som̃ers-Zeit aus denen weiteſten Feldern zu Holtz oder zur Hecke eilend den Weydemann manch- mahl betreugt.
§. 2.
Es traͤgt der Jgel nichts in der Herbſt-Zeit zur Nahrung ein, denn er zehret ſo wohl von ſeinem Leibe, als der Dachs; doch hat man offters wahrgenom- men, daß Anfangs des Winters etwas, wiewohl wenig und unzulaͤngliches Obſt in ſeinem Lager gelegen, aber doch bey weitem nicht in ſolcher Quantitaͤt, daß es durch den Winter haͤtte dauren koͤnnen, ſondern es zeiget des Jgels Fettigkeit im Eingange, und Magerkeit im Ausgange des Winters, daß ſie den Schluͤſſel zum Brod-Schranck verlohren gehabt.
§. 3.
Wenn der Jgel ſeine Heck-Zeit vermerckt, ſo leget er an einem dicken Zaun oder an dem Geſtraͤuch einen Bal- len zermalmetes duͤrres Graß zuſam- men, worein er denn gemeiniglich ſeine 4. 6. biß 8. Jungen einlegt, die er her- nach weiter auswaͤrmet. S. des Herrn von Goͤchhauſen Jagd- und Weyde- wercks-Anmerckungen p. 66. Es macht der Jgel ſeine Loͤcher im Erdreich gegen den Wind. So bald er etwas vermer- cket, kugelt er ſich zuſammen, macht ſich am erſten hart, und wird alſo unter der ſtechenden Decke beſchirmet, daß er nicht angeruͤhret werden kan. Die Woͤlffe fuͤrchten ſich ſehr vor den Jgeln. Es hat des Jgels Fleiſch die Krafft zu trocknen und aufzuloͤſen, inſonderheit aber ſtaͤrcket es den Magen, lediget den Bauch, be- foͤrdert den Harn, und iſt denjenigen, ſo zum Ausſatz geneigt ſind, ſehr beqvem.
Das 32. Capitel/ Von der Anatomie des Fiſch- Otters.
§. 1.
Dieweil ich in meinem erſten Theil von der Anatomie des Fiſch-Otters nichts angefuͤhrt, ſo verhoffe, es werde dem Le- ſer nicht zuwider ſeyn, wenn ich desjeni- gen gedencke, was ich aus eigener Erfah- rung inzwiſchen von ihm obſerviret. Den 6. Januarii 1720. ward von meinem Schaͤ- fer ein Fiſch-Otter wahrgenommen. Jch ſchickte hierauf meinen Phaſian- Waͤrter zu recognoſciren, weil es aber ſchon Nachmittags war, und die Nacht herbey kam, wurde dieſer Fiſch-Otter bey
dem
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Des Andern Th. 30. C. vom Caninichen-Fleiſch. 31. C. von den Jgeln.
§. 1.
Daß die Caninichen zur Speiſe mit ge-
braucht werden, iſt bekandt. Doch
ſind ſie in Teutſchland nicht ſo gaͤnge, als
etwan in Holland oder Franckreich. Die
wilden ſind viel geſuͤnder und ſchmackhaff-
ter, als die zahmen, indem ſie nicht ſo viel
Unreinigkeiten bey ſich fuͤhren ſollen. Die
wilden kan man an der Farbe, an dem
Geruch und Geſchmack unterſcheiden.
Sie haben einen Geſchmack faſt wie die
jungen Huͤner; man braͤtet oder fricaſſi-
ret ſie, oder ſchlaͤgt ſie in eine Paſtete; man
pflegt gerne etwas Knoblauch in die Bruͤ-
he zu thun. Die jungen Caninichen ſind
eben wie die Haſen, weit zaͤrter und beſ-
ſer, als die eines Jahres alt, ie aͤlter, ie haͤr-
ter. Den jungen Caninichen ſchreiben
einige die Tugend zu, daß ſie ſehr gute
Nahrung gaͤben, und die boͤſen Feuchtig-
keiten in dem Magen verzehreten; doch
ſollen ſie gebraten geſuͤnder ſeyn, als
gekocht.
§. 2. In den Apothecken hat man von
den Caninichen 1) das gantze Thierlein
verbrandt, 2) das Fett, 3) das Gehirn.
Das gantze verbrandte Thiergen iſt gut
vor die Entzuͤndung des Halſes, wenn
mans mit einem Kaͤſten-Blatt uͤberlegt;
Das Fett iſt vor die Nerven und Gelen-
cke; Das Gehirn ſoll dem Gifft wider-
ſtehen, ſonſten kommt es mit des Haſen
ſeinem uͤberein.
Das 31. Capitel/
Von denen Jgeln.
§. 1.
Die Jgel gleichen den Daͤchſen in vie-
len Stuͤcken, ſie ſuchen ihre Nahrung
im Obſt, Gewuͤrme, und dergleichen, des
Nachts, wie die Daͤchſe. Die Daͤchſe ſu-
chen ſie an groͤſſern Gewuͤrme, bey Kroͤ-
ten, Froͤſchen, Molchen; die Jgel aber in
kleinen gefluͤgelten Inſectis, als Kaͤfern,
und was ſich im Graſe aufzuhalten und
zu kriechen pflegt, wie ſolches ihre Gaͤn-
ge der Gegend, als in Hecken der Gaͤrten,
wo ſie ſich gerne zu halten pflegen, nebſt
ihrer Loſung zur Gnuͤge anzeigen, indem
die ordentlichen Fuß-Pfade durchs Graß
ſie bald verrathen. Es iſt auch die Ge-
ſtalt des Jgels dem Dachſe ſehr gleich,
immaſſen er die Faͤhrde im Fortlauffen
ſo formiret, auch den Tag, wie der Dachs,
ſcheuet; doch wird dem Jgel zugeſchrie-
ben, daß er des Nachts ſeine Nahrung
nach Proportion ſeiner Groͤſſe und Ohn-
macht am weiteſten ſuche, denn er bey an-
brechendem Morgen Som̃ers-Zeit aus
denen weiteſten Feldern zu Holtz oder zur
Hecke eilend den Weydemann manch-
mahl betreugt.
§. 2. Es traͤgt der Jgel nichts in der
Herbſt-Zeit zur Nahrung ein, denn er
zehret ſo wohl von ſeinem Leibe, als der
Dachs; doch hat man offters wahrgenom-
men, daß Anfangs des Winters etwas,
wiewohl wenig und unzulaͤngliches Obſt
in ſeinem Lager gelegen, aber doch bey
weitem nicht in ſolcher Quantitaͤt, daß es
durch den Winter haͤtte dauren koͤnnen,
ſondern es zeiget des Jgels Fettigkeit im
Eingange, und Magerkeit im Ausgange
des Winters, daß ſie den Schluͤſſel zum
Brod-Schranck verlohren gehabt.
§. 3. Wenn der Jgel ſeine Heck-Zeit
vermerckt, ſo leget er an einem dicken
Zaun oder an dem Geſtraͤuch einen Bal-
len zermalmetes duͤrres Graß zuſam-
men, worein er denn gemeiniglich ſeine
4. 6. biß 8. Jungen einlegt, die er her-
nach weiter auswaͤrmet. S. des Herrn
von Goͤchhauſen Jagd- und Weyde-
wercks-Anmerckungen p. 66. Es macht
der Jgel ſeine Loͤcher im Erdreich gegen
den Wind. So bald er etwas vermer-
cket, kugelt er ſich zuſammen, macht ſich
am erſten hart, und wird alſo unter der
ſtechenden Decke beſchirmet, daß er nicht
angeruͤhret werden kan. Die Woͤlffe
fuͤrchten ſich ſehr vor den Jgeln. Es hat
des Jgels Fleiſch die Krafft zu trocknen
und aufzuloͤſen, inſonderheit aber ſtaͤrcket
es den Magen, lediget den Bauch, be-
foͤrdert den Harn, und iſt denjenigen, ſo
zum Ausſatz geneigt ſind, ſehr beqvem.
Das 32. Capitel/
Von der Anatomie des Fiſch-
Otters.
§. 1.
Dieweil ich in meinem erſten Theil von
der Anatomie des Fiſch-Otters nichts
angefuͤhrt, ſo verhoffe, es werde dem Le-
ſer nicht zuwider ſeyn, wenn ich desjeni-
gen gedencke, was ich aus eigener Erfah-
rung inzwiſchen von ihm obſerviret. Den
6. Januarii 1720. ward von meinem Schaͤ-
fer ein Fiſch-Otter wahrgenommen.
Jch ſchickte hierauf meinen Phaſian-
Waͤrter zu recognoſciren, weil es aber
ſchon Nachmittags war, und die Nacht
herbey kam, wurde dieſer Fiſch-Otter bey
dem
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/202>, abgerufen am 22.12.2024.
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