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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Von des dritten Jahres Behängen.
[Spaltenumbruch] wohnheit kommt, denn ie älter der Hund,
und zum öfftern darbey gearbeitet wird,
desto firmer und besser wird er; Man
kan ihm auch mehr zumuthen, weil man
sich auf ihn zu verlassen. Jst der Hund
richtig, und thut alles, so must du ihn fleis-
sig an den Vieh-Trifften arbeiten, damit
er lerne ein Thier durch das Vieh wegsu-
chen; Es mag Vieh über die Fährden ge-
hen, welches nur will, so muß er es doch ler-
nen, es wäre denn, daß etliche hundert
Stück in einem engen Passe über die Fähr-
de giengen, und alle Tritte vertreten wä-
ren, so, daß der Hund keinen Geschmack
von der Fährde hätte. Weil die wilden
Thiere viel stärckere Witterungen von sich
geben, als die zahmen, so kan ein Hund
solche Fährden von andern unterscheiden
lernen. Solte der Hund etwan die Spuh-
ren des zahmen Viehes suchen wollen, so
muß er mit Fleiß davon abgehalten, und
mit Schnellen des Hänge-Seiles gestrafft
werden, so mercket er, daß er Unrecht thut.
Auf der Hirsch-Fährde muß er desto fleis-
siger gearbeitet, und wenn ers recht macht,
caressiret werden.

§. 4.

Kan man einen Hirsch sprengen,
daß er über die Vieh-Trifften läufft, so
muß man den Hund probiren. Siehet
man, daß er fleissig herum greifft, und be-
gierig ist, und man kan einen Tritt von
dem Hirsch erkennen, so muß man den
Hund lassen angreiffen, und darauf helf-
fen, und wohl caressiren, und alsdenn
wieder hinaus lassen suchen, so lange, biß
er durch das Vieh wieder auf frischen Bo-
den gekommen. Bey dem Vorsuchen ist
es eine gute Ordnung, wenn mir der
Hund einen Unterscheid zu machen weiß,
und unter dem zahmen Vieh seinen
Hirsch richtig wegsuchen kan. Es ist auch
nicht schädlich, wenn man den Leit-Hund
auf breite Strassen führet, wo viel Reu-
ter geritten, oder Fuhrleute gefahren,
damit er auch daselbst unter so vielerley
Geschmack der Pferde, Ochsen, und an-
derer Thiere, auch Menschen Spuhren,
den Hirsch suchen und finden lerne. Wo
der Hirsch über den Weg gegangen, oder
gesprenget, muß man kurtz darneben ver-
brechen, und mit dem Hunde mitten auf
dem Weg lang ziehen, und anfallen lassen.
So man die Gefährde erkennen kan, muß
man ihm zur Gefährde helffen, und ein-
greiffen lassen, auch etliche Tritte mit ihm
fortgängeln, so wird er denn endlich auf
Hütungen, Vieh-Trifften, u. s. w. aller-
hand Fährden kennen lernen.

[Spaltenumbruch]
§. 5.

Jn dem ersten Behängen kan ein
junger Jäger den Leit-Hund weder gehö-
rig arbeiten, noch ihm zusprechen, sondern
führt ihn nur heraus. Wann aber der
Jäger den Hund zum Vorsuch selbst
nimmt, zur Fährde kommt, und ihm zu-
spricht, muß er nur beyher gehen, und
zusehen, wie es tractiret werde; die Fähr-
de aber kan er wohl lernen, so er recht Ach-
tung drauf giebt. Jm andern Behängen
muß er billig selbst mit dem Hund vor-
suchen können, wie er es im vorigen von
andern gesehen. Doch muß ein alter er-
fahrner Jäger darneben hergehen, der ihn
in allem denjenigen, was nöthig ist, un-
terrichte, und, wo er einen Fehler fin-
det, seine Erinnerungen mit einfliessen
lasse. Wo etwas versehen wird, muß
der alte Jäger bißweilen das Hänge-Seil
selbst ergreiffen und den Hund arbeiten,
damit der Hund nicht etwan verdorben
werde. Jm dritten Behängen solte nun
wohl der junge Jäger selbst firm gewor-
den seyn, und den Hund so tractiren und
arbeiten können, wie es sich gebühret;
allein man trifft genug Idioten an, die
in zehen Behängen nichts lernen, ge-
schweige denn in drey Behängen, und
die Hunde mehr confus machen, als daß
sie solche solten abrichten, oder die abge-
richteten gebrauchen können. Und die
von diesem Gelichter seyn, mögen die Ar-
beit des Leit-Hundes lieber andern ü-
berlassen.

Das 12. Capitel/
Von allerhand andern An-
merckungen/ die den Leit-Hund
angehen.
§. 1.

Die Leit-Hunde müssen mittelmässi-
ger Statur seyn, denn die Hochbei-
nigten, die Englischen Doggen, u. s. w.
schicken sich nicht zur Jagd. Ein Leit-
Hund muß immer reinlich gehalten wer-
den, durch Stroh und Abräumung des
Mistes; denn wo dieses nicht geschähe,
könte seine Nase gar bald verdorben wer-
den, es würden auch die Flöhe und Läuse
seine Haut gar bald verderben. Man
muß ihnen zum wenigsten aller 8. Tage
zweymahl Stroh geben, und den Mist
vor den Hütten alle Tage wegräumen.
Man muß sie auch fleißig anlegen, denn
durch das Herumlauffen verwöhnt sich

mancher

Von des dritten Jahres Behaͤngen.
[Spaltenumbruch] wohnheit kommt, denn ie aͤlter der Hund,
und zum oͤfftern darbey gearbeitet wird,
deſto firmer und beſſer wird er; Man
kan ihm auch mehr zumuthen, weil man
ſich auf ihn zu verlaſſen. Jſt der Hund
richtig, und thut alles, ſo muſt du ihn fleiſ-
ſig an den Vieh-Trifften arbeiten, damit
er lerne ein Thier durch das Vieh wegſu-
chen; Es mag Vieh uͤber die Faͤhrden ge-
hen, welches nur will, ſo muß er es doch ler-
nen, es waͤre denn, daß etliche hundert
Stuͤck in einem engen Paſſe uͤber die Faͤhr-
de giengen, und alle Tritte vertreten waͤ-
ren, ſo, daß der Hund keinen Geſchmack
von der Faͤhrde haͤtte. Weil die wilden
Thiere viel ſtaͤrckere Witterungen von ſich
geben, als die zahmen, ſo kan ein Hund
ſolche Faͤhrden von andern unterſcheiden
lernen. Solte der Hund etwan die Spuh-
ren des zahmen Viehes ſuchen wollen, ſo
muß er mit Fleiß davon abgehalten, und
mit Schnellen des Haͤnge-Seiles geſtrafft
werden, ſo mercket er, daß er Unrecht thut.
Auf der Hirſch-Faͤhrde muß er deſto fleiſ-
ſiger gearbeitet, und wenn ers recht macht,
careſſiret werden.

§. 4.

Kan man einen Hirſch ſprengen,
daß er uͤber die Vieh-Trifften laͤufft, ſo
muß man den Hund probiren. Siehet
man, daß er fleiſſig herum greifft, und be-
gierig iſt, und man kan einen Tritt von
dem Hirſch erkennen, ſo muß man den
Hund laſſen angreiffen, und darauf helf-
fen, und wohl careſſiren, und alsdenn
wieder hinaus laſſen ſuchen, ſo lange, biß
er durch das Vieh wieder auf friſchen Bo-
den gekommen. Bey dem Vorſuchen iſt
es eine gute Ordnung, wenn mir der
Hund einen Unterſcheid zu machen weiß,
und unter dem zahmen Vieh ſeinen
Hirſch richtig wegſuchen kan. Es iſt auch
nicht ſchaͤdlich, wenn man den Leit-Hund
auf breite Straſſen fuͤhret, wo viel Reu-
ter geritten, oder Fuhrleute gefahren,
damit er auch daſelbſt unter ſo vielerley
Geſchmack der Pferde, Ochſen, und an-
derer Thiere, auch Menſchen Spuhren,
den Hirſch ſuchen und finden lerne. Wo
der Hirſch uͤber den Weg gegangen, oder
geſprenget, muß man kurtz darneben ver-
brechen, und mit dem Hunde mitten auf
dem Weg lang ziehen, und anfallen laſſen.
So man die Gefaͤhrde erkennen kan, muß
man ihm zur Gefaͤhrde helffen, und ein-
greiffen laſſen, auch etliche Tritte mit ihm
fortgaͤngeln, ſo wird er denn endlich auf
Huͤtungen, Vieh-Trifften, u. ſ. w. aller-
hand Faͤhrden kennen lernen.

[Spaltenumbruch]
§. 5.

Jn dem erſten Behaͤngen kan ein
junger Jaͤger den Leit-Hund weder gehoͤ-
rig arbeiten, noch ihm zuſprechen, ſondern
fuͤhrt ihn nur heraus. Wann aber der
Jaͤger den Hund zum Vorſuch ſelbſt
nimmt, zur Faͤhrde kommt, und ihm zu-
ſpricht, muß er nur beyher gehen, und
zuſehen, wie es tractiret werde; die Faͤhr-
de aber kan er wohl lernen, ſo er recht Ach-
tung drauf giebt. Jm andern Behaͤngen
muß er billig ſelbſt mit dem Hund vor-
ſuchen koͤnnen, wie er es im vorigen von
andern geſehen. Doch muß ein alter er-
fahrner Jaͤger darneben hergehen, der ihn
in allem denjenigen, was noͤthig iſt, un-
terrichte, und, wo er einen Fehler fin-
det, ſeine Erinnerungen mit einflieſſen
laſſe. Wo etwas verſehen wird, muß
der alte Jaͤger bißweilen das Haͤnge-Seil
ſelbſt ergreiffen und den Hund arbeiten,
damit der Hund nicht etwan verdorben
werde. Jm dritten Behaͤngen ſolte nun
wohl der junge Jaͤger ſelbſt firm gewor-
den ſeyn, und den Hund ſo tractiren und
arbeiten koͤnnen, wie es ſich gebuͤhret;
allein man trifft genug Idioten an, die
in zehen Behaͤngen nichts lernen, ge-
ſchweige denn in drey Behaͤngen, und
die Hunde mehr confus machen, als daß
ſie ſolche ſolten abrichten, oder die abge-
richteten gebrauchen koͤnnen. Und die
von dieſem Gelichter ſeyn, moͤgen die Ar-
beit des Leit-Hundes lieber andern uͤ-
berlaſſen.

Das 12. Capitel/
Von allerhand andern An-
merckungen/ die den Leit-Hund
angehen.
§. 1.

Die Leit-Hunde muͤſſen mittelmaͤſſi-
ger Statur ſeyn, denn die Hochbei-
nigten, die Engliſchen Doggen, u. ſ. w.
ſchicken ſich nicht zur Jagd. Ein Leit-
Hund muß immer reinlich gehalten wer-
den, durch Stroh und Abraͤumung des
Miſtes; denn wo dieſes nicht geſchaͤhe,
koͤnte ſeine Naſe gar bald verdorben wer-
den, es wuͤrden auch die Floͤhe und Laͤuſe
ſeine Haut gar bald verderben. Man
muß ihnen zum wenigſten aller 8. Tage
zweymahl Stroh geben, und den Miſt
vor den Huͤtten alle Tage wegraͤumen.
Man muß ſie auch fleißig anlegen, denn
durch das Herumlauffen verwoͤhnt ſich

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[159/0255] Von des dritten Jahres Behaͤngen. wohnheit kommt, denn ie aͤlter der Hund, und zum oͤfftern darbey gearbeitet wird, deſto firmer und beſſer wird er; Man kan ihm auch mehr zumuthen, weil man ſich auf ihn zu verlaſſen. Jſt der Hund richtig, und thut alles, ſo muſt du ihn fleiſ- ſig an den Vieh-Trifften arbeiten, damit er lerne ein Thier durch das Vieh wegſu- chen; Es mag Vieh uͤber die Faͤhrden ge- hen, welches nur will, ſo muß er es doch ler- nen, es waͤre denn, daß etliche hundert Stuͤck in einem engen Paſſe uͤber die Faͤhr- de giengen, und alle Tritte vertreten waͤ- ren, ſo, daß der Hund keinen Geſchmack von der Faͤhrde haͤtte. Weil die wilden Thiere viel ſtaͤrckere Witterungen von ſich geben, als die zahmen, ſo kan ein Hund ſolche Faͤhrden von andern unterſcheiden lernen. Solte der Hund etwan die Spuh- ren des zahmen Viehes ſuchen wollen, ſo muß er mit Fleiß davon abgehalten, und mit Schnellen des Haͤnge-Seiles geſtrafft werden, ſo mercket er, daß er Unrecht thut. Auf der Hirſch-Faͤhrde muß er deſto fleiſ- ſiger gearbeitet, und wenn ers recht macht, careſſiret werden. §. 4. Kan man einen Hirſch ſprengen, daß er uͤber die Vieh-Trifften laͤufft, ſo muß man den Hund probiren. Siehet man, daß er fleiſſig herum greifft, und be- gierig iſt, und man kan einen Tritt von dem Hirſch erkennen, ſo muß man den Hund laſſen angreiffen, und darauf helf- fen, und wohl careſſiren, und alsdenn wieder hinaus laſſen ſuchen, ſo lange, biß er durch das Vieh wieder auf friſchen Bo- den gekommen. Bey dem Vorſuchen iſt es eine gute Ordnung, wenn mir der Hund einen Unterſcheid zu machen weiß, und unter dem zahmen Vieh ſeinen Hirſch richtig wegſuchen kan. Es iſt auch nicht ſchaͤdlich, wenn man den Leit-Hund auf breite Straſſen fuͤhret, wo viel Reu- ter geritten, oder Fuhrleute gefahren, damit er auch daſelbſt unter ſo vielerley Geſchmack der Pferde, Ochſen, und an- derer Thiere, auch Menſchen Spuhren, den Hirſch ſuchen und finden lerne. Wo der Hirſch uͤber den Weg gegangen, oder geſprenget, muß man kurtz darneben ver- brechen, und mit dem Hunde mitten auf dem Weg lang ziehen, und anfallen laſſen. So man die Gefaͤhrde erkennen kan, muß man ihm zur Gefaͤhrde helffen, und ein- greiffen laſſen, auch etliche Tritte mit ihm fortgaͤngeln, ſo wird er denn endlich auf Huͤtungen, Vieh-Trifften, u. ſ. w. aller- hand Faͤhrden kennen lernen. §. 5. Jn dem erſten Behaͤngen kan ein junger Jaͤger den Leit-Hund weder gehoͤ- rig arbeiten, noch ihm zuſprechen, ſondern fuͤhrt ihn nur heraus. Wann aber der Jaͤger den Hund zum Vorſuch ſelbſt nimmt, zur Faͤhrde kommt, und ihm zu- ſpricht, muß er nur beyher gehen, und zuſehen, wie es tractiret werde; die Faͤhr- de aber kan er wohl lernen, ſo er recht Ach- tung drauf giebt. Jm andern Behaͤngen muß er billig ſelbſt mit dem Hund vor- ſuchen koͤnnen, wie er es im vorigen von andern geſehen. Doch muß ein alter er- fahrner Jaͤger darneben hergehen, der ihn in allem denjenigen, was noͤthig iſt, un- terrichte, und, wo er einen Fehler fin- det, ſeine Erinnerungen mit einflieſſen laſſe. Wo etwas verſehen wird, muß der alte Jaͤger bißweilen das Haͤnge-Seil ſelbſt ergreiffen und den Hund arbeiten, damit der Hund nicht etwan verdorben werde. Jm dritten Behaͤngen ſolte nun wohl der junge Jaͤger ſelbſt firm gewor- den ſeyn, und den Hund ſo tractiren und arbeiten koͤnnen, wie es ſich gebuͤhret; allein man trifft genug Idioten an, die in zehen Behaͤngen nichts lernen, ge- ſchweige denn in drey Behaͤngen, und die Hunde mehr confus machen, als daß ſie ſolche ſolten abrichten, oder die abge- richteten gebrauchen koͤnnen. Und die von dieſem Gelichter ſeyn, moͤgen die Ar- beit des Leit-Hundes lieber andern uͤ- berlaſſen. Das 12. Capitel/ Von allerhand andern An- merckungen/ die den Leit-Hund angehen. §. 1. Die Leit-Hunde muͤſſen mittelmaͤſſi- ger Statur ſeyn, denn die Hochbei- nigten, die Engliſchen Doggen, u. ſ. w. ſchicken ſich nicht zur Jagd. Ein Leit- Hund muß immer reinlich gehalten wer- den, durch Stroh und Abraͤumung des Miſtes; denn wo dieſes nicht geſchaͤhe, koͤnte ſeine Naſe gar bald verdorben wer- den, es wuͤrden auch die Floͤhe und Laͤuſe ſeine Haut gar bald verderben. Man muß ihnen zum wenigſten aller 8. Tage zweymahl Stroh geben, und den Miſt vor den Huͤtten alle Tage wegraͤumen. Man muß ſie auch fleißig anlegen, denn durch das Herumlauffen verwoͤhnt ſich mancher

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/255>, abgerufen am 22.12.2024.