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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
O Urtheil ohne Recht! O Straffen ohne Sünden!
Messias muß nun fort. Er muß sich lassen binden.
Zum Creutz' ist er verdammt. Der wahre Todes Todt
Deß Lebens Leben selbst kömmt ietzt in solchen Spott.
Der Segen wird ein Fluch/ auff daß wir Segen hätten/
Vom Fluche franck und quit: die Freyheit geht in Ketten/
Auff daß wir würden frey. Sein Blut durchstreicht
den Brieff/
Der wieder unser Blut zu GOtt stets schry' und rieff'.
Er muß auff Golgatha das Creutze selber tragen/
Der unser Creutze trägt. Er wird daran geschlagen/
Streckt Händ' und Füsse weg/ der doch in seiner Macht/
Was Auff- und Niedergang/ was Mitter-Tag und Nacht
Jn sich bearmet/ hält. Der hänget zwischen Dieben/
Der ohne Sünde war. Denckt/ denckt/ was könnet üben/
Jhr Hertzen ohne Hertz'/ Jhr nichts als Ottergifft!
Die Sonne trübt der Fall/ der ihren Schöpffer trifft/
Sie macht den Tag zur Nacht. Das blaue Schloß deß
Himmels
Entfärbt sich ob der That. Von Stürmen deß Getümmels
Erblasste Cynthia samt jhrer güldnen Schaar/
Und eilet' an die Wacht/ als es noch hoch Tag war.
Nocturnus wuste nicht/ welch Pferd er satteln solte.
Auch Atlas bebete/ gleich ob er fallen wolte.
Die Wolcken drungen sich/ und flogen schneller fort.
Neptunus kunte selbst für Sturmen nicht zu Port'.
Es zittert die Natur/ weil ietzt ihr Vater zaget.
GOTT reisset sich von GOTT. Vor Durst der Schöpffer
klaget.
Das Gall-gefüllte Rohr/ der Essig-volle Schwamm
Muß mehren seinen Schmertz. An dem verfluchten
Stamm'
Hängt vnser Lebensbaum. Die hier vorüber giengen/
Die klatzschten mit der Hand. Auch selbst die mit ihm hingen/
Die schalten auff ihn zu. Es bliebe mancher stehn/
Und laß die überschrifft mit spöttlichem Gehön'.
Hier
Poetiſcher Waͤlder
O Urtheil ohne Recht! O Straffen ohne Suͤnden!
Meſſias muß nun fort. Er muß ſich laſſen binden.
Zum Creutz’ iſt er verdammt. Der wahre Todes Todt
Deß Lebens Leben ſelbſt koͤm̃t ietzt in ſolchen Spott.
Der Segen wird ein Fluch/ auff daß wir Segen haͤtten/
Vom Fluche franck und quit: die Freyheit geht in Ketten/
Auff daß wir wuͤrden frey. Sein Blut durchſtreicht
den Brieff/
Der wieder unſer Blut zu GOtt ſtets ſchry’ und rieff’.
Er muß auff Golgatha das Creutze ſelber tragen/
Der unſer Creutze traͤgt. Er wird daran geſchlagen/
Streckt Haͤnd’ und Fuͤſſe weg/ der doch in ſeiner Macht/
Was Auff- und Niedergang/ was Mitter-Tag uñ Nacht
Jn ſich bearmet/ haͤlt. Der haͤnget zwiſchen Dieben/
Der ohne Suͤnde war. Denckt/ denckt/ was koͤnnet uͤben/
Jhr Hertzen ohne Hertz’/ Jhr nichts als Ottergifft!
Die Sonne truͤbt der Fall/ der ihren Schoͤpffer trifft/
Sie macht den Tag zur Nacht. Das blaue Schloß deß
Himmels
Entfaͤrbt ſich ob der That. Von Stuͤrmen deß Getuͤmmels
Erblaſſte Cynthia ſamt jhrer guͤldnen Schaar/
Und eilet’ an die Wacht/ als es noch hoch Tag war.
Nocturnus wuſte nicht/ welch Pferd er ſatteln ſolte.
Auch Atlas bebete/ gleich ob er fallen wolte.
Die Wolcken drungen ſich/ und flogen ſchneller fort.
Neptunus kunte ſelbſt fuͤr Sturmen nicht zu Port’.
Es zittert die Natur/ weil ietzt ihr Vater zaget.
GOTT reiſſet ſich von GOTT. Vor Durſt der Schoͤpffer
klaget.
Das Gall-gefuͤllte Rohr/ der Eſſig-volle Schwamm
Muß mehren ſeinen Schmertz. An dem verfluchten
Stamm’
Haͤngt vnſer Lebensbaum. Die hier voruͤber giengen/
Die klatzſchten mit der Hand. Auch ſelbſt die mit ihm hingen/
Die ſchalten auff ihn zu. Es bliebe mancher ſtehn/
Und laß die uͤberſchrifft mit ſpoͤttlichem Gehoͤn’.
Hier
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[10/0030] Poetiſcher Waͤlder O Urtheil ohne Recht! O Straffen ohne Suͤnden! Meſſias muß nun fort. Er muß ſich laſſen binden. Zum Creutz’ iſt er verdammt. Der wahre Todes Todt Deß Lebens Leben ſelbſt koͤm̃t ietzt in ſolchen Spott. Der Segen wird ein Fluch/ auff daß wir Segen haͤtten/ Vom Fluche franck und quit: die Freyheit geht in Ketten/ Auff daß wir wuͤrden frey. Sein Blut durchſtreicht den Brieff/ Der wieder unſer Blut zu GOtt ſtets ſchry’ und rieff’. Er muß auff Golgatha das Creutze ſelber tragen/ Der unſer Creutze traͤgt. Er wird daran geſchlagen/ Streckt Haͤnd’ und Fuͤſſe weg/ der doch in ſeiner Macht/ Was Auff- und Niedergang/ was Mitter-Tag uñ Nacht Jn ſich bearmet/ haͤlt. Der haͤnget zwiſchen Dieben/ Der ohne Suͤnde war. Denckt/ denckt/ was koͤnnet uͤben/ Jhr Hertzen ohne Hertz’/ Jhr nichts als Ottergifft! Die Sonne truͤbt der Fall/ der ihren Schoͤpffer trifft/ Sie macht den Tag zur Nacht. Das blaue Schloß deß Himmels Entfaͤrbt ſich ob der That. Von Stuͤrmen deß Getuͤmmels Erblaſſte Cynthia ſamt jhrer guͤldnen Schaar/ Und eilet’ an die Wacht/ als es noch hoch Tag war. Nocturnus wuſte nicht/ welch Pferd er ſatteln ſolte. Auch Atlas bebete/ gleich ob er fallen wolte. Die Wolcken drungen ſich/ und flogen ſchneller fort. Neptunus kunte ſelbſt fuͤr Sturmen nicht zu Port’. Es zittert die Natur/ weil ietzt ihr Vater zaget. GOTT reiſſet ſich von GOTT. Vor Durſt der Schoͤpffer klaget. Das Gall-gefuͤllte Rohr/ der Eſſig-volle Schwamm Muß mehren ſeinen Schmertz. An dem verfluchten Stamm’ Haͤngt vnſer Lebensbaum. Die hier voruͤber giengen/ Die klatzſchten mit der Hand. Auch ſelbſt die mit ihm hingen/ Die ſchalten auff ihn zu. Es bliebe mancher ſtehn/ Und laß die uͤberſchrifft mit ſpoͤttlichem Gehoͤn’. Hier

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/30>, abgerufen am 21.11.2024.