Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].Erstes Buch. Der Löwe liebt den Artzt. Wir Menschen seyn so toll/Und tödten den/ der uns vom Tode helffen soll. Jhr gantz vergälltes Volck/ Jhr gar verstockter Sinnen/ Noch thierischer als Thier'? ie werdet ihr nur künnen Erkennen eure Schuld? Jn Gottes Sohnes Blut' Habt ihr den Speer genetzt/ das er auch euch zu gut' Jetzt fliessen läst von sich. Behertzet doch die Zeichen: Doch ihr seyd Eysen Art/ Euch kan doch nichts erweichen. Den Demant zwinget Blut/ den Stal zerschmeltzt die Glut/ Kein Demant und kein Stal gleicht eurem harten Muth? Jetzt gäbt ihr GOtt den Danck/ wie eure Väter thaten/ Das ungezähmte Volck/ das Volck dem nicht zu rahten. Der dich/ O Jsrael/ erlöst' aus Pharus Hand; Der dir das Rothe Meer in blaches Feld gewandt/ Und Jordans wilde Fluth. Der inner viertzig Jahren Dich wie ein Adler trug. Da keine Wege waren/ Kein Proviant/ kein Hauß; nichts als nur Wüsteney/ Hielt er dich/ hartes Volck/ in Speiß und Kleidern frey. Die Winde musten Fleisch/ die Klippen Wasser geben. Das Manna stunck euch an. Er selbst GOtt/ euer Leben/ Stund allzeit über euch/ noch fürchtet ihr ihn nicht/ Das Kalb das war euch mehr als GOttes Wolck und Liecht. Biß daß euch Josua in Jdumeen brachte/ Und alles Canaan euch unterthänig machte/ Das Milch-und Honigland. Es war euch niemand gleich. GOtt macht ein grosses Volck und Königreich aus euch. Er stieß euch vielmal aus/ und holt' euch vielmal wieder/ So offt ihr kehret ümb/ und fielet für jhm nieder. Jhr seyd der Väter Haar'; Jhr häufft noch ihre Schuld; Jhr Teuffelisches Volck/ solt' euch denn GOtt seyn huld. So viel Propheten Blut ist noch für euch zu wenig/ Jetzt tödtet ihr Gott selbst/ Gott selbst! Gott euren König/ O du verdamptes Volck/ der euch von Anbeginn Zu seinem Reich erwählt/ dem ihr stets lagt im Sinn. Und
Erſtes Buch. Der Loͤwe liebt den Artzt. Wir Menſchen ſeyn ſo toll/Und toͤdten den/ der uns vom Tode helffen ſoll. Jhr gantz vergaͤlltes Volck/ Jhr gar verſtockter Sinnen/ Noch thieriſcher als Thier’? ie werdet ihr nur kuͤnnen Erkennen eure Schuld? Jn Gottes Sohnes Blut’ Habt ihr den Speer genetzt/ das er auch euch zu gut’ Jetzt flieſſen laͤſt von ſich. Behertzet doch die Zeichen: Doch ihr ſeyd Eyſen Art/ Euch kan doch nichts erweichen. Dẽ Demant zwinget Blut/ dẽ Stal zerſchmeltzt die Glut/ Kein Demant und kein Stal gleicht eurem harten Muth? Jetzt gaͤbt ihr GOtt den Danck/ wie eure Vaͤter thaten/ Das ungezaͤhmte Volck/ das Volck dem nicht zu rahten. Der dich/ O Jſrael/ erloͤſt’ aus Pharus Hand; Der dir das Rothe Meer in blaches Feld gewandt/ Und Jordans wilde Fluth. Der inner viertzig Jahren Dich wie ein Adler trug. Da keine Wege waren/ Kein Proviant/ kein Hauß; nichts als nur Wuͤſteney/ Hielt er dich/ hartes Volck/ in Speiß und Kleidern frey. Die Winde muſten Fleiſch/ die Klippen Waſſer geben. Das Manna ſtunck euch an. Er ſelbſt GOtt/ euer Leben/ Stund allzeit uͤber euch/ noch fuͤrchtet ihr ihn nicht/ Das Kalb das war euch mehr als GOttes Wolck und Liecht. Biß daß euch Joſua in Jdumeen brachte/ Und alles Canaan euch unterthaͤnig machte/ Das Milch-uñ Honigland. Es war euch niemand gleich. GOtt macht ein groſſes Volck und Koͤnigreich aus euch. Er ſtieß euch vielmal aus/ und holt’ euch vielmal wieder/ So offt ihr kehret uͤmb/ und fielet fuͤr jhm nieder. Jhr ſeyd der Vaͤter Haar’; Jhr haͤufft noch ihre Schuld; Jhr Teuffeliſches Volck/ ſolt’ euch denn GOtt ſeyn huld. So viel Propheten Blut iſt noch fuͤr euch zu wenig/ Jetzt toͤdtet ihr Gott ſelbſt/ Gott ſelbſt! Gott euren Koͤnig/ O du verdamptes Volck/ der euch von Anbeginn Zu ſeinem Reich erwaͤhlt/ dem ihr ſtets lagt im Sinn. Und
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Erſtes Buch.
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Jhr gantz vergaͤlltes Volck/ Jhr gar verſtockter Sinnen/
Noch thieriſcher als Thier’? ie werdet ihr nur kuͤnnen
Erkennen eure Schuld? Jn Gottes Sohnes Blut’
Habt ihr den Speer genetzt/ das er auch euch zu gut’
Jetzt flieſſen laͤſt von ſich. Behertzet doch die Zeichen:
Doch ihr ſeyd Eyſen Art/ Euch kan doch nichts erweichen.
Dẽ Demant zwinget Blut/ dẽ Stal zerſchmeltzt die Glut/
Kein Demant und kein Stal gleicht eurem harten
Muth?
Jetzt gaͤbt ihr GOtt den Danck/ wie eure Vaͤter thaten/
Das ungezaͤhmte Volck/ das Volck dem nicht zu rahten.
Der dich/ O Jſrael/ erloͤſt’ aus Pharus Hand;
Der dir das Rothe Meer in blaches Feld gewandt/
Und Jordans wilde Fluth. Der inner viertzig Jahren
Dich wie ein Adler trug. Da keine Wege waren/
Kein Proviant/ kein Hauß; nichts als nur Wuͤſteney/
Hielt er dich/ hartes Volck/ in Speiß und Kleidern frey.
Die Winde muſten Fleiſch/ die Klippen Waſſer geben.
Das Manna ſtunck euch an. Er ſelbſt GOtt/ euer Leben/
Stund allzeit uͤber euch/ noch fuͤrchtet ihr ihn nicht/
Das Kalb das war euch mehr als GOttes Wolck und
Liecht.
Biß daß euch Joſua in Jdumeen brachte/
Und alles Canaan euch unterthaͤnig machte/
Das Milch-uñ Honigland. Es war euch niemand gleich.
GOtt macht ein groſſes Volck und Koͤnigreich aus euch.
Er ſtieß euch vielmal aus/ und holt’ euch vielmal wieder/
So offt ihr kehret uͤmb/ und fielet fuͤr jhm nieder.
Jhr ſeyd der Vaͤter Haar’; Jhr haͤufft noch ihre Schuld;
Jhr Teuffeliſches Volck/ ſolt’ euch denn GOtt ſeyn huld.
So viel Propheten Blut iſt noch fuͤr euch zu wenig/
Jetzt toͤdtet ihr Gott ſelbſt/ Gott ſelbſt! Gott euren Koͤnig/
O du verdamptes Volck/ der euch von Anbeginn
Zu ſeinem Reich erwaͤhlt/ dem ihr ſtets lagt im Sinn.
Und
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