Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].Der Oden gehn und achzen ümm die Grufft.Sie/ voll Thränen/ sehn von fernen Jhren Theil stehn in den Sternen. Der betrübste der betrübten ist alleine nur nicht hier. Die sich vor so einig liebten/ sind getheilt nun für und für/ Biß auch Er wird hingelangen/ wo die Liebste hin ist gangen. Wahr ists/ daß sein furchtsams Hertze manch betrübter Traum erschreckt/ wenn ihm der geheime Schmertze aus dem schweren Traum' erweckt. Und das traurige Gesichte schwebt stets vor dem Augen-liechte. Ursach' ist vollauff zu weinen/ wenn wir sehn/ was vor uns liegt. Doch so sollen wir nicht scheinen als mit zagen unvergnügt. Und den Heyden uns vergleichen/ die kein Trost nicht kan erweichen. Meine Freunde/ klagt mit massen/ Sie sind/ wo man ewig bleibt. Da wir sie doch müssen lassen. Thut doch was ihr feste gläubt: Welche selig sind gestorben/ seyn und bleiben unverdorben. Sterben und gebohren werden ist das alte Thun der Welt. Dieses ist der Brauch der Erden/ das sie ewigs nichts nicht hält. Was die Zeit vor hat gebohren/ wird mit ihr durch sie verlohren. Laßt
Der Oden gehn und achzen uͤmm die Grufft.Sie/ voll Thraͤnen/ ſehn von fernen Jhren Theil ſtehn in den Sternen. Der betruͤbſte der betruͤbten iſt alleine nur nicht hier. Die ſich vor ſo einig liebten/ ſind getheilt nun fuͤr und fuͤr/ Biß auch Er wird hingelangen/ wo die Liebſte hin iſt gangen. Wahr iſts/ daß ſein furchtſams Hertze manch betruͤbter Traum erſchreckt/ wenn ihm der geheime Schmertze aus dem ſchweren Traum’ erweckt. Und das traurige Geſichte ſchwebt ſtets vor dem Augen-liechte. Urſach’ iſt vollauff zu weinen/ wenn wir ſehn/ was vor uns liegt. Doch ſo ſollen wir nicht ſcheinen als mit zagen unvergnuͤgt. Und den Heyden uns vergleichen/ die kein Troſt nicht kan erweichen. Meine Freunde/ klagt mit maſſen/ Sie ſind/ wo man ewig bleibt. Da wir ſie doch muͤſſen laſſen. Thut doch was ihr feſte glaͤubt: Welche ſelig ſind geſtorben/ ſeyn und bleiben unverdorben. Sterben und gebohren werden iſt das alte Thun der Welt. Dieſes iſt der Brauch der Erden/ das ſie ewigs nichts nicht haͤlt. Was die Zeit vor hat gebohren/ wird mit ihr durch ſie verlohren. Laßt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <pb facs="#f0356" n="336"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Oden</hi> </fw><lb/> <l> <hi rendition="#fr">gehn und achzen uͤmm die Grufft.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Sie/ voll Thraͤnen/ ſehn von fernen</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Jhren Theil ſtehn in den Sternen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l> <hi rendition="#fr">Der betruͤbſte der betruͤbten</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">iſt alleine nur nicht hier.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Die ſich vor ſo einig liebten/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">ſind getheilt nun fuͤr und fuͤr/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Biß auch Er wird hingelangen/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">wo die Liebſte hin iſt gangen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l> <hi rendition="#fr">Wahr iſts/ daß ſein furchtſams Hertze</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">manch betruͤbter Traum erſchreckt/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">wenn ihm der geheime Schmertze</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">aus dem ſchweren Traum’ erweckt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Und das traurige Geſichte</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">ſchwebt ſtets vor dem Augen-liechte.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l> <hi rendition="#fr">Urſach’ iſt vollauff zu weinen/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">wenn wir ſehn/ was vor uns liegt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Doch ſo ſollen wir nicht ſcheinen</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">als mit zagen unvergnuͤgt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Und den Heyden uns vergleichen/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">die kein Troſt nicht kan erweichen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l> <hi rendition="#fr">Meine Freunde/ klagt mit maſſen/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Sie ſind/ wo man ewig bleibt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Da wir ſie doch muͤſſen laſſen.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Thut doch was ihr feſte glaͤubt:</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Welche ſelig ſind geſtorben/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">ſeyn und bleiben unverdorben.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l> <hi rendition="#fr">Sterben und gebohren werden</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">iſt das alte Thun der Welt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Dieſes iſt der Brauch der Erden/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">das ſie ewigs nichts nicht haͤlt.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Was die Zeit vor hat gebohren/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">wird mit ihr durch ſie verlohren.</hi> </l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Laßt</hi> </fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [336/0356]
Der Oden
gehn und achzen uͤmm die Grufft.
Sie/ voll Thraͤnen/ ſehn von fernen
Jhren Theil ſtehn in den Sternen.
Der betruͤbſte der betruͤbten
iſt alleine nur nicht hier.
Die ſich vor ſo einig liebten/
ſind getheilt nun fuͤr und fuͤr/
Biß auch Er wird hingelangen/
wo die Liebſte hin iſt gangen.
Wahr iſts/ daß ſein furchtſams Hertze
manch betruͤbter Traum erſchreckt/
wenn ihm der geheime Schmertze
aus dem ſchweren Traum’ erweckt.
Und das traurige Geſichte
ſchwebt ſtets vor dem Augen-liechte.
Urſach’ iſt vollauff zu weinen/
wenn wir ſehn/ was vor uns liegt.
Doch ſo ſollen wir nicht ſcheinen
als mit zagen unvergnuͤgt.
Und den Heyden uns vergleichen/
die kein Troſt nicht kan erweichen.
Meine Freunde/ klagt mit maſſen/
Sie ſind/ wo man ewig bleibt.
Da wir ſie doch muͤſſen laſſen.
Thut doch was ihr feſte glaͤubt:
Welche ſelig ſind geſtorben/
ſeyn und bleiben unverdorben.
Sterben und gebohren werden
iſt das alte Thun der Welt.
Dieſes iſt der Brauch der Erden/
das ſie ewigs nichts nicht haͤlt.
Was die Zeit vor hat gebohren/
wird mit ihr durch ſie verlohren.
Laßt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |