Fontane, Theodor: Unterm Birnbaum. In: Die Gartenlaube 32 (1885), H. 33–41.dem Auge gekommene Hradscheck von der Thür her in den Garten trat und mit einem Spaten in der Hand rasch auf den Birnbaum zuschritt. Hier grub er eifrig und mit sichtlicher Hast, und mußte schon ein gut Theil Erde herausgeworfen haben, als er mit einem Male das Graben aufgab und sich aufs Neue nach allen Seiten hin umsah. Aber auch jetzt wieder (so wenigstens schien es ihr) mehr in Spannung als in Angst und Sorge. "Wat he man hett?" wiederholte sie. Dann sah sie, daß er das Loch rasch wieder zuschüttete. Noch einen Augenblick, und die Gartenthür schloß sich und alles war wieder dunkel. "Hm," brummte die Jeschke. "Dat's joa binoah, as ob he een' abmurkst hett'. Na, so dull wahrd et joa woll nich sinn ... Nei, nei, denn wihr dat Licht nich. Awers ick tru em nich. Un ehr tru ick ook nich." Und damit ging sie wieder bis an ihr Bett und kletterte hinein. Aber ein rechter Schlaf wollt' ihr nicht mehr kommen, und in ihrem halbwachen Zustande sah sie beständig das Flimmern im Kellerloch und dann den Lichtschein, der in den Garten fiel, und dann wieder Hradscheck, wie er unter dem Baume stand und grub. dem Auge gekommene Hradscheck von der Thür her in den Garten trat und mit einem Spaten in der Hand rasch auf den Birnbaum zuschritt. Hier grub er eifrig und mit sichtlicher Hast, und mußte schon ein gut Theil Erde herausgeworfen haben, als er mit einem Male das Graben aufgab und sich aufs Neue nach allen Seiten hin umsah. Aber auch jetzt wieder (so wenigstens schien es ihr) mehr in Spannung als in Angst und Sorge. „Wat he man hett?“ wiederholte sie. Dann sah sie, daß er das Loch rasch wieder zuschüttete. Noch einen Augenblick, und die Gartenthür schloß sich und alles war wieder dunkel. „Hm,“ brummte die Jeschke. „Dat’s joa binoah, as ob he een’ abmurkst hett’. Na, so dull wahrd et joa woll nich sinn … Nei, nei, denn wihr dat Licht nich. Awers ick tru em nich. Un ehr tru ick ook nich.“ Und damit ging sie wieder bis an ihr Bett und kletterte hinein. Aber ein rechter Schlaf wollt’ ihr nicht mehr kommen, und in ihrem halbwachen Zustande sah sie beständig das Flimmern im Kellerloch und dann den Lichtschein, der in den Garten fiel, und dann wieder Hradscheck, wie er unter dem Baume stand und grub. <TEI> <text> <body> <div xml:id="Heft_35"> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0014" n="568"/> dem Auge gekommene Hradscheck von der Thür her in den Garten trat und mit einem Spaten in der Hand rasch auf den Birnbaum zuschritt. Hier grub er eifrig und mit sichtlicher Hast, und mußte schon ein gut Theil Erde herausgeworfen haben, als er mit einem Male das Graben aufgab und sich aufs Neue nach allen Seiten hin umsah. Aber auch jetzt wieder (so wenigstens schien es ihr) mehr in Spannung als in Angst und Sorge.</p><lb/> <p>„Wat he man hett?“ wiederholte sie.</p><lb/> <p>Dann sah sie, daß er das Loch rasch wieder zuschüttete. Noch einen Augenblick, und die Gartenthür schloß sich und alles war wieder dunkel.</p><lb/> <p>„Hm,“ brummte die Jeschke. „Dat’s joa binoah, as ob he een’ abmurkst hett’. Na, so dull wahrd et joa woll nich sinn … Nei, nei, denn wihr dat Licht nich. Awers ick tru em nich. Un ehr tru ick ook nich.“</p><lb/> <p>Und damit ging sie wieder bis an ihr Bett und kletterte hinein.</p><lb/> <p>Aber ein rechter Schlaf wollt’ ihr nicht mehr kommen, und in ihrem halbwachen Zustande sah sie beständig das Flimmern im Kellerloch und dann den Lichtschein, der in den Garten fiel, und dann wieder Hradscheck, wie er unter dem Baume stand und grub.<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">(Fortsetzung folgt.)</hi></hi></p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <gap reason="insignificant"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [568/0014]
dem Auge gekommene Hradscheck von der Thür her in den Garten trat und mit einem Spaten in der Hand rasch auf den Birnbaum zuschritt. Hier grub er eifrig und mit sichtlicher Hast, und mußte schon ein gut Theil Erde herausgeworfen haben, als er mit einem Male das Graben aufgab und sich aufs Neue nach allen Seiten hin umsah. Aber auch jetzt wieder (so wenigstens schien es ihr) mehr in Spannung als in Angst und Sorge.
„Wat he man hett?“ wiederholte sie.
Dann sah sie, daß er das Loch rasch wieder zuschüttete. Noch einen Augenblick, und die Gartenthür schloß sich und alles war wieder dunkel.
„Hm,“ brummte die Jeschke. „Dat’s joa binoah, as ob he een’ abmurkst hett’. Na, so dull wahrd et joa woll nich sinn … Nei, nei, denn wihr dat Licht nich. Awers ick tru em nich. Un ehr tru ick ook nich.“
Und damit ging sie wieder bis an ihr Bett und kletterte hinein.
Aber ein rechter Schlaf wollt’ ihr nicht mehr kommen, und in ihrem halbwachen Zustande sah sie beständig das Flimmern im Kellerloch und dann den Lichtschein, der in den Garten fiel, und dann wieder Hradscheck, wie er unter dem Baume stand und grub.
(Fortsetzung folgt.)
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription.
(2018-07-12T12:36:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-12T12:36:22Z)
Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter https://de.wikisource.org/wiki/Die_Gartenlaube#Editionsrichtlinien formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Fontanes Novelle „Unterm Birnbaum“ erschien 1885 in mehreren Fortsetzungen in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“; die einzelnen Textteile wurden im vorliegenden Text zusammengeführt. Die Abbildungen jeweils zu Beginn der einzelnen Hefte bzw. innerhalb der Textteile gehören nicht zur Novelle und wurden daher im vorliegenden DTA-Text nicht ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |