Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

schweren Herzens in seine Rheinsberger Einsiedelei zurück. Von da
ab gehörte er derselben ganz.

Meine Aufgabe, wie schon Eingangs angedeutet, wird darin
bestehen, den Prinzen in diesem seinem Stillleben zu schildern und
mit einiger Bestimmtheit festzustellen, in welcher Weise und in
welcher Genossenschaft er das letzte Jahrzehnt seines Lebens ver-
brachte.

Diese meine Aufgabe war in so weit schwierig, als gedruckte
Mittheilungen aus jener Epoche so gut wie gar nicht vorliegen;
aber wenn auf der einen Seite das Fehlen literarischer Ueberliefe-
rungen gewisse Schwierigkeiten geschaffen hat, so genoß ich doch
andererseits des nicht genug zu schätzenden Vorzugs, mit Rücksicht
auf namentlich die letzten 10 Jahre der Rheinsberger Hofhaltung,
Personen zu begegnen, die jene letzten Prinz Heinrich-Tage ent-
weder noch miterlebt hatten, oder doch von diesen Tagen, wie von
etwas eben Geschehenem und Erlebtem, hatten erzählen hören. Es
bezieht sich dies namentlich auf die Mittheilungen über den Ma-
jor v. Kaphengst und den Grafen und die Gräfin La Roche-
Aymon.

Die Rheinsberger Kirche hat zwei Glocken aus dem Jahre
1780. Die kleinere von diesen, die die Namen einer Anzahl
Rheinsberger Bürger als Inschrift trägt, interessirt uns nicht,
wohl aber die größere (in einem früheren Kapitel schon erwähnte),
die uns bestimmte Anhaltspunkte für die Geschichte des Prinzen
Heinrich giebt. Die Inschrift dieser Glocke (augenscheinlich ein Ge-
schenk des Prinzen Heinrich an die Stadt) bringt neben dem schon
citirten, mehr als alt-fränkischen Spruch:

Des Feuers starke Wuth riß mich in Stücken nieder,
Mit Gott durch Meyer's Hand ruf ich doch Menschen wieder, --

folgende Namen: Prince Frederic Henri Louis de Prusse,
frere du Roi. Major de Kaphengst. Baron Frederic de
Wreich. Baron Louis de Wreich. Baron de Kniphausen.
Baron de Knesebeck. de Tauentzien
. Alle diese waren Kava-

8

ſchweren Herzens in ſeine Rheinsberger Einſiedelei zurück. Von da
ab gehörte er derſelben ganz.

Meine Aufgabe, wie ſchon Eingangs angedeutet, wird darin
beſtehen, den Prinzen in dieſem ſeinem Stillleben zu ſchildern und
mit einiger Beſtimmtheit feſtzuſtellen, in welcher Weiſe und in
welcher Genoſſenſchaft er das letzte Jahrzehnt ſeines Lebens ver-
brachte.

Dieſe meine Aufgabe war in ſo weit ſchwierig, als gedruckte
Mittheilungen aus jener Epoche ſo gut wie gar nicht vorliegen;
aber wenn auf der einen Seite das Fehlen literariſcher Ueberliefe-
rungen gewiſſe Schwierigkeiten geſchaffen hat, ſo genoß ich doch
andererſeits des nicht genug zu ſchätzenden Vorzugs, mit Rückſicht
auf namentlich die letzten 10 Jahre der Rheinsberger Hofhaltung,
Perſonen zu begegnen, die jene letzten Prinz Heinrich-Tage ent-
weder noch miterlebt hatten, oder doch von dieſen Tagen, wie von
etwas eben Geſchehenem und Erlebtem, hatten erzählen hören. Es
bezieht ſich dies namentlich auf die Mittheilungen über den Ma-
jor v. Kaphengſt und den Grafen und die Gräfin La Roche-
Aymon.

Die Rheinsberger Kirche hat zwei Glocken aus dem Jahre
1780. Die kleinere von dieſen, die die Namen einer Anzahl
Rheinsberger Bürger als Inſchrift trägt, intereſſirt uns nicht,
wohl aber die größere (in einem früheren Kapitel ſchon erwähnte),
die uns beſtimmte Anhaltspunkte für die Geſchichte des Prinzen
Heinrich giebt. Die Inſchrift dieſer Glocke (augenſcheinlich ein Ge-
ſchenk des Prinzen Heinrich an die Stadt) bringt neben dem ſchon
citirten, mehr als alt-fränkiſchen Spruch:

Des Feuers ſtarke Wuth riß mich in Stücken nieder,
Mit Gott durch Meyer’s Hand ruf ich doch Menſchen wieder, —

folgende Namen: Prince Frédéric Henri Louis de Prusse,
frère du Roi. Major de Kaphengst. Baron Frédéric de
Wreich. Baron Louis de Wreich. Baron de Kniphausen.
Baron de Knesebeck. de Tauentzien
. Alle dieſe waren Kava-

8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0131" n="113"/>
&#x017F;chweren Herzens in &#x017F;eine Rheinsberger Ein&#x017F;iedelei zurück. Von da<lb/>
ab gehörte er der&#x017F;elben ganz.</p><lb/>
            <p>Meine Aufgabe, wie &#x017F;chon Eingangs angedeutet, wird darin<lb/>
be&#x017F;tehen, den Prinzen in die&#x017F;em &#x017F;einem Stillleben zu &#x017F;childern und<lb/>
mit einiger Be&#x017F;timmtheit fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen, in welcher Wei&#x017F;e und in<lb/>
welcher Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft er das letzte Jahrzehnt &#x017F;eines Lebens ver-<lb/>
brachte.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e meine Aufgabe war in &#x017F;o weit &#x017F;chwierig, als gedruckte<lb/>
Mittheilungen aus jener Epoche &#x017F;o gut wie gar nicht vorliegen;<lb/>
aber wenn auf der einen Seite das Fehlen literari&#x017F;cher Ueberliefe-<lb/>
rungen gewi&#x017F;&#x017F;e Schwierigkeiten ge&#x017F;chaffen hat, &#x017F;o genoß ich doch<lb/>
anderer&#x017F;eits des nicht genug zu &#x017F;chätzenden Vorzugs, mit Rück&#x017F;icht<lb/>
auf namentlich die letzten 10 Jahre der Rheinsberger Hofhaltung,<lb/>
Per&#x017F;onen zu begegnen, die jene letzten Prinz Heinrich-Tage ent-<lb/>
weder noch miterlebt hatten, oder doch von die&#x017F;en Tagen, wie von<lb/>
etwas eben Ge&#x017F;chehenem und Erlebtem, hatten erzählen hören. Es<lb/>
bezieht &#x017F;ich dies namentlich auf die Mittheilungen über den Ma-<lb/>
jor v. Kapheng&#x017F;t und den Grafen und die Gräfin La Roche-<lb/>
Aymon.</p><lb/>
            <p>Die Rheinsberger Kirche hat zwei Glocken aus dem Jahre<lb/>
1780. Die kleinere von die&#x017F;en, die die Namen einer Anzahl<lb/>
Rheinsberger Bürger als In&#x017F;chrift trägt, intere&#x017F;&#x017F;irt uns nicht,<lb/>
wohl aber die größere (in einem früheren Kapitel &#x017F;chon erwähnte),<lb/>
die uns be&#x017F;timmte Anhaltspunkte für die Ge&#x017F;chichte des Prinzen<lb/>
Heinrich giebt. Die In&#x017F;chrift die&#x017F;er Glocke (augen&#x017F;cheinlich ein Ge-<lb/>
&#x017F;chenk des Prinzen Heinrich an die Stadt) bringt neben dem &#x017F;chon<lb/>
citirten, mehr als alt-fränki&#x017F;chen Spruch:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Des Feuers &#x017F;tarke Wuth riß mich in Stücken nieder,</l><lb/>
              <l>Mit Gott <hi rendition="#g">durch Meyer&#x2019;s Hand</hi> ruf ich doch Men&#x017F;chen wieder, &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <p>folgende Namen: <hi rendition="#aq">Prince Frédéric <hi rendition="#g">Henri</hi> Louis de Prusse,<lb/>
frère du Roi. Major de Kaphengst. Baron Frédéric de<lb/>
Wreich. Baron Louis de Wreich. Baron de Kniphausen.<lb/>
Baron de Knesebeck. de Tauentzien</hi>. Alle die&#x017F;e waren Kava-<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">8</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0131] ſchweren Herzens in ſeine Rheinsberger Einſiedelei zurück. Von da ab gehörte er derſelben ganz. Meine Aufgabe, wie ſchon Eingangs angedeutet, wird darin beſtehen, den Prinzen in dieſem ſeinem Stillleben zu ſchildern und mit einiger Beſtimmtheit feſtzuſtellen, in welcher Weiſe und in welcher Genoſſenſchaft er das letzte Jahrzehnt ſeines Lebens ver- brachte. Dieſe meine Aufgabe war in ſo weit ſchwierig, als gedruckte Mittheilungen aus jener Epoche ſo gut wie gar nicht vorliegen; aber wenn auf der einen Seite das Fehlen literariſcher Ueberliefe- rungen gewiſſe Schwierigkeiten geſchaffen hat, ſo genoß ich doch andererſeits des nicht genug zu ſchätzenden Vorzugs, mit Rückſicht auf namentlich die letzten 10 Jahre der Rheinsberger Hofhaltung, Perſonen zu begegnen, die jene letzten Prinz Heinrich-Tage ent- weder noch miterlebt hatten, oder doch von dieſen Tagen, wie von etwas eben Geſchehenem und Erlebtem, hatten erzählen hören. Es bezieht ſich dies namentlich auf die Mittheilungen über den Ma- jor v. Kaphengſt und den Grafen und die Gräfin La Roche- Aymon. Die Rheinsberger Kirche hat zwei Glocken aus dem Jahre 1780. Die kleinere von dieſen, die die Namen einer Anzahl Rheinsberger Bürger als Inſchrift trägt, intereſſirt uns nicht, wohl aber die größere (in einem früheren Kapitel ſchon erwähnte), die uns beſtimmte Anhaltspunkte für die Geſchichte des Prinzen Heinrich giebt. Die Inſchrift dieſer Glocke (augenſcheinlich ein Ge- ſchenk des Prinzen Heinrich an die Stadt) bringt neben dem ſchon citirten, mehr als alt-fränkiſchen Spruch: Des Feuers ſtarke Wuth riß mich in Stücken nieder, Mit Gott durch Meyer’s Hand ruf ich doch Menſchen wieder, — folgende Namen: Prince Frédéric Henri Louis de Prusse, frère du Roi. Major de Kaphengst. Baron Frédéric de Wreich. Baron Louis de Wreich. Baron de Kniphausen. Baron de Knesebeck. de Tauentzien. Alle dieſe waren Kava- 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/131
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/131>, abgerufen am 26.11.2024.