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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Meseberg vor sich ging. Debaucherieen aller Art lösten sich unter-
einander ab und die unsinnigste Verschwendungssucht (an der der
Prinz ernsthaft Anstoß nahm, denn er war sparsam) griff Platz.

Schloß Meseberg war ein kostbarer Besitz an und für sich,
aber in den Augen des verblendeten Günstlings nicht kostbar genug.

Graf Wartensleben, der durch seine Frau, eine Erbtochter
der dort früher angesessenen Groebens, im Besitz Mesebergs und
der andern obengenannten Güter gekommen war, hatte 1738 und
1739 an der Südspitze des Huvenow-See's ein Schloß aufgeführt.
Wie ein Zauberschloß liegt es jetzt noch da. Der Reisende, der
hier des Weges kommt und über das Sandplateau hinfährt,
dessen weitgespannte Fläche nur hier und da durch einen Kirch-
thurm oder ein Birkengehölz unterbrochen wird, hat keine Ahnung
von der verschwiegenen Thalschlucht, mit Wald und See und
Schloß, die neben ihm liegt. Dieser tiefgelegene Waldsee, der
Huvenow-See geheißen, ist einer jener vielen Seen, die sich, alle
ähnlich und doch alle verschieden, wohl 20 oder 30 an der Zahl,
zwischen dem Ruppin'schen und dem Mecklenburgischen hinziehen
und die vor allem dazu beitragen, diesem Landstrich seine Schön-
heit und seinen Charakter zu geben. Unbedingte Stille herrscht, die
Bäume, die das Ufer dicht einfassen, stehen windgeschützt und rau-
schen leiser als anderswo; die Glocken der feldeinwärts oder hoch
auf dem Plateau weidenden Heerden dringen mit ihrem Klange
nicht hinab in diese Einsamkeit, und nichts vernehmen wir, als
den Schnitt der Sense, die neben uns das Gras mäht, oder den
kurzen Ruck, das leise Geräusch, mit dem der Angler die Angel-
schnur aus dem Wasser zieht. An so romantischer Stelle war es,
wo Graf Wartensleben sein Schloß aufführte. Er that es, wie
die Sage geht, um in der Wilhelmsstraße zu Berlin nicht ein
Gleiches thun zu müssen, denn ein Königlicher Befehl war eben
damals erschienen, der es jedem Edelmann von Rang und Ver-
mögen zur Pflicht machte, in der Wilhelmsstraße ein Palais zu
bauen, falls er nicht nachweisen könne, auf seinen eigenen ländlichen
Besitzungen mit Aufführung eines stattlichen Schlosses beschäftigt

Meſeberg vor ſich ging. Debaucherieen aller Art löſten ſich unter-
einander ab und die unſinnigſte Verſchwendungsſucht (an der der
Prinz ernſthaft Anſtoß nahm, denn er war ſparſam) griff Platz.

Schloß Meſeberg war ein koſtbarer Beſitz an und für ſich,
aber in den Augen des verblendeten Günſtlings nicht koſtbar genug.

Graf Wartensleben, der durch ſeine Frau, eine Erbtochter
der dort früher angeſeſſenen Groebens, im Beſitz Meſebergs und
der andern obengenannten Güter gekommen war, hatte 1738 und
1739 an der Südſpitze des Huvenow-See’s ein Schloß aufgeführt.
Wie ein Zauberſchloß liegt es jetzt noch da. Der Reiſende, der
hier des Weges kommt und über das Sandplateau hinfährt,
deſſen weitgeſpannte Fläche nur hier und da durch einen Kirch-
thurm oder ein Birkengehölz unterbrochen wird, hat keine Ahnung
von der verſchwiegenen Thalſchlucht, mit Wald und See und
Schloß, die neben ihm liegt. Dieſer tiefgelegene Waldſee, der
Huvenow-See geheißen, iſt einer jener vielen Seen, die ſich, alle
ähnlich und doch alle verſchieden, wohl 20 oder 30 an der Zahl,
zwiſchen dem Ruppin’ſchen und dem Mecklenburgiſchen hinziehen
und die vor allem dazu beitragen, dieſem Landſtrich ſeine Schön-
heit und ſeinen Charakter zu geben. Unbedingte Stille herrſcht, die
Bäume, die das Ufer dicht einfaſſen, ſtehen windgeſchützt und rau-
ſchen leiſer als anderswo; die Glocken der feldeinwärts oder hoch
auf dem Plateau weidenden Heerden dringen mit ihrem Klange
nicht hinab in dieſe Einſamkeit, und nichts vernehmen wir, als
den Schnitt der Senſe, die neben uns das Gras mäht, oder den
kurzen Ruck, das leiſe Geräuſch, mit dem der Angler die Angel-
ſchnur aus dem Waſſer zieht. An ſo romantiſcher Stelle war es,
wo Graf Wartensleben ſein Schloß aufführte. Er that es, wie
die Sage geht, um in der Wilhelmsſtraße zu Berlin nicht ein
Gleiches thun zu müſſen, denn ein Königlicher Befehl war eben
damals erſchienen, der es jedem Edelmann von Rang und Ver-
mögen zur Pflicht machte, in der Wilhelmsſtraße ein Palais zu
bauen, falls er nicht nachweiſen könne, auf ſeinen eigenen ländlichen
Beſitzungen mit Aufführung eines ſtattlichen Schloſſes beſchäftigt

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[128/0146] Meſeberg vor ſich ging. Debaucherieen aller Art löſten ſich unter- einander ab und die unſinnigſte Verſchwendungsſucht (an der der Prinz ernſthaft Anſtoß nahm, denn er war ſparſam) griff Platz. Schloß Meſeberg war ein koſtbarer Beſitz an und für ſich, aber in den Augen des verblendeten Günſtlings nicht koſtbar genug. Graf Wartensleben, der durch ſeine Frau, eine Erbtochter der dort früher angeſeſſenen Groebens, im Beſitz Meſebergs und der andern obengenannten Güter gekommen war, hatte 1738 und 1739 an der Südſpitze des Huvenow-See’s ein Schloß aufgeführt. Wie ein Zauberſchloß liegt es jetzt noch da. Der Reiſende, der hier des Weges kommt und über das Sandplateau hinfährt, deſſen weitgeſpannte Fläche nur hier und da durch einen Kirch- thurm oder ein Birkengehölz unterbrochen wird, hat keine Ahnung von der verſchwiegenen Thalſchlucht, mit Wald und See und Schloß, die neben ihm liegt. Dieſer tiefgelegene Waldſee, der Huvenow-See geheißen, iſt einer jener vielen Seen, die ſich, alle ähnlich und doch alle verſchieden, wohl 20 oder 30 an der Zahl, zwiſchen dem Ruppin’ſchen und dem Mecklenburgiſchen hinziehen und die vor allem dazu beitragen, dieſem Landſtrich ſeine Schön- heit und ſeinen Charakter zu geben. Unbedingte Stille herrſcht, die Bäume, die das Ufer dicht einfaſſen, ſtehen windgeſchützt und rau- ſchen leiſer als anderswo; die Glocken der feldeinwärts oder hoch auf dem Plateau weidenden Heerden dringen mit ihrem Klange nicht hinab in dieſe Einſamkeit, und nichts vernehmen wir, als den Schnitt der Senſe, die neben uns das Gras mäht, oder den kurzen Ruck, das leiſe Geräuſch, mit dem der Angler die Angel- ſchnur aus dem Waſſer zieht. An ſo romantiſcher Stelle war es, wo Graf Wartensleben ſein Schloß aufführte. Er that es, wie die Sage geht, um in der Wilhelmsſtraße zu Berlin nicht ein Gleiches thun zu müſſen, denn ein Königlicher Befehl war eben damals erſchienen, der es jedem Edelmann von Rang und Ver- mögen zur Pflicht machte, in der Wilhelmsſtraße ein Palais zu bauen, falls er nicht nachweiſen könne, auf ſeinen eigenen ländlichen Beſitzungen mit Aufführung eines ſtattlichen Schloſſes beſchäftigt

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/146>, abgerufen am 28.11.2024.