Es schien das Abendroth Auf diese sumpfgewordne Urwald-Stätte, Wo ungestört das Leben mit dem Tod Jahrtausendlang gekämpfet um die Wette. Lenau.
Die große norddeutsche Ebene ist reich an erlen-bestandenen Sumpfstrecken, die entweder an den Ufern der Flüsse oder insel- artig zwischen den Armen und Verzweigungen derselben sich hin- ziehen und gemeinhin Brüche oder Bruchland genannt werden. Jeder kennt das Weichsel- und das Oder-Bruch, -- Fluß-Niede- rungen, die durch die Fruchtbarkeit ihres Bodens und einen ent- sprechenden Reichthum ihrer Bewohner berühmt geworden sind.
Das Havelland, -- d. h. jene nach drei Seiten hin von der Havel, im Norden aber vom Rhin-Fluß eingeschlossene Havel- insel, die das Herz der Brandenburgischen Lande bildet, -- besaß ebenfalls solche erlenbestandene Sumpfstrecken, die sich aber bis diesen Tag, und zwar trotz der mannichfachsten Veränderungen und Umbildungen eine Sonderbenennung erhalten haben. Sie führen den Namen "das Luch" und haben in der That vollen Anspruch auf eine unterscheidende Bezeichnung, da sie in Form und Art von den fruchtbaren Flußniederungen anderer Gegenden vielfach abweichen und z. B. statt des Weizens und der Gerste nur ein mittelmäßiges Heu produciren. Im Großen und Ganzen darf man vom "Luche" sagen, daß es weniger seine Producte, als vielmehr
Das Wuſtrauer Luch.
Es ſchien das Abendroth Auf dieſe ſumpfgewordne Urwald-Stätte, Wo ungeſtört das Leben mit dem Tod Jahrtauſendlang gekämpfet um die Wette. Lenau.
Die große norddeutſche Ebene iſt reich an erlen-beſtandenen Sumpfſtrecken, die entweder an den Ufern der Flüſſe oder inſel- artig zwiſchen den Armen und Verzweigungen derſelben ſich hin- ziehen und gemeinhin Brüche oder Bruchland genannt werden. Jeder kennt das Weichſel- und das Oder-Bruch, — Fluß-Niede- rungen, die durch die Fruchtbarkeit ihres Bodens und einen ent- ſprechenden Reichthum ihrer Bewohner berühmt geworden ſind.
Das Havelland, — d. h. jene nach drei Seiten hin von der Havel, im Norden aber vom Rhin-Fluß eingeſchloſſene Havel- inſel, die das Herz der Brandenburgiſchen Lande bildet, — beſaß ebenfalls ſolche erlenbeſtandene Sumpfſtrecken, die ſich aber bis dieſen Tag, und zwar trotz der mannichfachſten Veränderungen und Umbildungen eine Sonderbenennung erhalten haben. Sie führen den Namen „das Luch“ und haben in der That vollen Anſpruch auf eine unterſcheidende Bezeichnung, da ſie in Form und Art von den fruchtbaren Flußniederungen anderer Gegenden vielfach abweichen und z. B. ſtatt des Weizens und der Gerſte nur ein mittelmäßiges Heu produciren. Im Großen und Ganzen darf man vom „Luche“ ſagen, daß es weniger ſeine Producte, als vielmehr
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Das Wuſtrauer Luch.
Es ſchien das Abendroth
Auf dieſe ſumpfgewordne Urwald-Stätte,
Wo ungeſtört das Leben mit dem Tod
Jahrtauſendlang gekämpfet um die Wette.
Lenau.
Die große norddeutſche Ebene iſt reich an erlen-beſtandenen
Sumpfſtrecken, die entweder an den Ufern der Flüſſe oder inſel-
artig zwiſchen den Armen und Verzweigungen derſelben ſich hin-
ziehen und gemeinhin Brüche oder Bruchland genannt werden.
Jeder kennt das Weichſel- und das Oder-Bruch, — Fluß-Niede-
rungen, die durch die Fruchtbarkeit ihres Bodens und einen ent-
ſprechenden Reichthum ihrer Bewohner berühmt geworden ſind.
Das Havelland, — d. h. jene nach drei Seiten hin von
der Havel, im Norden aber vom Rhin-Fluß eingeſchloſſene Havel-
inſel, die das Herz der Brandenburgiſchen Lande bildet, — beſaß
ebenfalls ſolche erlenbeſtandene Sumpfſtrecken, die ſich aber bis
dieſen Tag, und zwar trotz der mannichfachſten Veränderungen
und Umbildungen eine Sonderbenennung erhalten haben. Sie führen
den Namen „das Luch“ und haben in der That vollen Anſpruch
auf eine unterſcheidende Bezeichnung, da ſie in Form und Art
von den fruchtbaren Flußniederungen anderer Gegenden vielfach
abweichen und z. B. ſtatt des Weizens und der Gerſte nur ein
mittelmäßiges Heu produciren. Im Großen und Ganzen darf man
vom „Luche“ ſagen, daß es weniger ſeine Producte, als vielmehr
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. [172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/190>, abgerufen am 29.11.2024.
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