Relief ist besonders durch die Art der Auffassung merkwürdig. Die sitzende Klotho spinnt, und die in der Mitte stehende Atropos schneidet den Lebensfaden ab; die Lachesis aber steht an einem Globus und bezeichnet an demselben das menschliche Geschick.
Hieran schließen sich, bevor wir zu den Arbeiten neuer Mei- ster übergehen, jene werthvollen, wenigstens zum Theil der Antike angehörigen Geschenke, die von Seiten Pius VII., als Zeichen des Danks für wichtige, auf dem Wiener Congreß und später in Paris ihm geleistete Dienste, an Wilhelm von Humboldt überreicht wurden. Diese Geschenke sind folgende: "Eine Säule von orienta- lischem Granit, die eine moderne Copie, in grünem Porphyr, von dem berühmten Kopfe der Medusa aus dem Hause Rondanini trägt, deren Original sich in der Glyptothek zu München befindet. -- Zwei andere Säulen aus rosso antico von großer Schön- heit, die zwei zierliche Vasen aus jener Marmorart tragen, die den Namen giallo antico führt. -- Alle drei Säulen tragen, aufge- hängt an einem Kettchen, das in Erz gegossene und vergoldete Wappen Pius VII. Es besteht aus drei Feldern, in deren größe- rem sich das päpstliche Doppelkreuz und die Inschrift Pax befindet, während die zwei kleineren Felder drei Sternchen und drei Köpfe zeigen. Ueber jedem einzelnen Wappen kreuzen sich die Schlüssel Petri. Diese werthvollen Geschenke wurden an Wilhelm von Hum- boldt mit folgendem Schreiben überreicht:
"An den Herrn Baron von Humboldt der Papst Pius VII."
"Der so nachdrückliche Beistand, welchen Sie dem Ritter Ca- nova *) zu dem glücklichen Ausgang seines Auftrags haben ange- deihen lassen, hat Uns nicht überrascht, denn da Wir Sie zur Genüge kennen, versahen Wir Uns mit Gewißheit, daß Sie sich der Sache Roms und Unserer Person mit Nachdruck annehmen würden. Nichtsdestoweniger fühlen Wir uns, nachdem Wir ver-
*) Der berühmte Bildhauer Canova war im Jahr 1815 Commissa- rius für die Zurückforderung der aus den päpstlichen Staaten nach Paris entführten Kunstdenkmäler.
Relief iſt beſonders durch die Art der Auffaſſung merkwürdig. Die ſitzende Klotho ſpinnt, und die in der Mitte ſtehende Atropos ſchneidet den Lebensfaden ab; die Lacheſis aber ſteht an einem Globus und bezeichnet an demſelben das menſchliche Geſchick.
Hieran ſchließen ſich, bevor wir zu den Arbeiten neuer Mei- ſter übergehen, jene werthvollen, wenigſtens zum Theil der Antike angehörigen Geſchenke, die von Seiten Pius VII., als Zeichen des Danks für wichtige, auf dem Wiener Congreß und ſpäter in Paris ihm geleiſtete Dienſte, an Wilhelm von Humboldt überreicht wurden. Dieſe Geſchenke ſind folgende: „Eine Säule von orienta- liſchem Granit, die eine moderne Copie, in grünem Porphyr, von dem berühmten Kopfe der Meduſa aus dem Hauſe Rondanini trägt, deren Original ſich in der Glyptothek zu München befindet. — Zwei andere Säulen aus rosso antico von großer Schön- heit, die zwei zierliche Vaſen aus jener Marmorart tragen, die den Namen giallo antico führt. — Alle drei Säulen tragen, aufge- hängt an einem Kettchen, das in Erz gegoſſene und vergoldete Wappen Pius VII. Es beſteht aus drei Feldern, in deren größe- rem ſich das päpſtliche Doppelkreuz und die Inſchrift Pax befindet, während die zwei kleineren Felder drei Sternchen und drei Köpfe zeigen. Ueber jedem einzelnen Wappen kreuzen ſich die Schlüſſel Petri. Dieſe werthvollen Geſchenke wurden an Wilhelm von Hum- boldt mit folgendem Schreiben überreicht:
„An den Herrn Baron von Humboldt der Papſt Pius VII.“
„Der ſo nachdrückliche Beiſtand, welchen Sie dem Ritter Ca- nova *) zu dem glücklichen Ausgang ſeines Auftrags haben ange- deihen laſſen, hat Uns nicht überraſcht, denn da Wir Sie zur Genüge kennen, verſahen Wir Uns mit Gewißheit, daß Sie ſich der Sache Roms und Unſerer Perſon mit Nachdruck annehmen würden. Nichtsdeſtoweniger fühlen Wir uns, nachdem Wir ver-
*) Der berühmte Bildhauer Canova war im Jahr 1815 Commiſſa- rius für die Zurückforderung der aus den päpſtlichen Staaten nach Paris entführten Kunſtdenkmäler.
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Relief iſt beſonders durch die Art der Auffaſſung merkwürdig. Die
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ſchneidet den Lebensfaden ab; die Lacheſis aber ſteht an einem
Globus und bezeichnet an demſelben das menſchliche Geſchick.
Hieran ſchließen ſich, bevor wir zu den Arbeiten neuer Mei-
ſter übergehen, jene werthvollen, wenigſtens zum Theil der Antike
angehörigen Geſchenke, die von Seiten Pius VII., als Zeichen
des Danks für wichtige, auf dem Wiener Congreß und ſpäter in
Paris ihm geleiſtete Dienſte, an Wilhelm von Humboldt überreicht
wurden. Dieſe Geſchenke ſind folgende: „Eine Säule von orienta-
liſchem Granit, die eine moderne Copie, in grünem Porphyr, von
dem berühmten Kopfe der Meduſa aus dem Hauſe Rondanini
trägt, deren Original ſich in der Glyptothek zu München befindet.
— Zwei andere Säulen aus rosso antico von großer Schön-
heit, die zwei zierliche Vaſen aus jener Marmorart tragen, die den
Namen giallo antico führt. — Alle drei Säulen tragen, aufge-
hängt an einem Kettchen, das in Erz gegoſſene und vergoldete
Wappen Pius VII. Es beſteht aus drei Feldern, in deren größe-
rem ſich das päpſtliche Doppelkreuz und die Inſchrift Pax befindet,
während die zwei kleineren Felder drei Sternchen und drei Köpfe
zeigen. Ueber jedem einzelnen Wappen kreuzen ſich die Schlüſſel
Petri. Dieſe werthvollen Geſchenke wurden an Wilhelm von Hum-
boldt mit folgendem Schreiben überreicht:
„An den Herrn Baron von Humboldt der Papſt Pius VII.“
„Der ſo nachdrückliche Beiſtand, welchen Sie dem Ritter Ca-
nova *) zu dem glücklichen Ausgang ſeines Auftrags haben ange-
deihen laſſen, hat Uns nicht überraſcht, denn da Wir Sie zur
Genüge kennen, verſahen Wir Uns mit Gewißheit, daß Sie ſich
der Sache Roms und Unſerer Perſon mit Nachdruck annehmen
würden. Nichtsdeſtoweniger fühlen Wir uns, nachdem Wir ver-
*) Der berühmte Bildhauer Canova war im Jahr 1815 Commiſſa-
rius für die Zurückforderung der aus den päpſtlichen Staaten nach Paris
entführten Kunſtdenkmäler.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/217>, abgerufen am 26.11.2024.
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