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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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von Berlin auf und traf am Nachmittag desselben Tages in Ora-
nienburg ein. Ihr Hofstaat folgte ihr in einer langen Reihe von
Karossen, wohl dreißig an der Zahl. Die Prinzessin Amalie saß
im Wagen der Königin. Sobald dem Prinzen August Wilhelm
das Herannahen des Zuges gemeldet war, eilte er die große Allee
hinauf, dem Zuge entgegen, sprang angesichts des Wagens der
Königin Mutter vom Pferde und begrüßte sie, indem er entblößten
Hauptes an den Schlag des Wagens trat. Dann schwang er sich
rasch wieder in den Sattel und eilte dem Zuge in gestrecktem
Galopp vorauf, um vor dem Eingang des Schlosses die Honneurs
machen zu können. Ihm zur Seite standen seine Gemahlin die
Prinzessin von Preußen (eine geborne Prinzessin von Braunschweig),
die Prinzen Heinrich und Ferdinand, außerdem die Hofdamen von
Wollden, von Henckel, von Wartensleben, von Kamecke, von Hacke,
von Pannewitz und von Kannenberg. Die Königin umarmte ihre
Söhne auf's zärtlichste, begrüßte die Umstehenden und wurde dann
die große Treppe hinauf in das für sie bestimmte Schlafgemach
geführt, dasselbe, das König Friedrich I. bei seinen Besuchen in
Schloß Oranienburg zu bewohnen pflegte. Die Königin fand in
diesem Zimmer ein Staatsbett von rothem Dammast vor, eben so
einen Fauteuil, einen Ofenschirm und vier Tabourets von demsel-
ben Stoff und derselben Farbe. Bald, nachdem die hohe Frau sich
eingerichtet und an dem Anblick von Park und Landschaft erfreut
hatte, erschien der Prinz, um ihr drei schöne Figuren von Dresdner
Porzellan zu überreichen, an denen die Königin Mutter, wie der
Prinz wußte, eine besondere Freude zu haben pflegte. Aber die
Königin Mutter war es nicht allein, an die sich die Aufmerksam-
keiten dieses liebenswürdigen Prinzen richteten, auch Baron von
Poellnitz wurde einer ähnlichen Aufmerksamkeit gewürdigt. Seine
Königliche Hoheit kannten sehr wohl die Vorliebe des alten Barons
(v. Poellnitz) für alle Antiquitäten und Curiositäten aus der Zeit
König Friedrichs I. her, der ihm immer ein guter und gnädiger
Herr gewesen war, und eingedenk dieser Vorliebe, überreichten
Seine Königliche Hoheit dem alten Baron eine reich mit Gold

von Berlin auf und traf am Nachmittag deſſelben Tages in Ora-
nienburg ein. Ihr Hofſtaat folgte ihr in einer langen Reihe von
Karoſſen, wohl dreißig an der Zahl. Die Prinzeſſin Amalie ſaß
im Wagen der Königin. Sobald dem Prinzen Auguſt Wilhelm
das Herannahen des Zuges gemeldet war, eilte er die große Allee
hinauf, dem Zuge entgegen, ſprang angeſichts des Wagens der
Königin Mutter vom Pferde und begrüßte ſie, indem er entblößten
Hauptes an den Schlag des Wagens trat. Dann ſchwang er ſich
raſch wieder in den Sattel und eilte dem Zuge in geſtrecktem
Galopp vorauf, um vor dem Eingang des Schloſſes die Honneurs
machen zu können. Ihm zur Seite ſtanden ſeine Gemahlin die
Prinzeſſin von Preußen (eine geborne Prinzeſſin von Braunſchweig),
die Prinzen Heinrich und Ferdinand, außerdem die Hofdamen von
Wollden, von Henckel, von Wartensleben, von Kamecke, von Hacke,
von Pannewitz und von Kannenberg. Die Königin umarmte ihre
Söhne auf’s zärtlichſte, begrüßte die Umſtehenden und wurde dann
die große Treppe hinauf in das für ſie beſtimmte Schlafgemach
geführt, daſſelbe, das König Friedrich I. bei ſeinen Beſuchen in
Schloß Oranienburg zu bewohnen pflegte. Die Königin fand in
dieſem Zimmer ein Staatsbett von rothem Dammaſt vor, eben ſo
einen Fauteuil, einen Ofenſchirm und vier Tabourets von demſel-
ben Stoff und derſelben Farbe. Bald, nachdem die hohe Frau ſich
eingerichtet und an dem Anblick von Park und Landſchaft erfreut
hatte, erſchien der Prinz, um ihr drei ſchöne Figuren von Dresdner
Porzellan zu überreichen, an denen die Königin Mutter, wie der
Prinz wußte, eine beſondere Freude zu haben pflegte. Aber die
Königin Mutter war es nicht allein, an die ſich die Aufmerkſam-
keiten dieſes liebenswürdigen Prinzen richteten, auch Baron von
Poellnitz wurde einer ähnlichen Aufmerkſamkeit gewürdigt. Seine
Königliche Hoheit kannten ſehr wohl die Vorliebe des alten Barons
(v. Poellnitz) für alle Antiquitäten und Curioſitäten aus der Zeit
König Friedrichs I. her, der ihm immer ein guter und gnädiger
Herr geweſen war, und eingedenk dieſer Vorliebe, überreichten
Seine Königliche Hoheit dem alten Baron eine reich mit Gold

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[224/0242] von Berlin auf und traf am Nachmittag deſſelben Tages in Ora- nienburg ein. Ihr Hofſtaat folgte ihr in einer langen Reihe von Karoſſen, wohl dreißig an der Zahl. Die Prinzeſſin Amalie ſaß im Wagen der Königin. Sobald dem Prinzen Auguſt Wilhelm das Herannahen des Zuges gemeldet war, eilte er die große Allee hinauf, dem Zuge entgegen, ſprang angeſichts des Wagens der Königin Mutter vom Pferde und begrüßte ſie, indem er entblößten Hauptes an den Schlag des Wagens trat. Dann ſchwang er ſich raſch wieder in den Sattel und eilte dem Zuge in geſtrecktem Galopp vorauf, um vor dem Eingang des Schloſſes die Honneurs machen zu können. Ihm zur Seite ſtanden ſeine Gemahlin die Prinzeſſin von Preußen (eine geborne Prinzeſſin von Braunſchweig), die Prinzen Heinrich und Ferdinand, außerdem die Hofdamen von Wollden, von Henckel, von Wartensleben, von Kamecke, von Hacke, von Pannewitz und von Kannenberg. Die Königin umarmte ihre Söhne auf’s zärtlichſte, begrüßte die Umſtehenden und wurde dann die große Treppe hinauf in das für ſie beſtimmte Schlafgemach geführt, daſſelbe, das König Friedrich I. bei ſeinen Beſuchen in Schloß Oranienburg zu bewohnen pflegte. Die Königin fand in dieſem Zimmer ein Staatsbett von rothem Dammaſt vor, eben ſo einen Fauteuil, einen Ofenſchirm und vier Tabourets von demſel- ben Stoff und derſelben Farbe. Bald, nachdem die hohe Frau ſich eingerichtet und an dem Anblick von Park und Landſchaft erfreut hatte, erſchien der Prinz, um ihr drei ſchöne Figuren von Dresdner Porzellan zu überreichen, an denen die Königin Mutter, wie der Prinz wußte, eine beſondere Freude zu haben pflegte. Aber die Königin Mutter war es nicht allein, an die ſich die Aufmerkſam- keiten dieſes liebenswürdigen Prinzen richteten, auch Baron von Poellnitz wurde einer ähnlichen Aufmerkſamkeit gewürdigt. Seine Königliche Hoheit kannten ſehr wohl die Vorliebe des alten Barons (v. Poellnitz) für alle Antiquitäten und Curioſitäten aus der Zeit König Friedrichs I. her, der ihm immer ein guter und gnädiger Herr geweſen war, und eingedenk dieſer Vorliebe, überreichten Seine Königliche Hoheit dem alten Baron eine reich mit Gold

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/242>, abgerufen am 24.11.2024.