so hier die 3 Ehemänner. Den noch lebenden (oder jüngst ver- storbenen) hält sie, als Medaillonporträt, mit dem Ausdruck ruhi- gen Besitzes, fest in ihrer Rechten; der zweite, noch klar erkennbar, zieht sich bereits in den Hintergrund des Bildes zurück; unser Freund der Oberst aber, dessen ganze Schuld darin bestand, schon 20 Jahre vor Entstehung dieses Bildes den Heldentod gestorben zu sein, verliert sich völlig in nebelhafter Ferne und wirkt nur noch mit, um das Ensemble und die symmetrische Anordnung des Ganzen nicht zu stören. Möglich, daß solche Bilder öfter sich vor- finden, mir war es das erste der Art.
(Johann von Loeben.) Der Anbau der Kirche enthält noch manches andere von Bildwerken und Denkmälern, wir treten aber, von dem Bildniß der stattlichen Frau hinweg, in den alten Theil der Kirche zurück, wo wir, genau an der Stelle, wo Be- hufs des Anbaues die alte Giebelwand durchbrochen wurde, an den pfeilerartig stehen gebliebenen Mauerresten, verschiedenen alten Porträts aus dem Anfang und Schluß des 17. Jahrhunderts be- gegnen, Porträts, die, wenn man den Ausdruck gestatten will, der eigentlichen Zeit Blumbergs, seinem historischen Jahrhundert (eben dem 17.) angehören. Diese Bilder geleiten uns durch drei (genauer genommen vier) Generationen einer und derselben Fa- milie, aber es ist weibliche Descendenz und so wechseln die Na- men: Loeben, Burgsdorf, Canitz.
Da haben wir zunächst, halb versteckt unter einem Behang von Spinnweb, die Bildnisse Johann von Loebens und seines Ehegemahls. Er ist ein alter Herr und die spanische Tracht von schwarzem Sammt, dazu die goldne Kanzlerkette, würden keinen Zweifel über die Vornehmheit des Mannes lassen, wenn auch die Züge weniger Entschlossenheit und die großen hellen Augen minder Würde und Leutseligkeit ausdrückten. Die Umschrift des Bildes lautet: "Johann von Loeben, Kurfürstlich Brandenburgischer Ge- heimer Rath und Kanzler hat 1602 die Güter Blumberg, Eiche, Dalwitz und Helmstorff erkauft, christlich und weislich solchen vor- gestanden und regieret 34 Jahr, und ist gewesen ein weiser und
ſo hier die 3 Ehemänner. Den noch lebenden (oder jüngſt ver- ſtorbenen) hält ſie, als Medaillonporträt, mit dem Ausdruck ruhi- gen Beſitzes, feſt in ihrer Rechten; der zweite, noch klar erkennbar, zieht ſich bereits in den Hintergrund des Bildes zurück; unſer Freund der Oberſt aber, deſſen ganze Schuld darin beſtand, ſchon 20 Jahre vor Entſtehung dieſes Bildes den Heldentod geſtorben zu ſein, verliert ſich völlig in nebelhafter Ferne und wirkt nur noch mit, um das Enſemble und die ſymmetriſche Anordnung des Ganzen nicht zu ſtören. Möglich, daß ſolche Bilder öfter ſich vor- finden, mir war es das erſte der Art.
(Johann von Loeben.) Der Anbau der Kirche enthält noch manches andere von Bildwerken und Denkmälern, wir treten aber, von dem Bildniß der ſtattlichen Frau hinweg, in den alten Theil der Kirche zurück, wo wir, genau an der Stelle, wo Be- hufs des Anbaues die alte Giebelwand durchbrochen wurde, an den pfeilerartig ſtehen gebliebenen Mauerreſten, verſchiedenen alten Porträts aus dem Anfang und Schluß des 17. Jahrhunderts be- gegnen, Porträts, die, wenn man den Ausdruck geſtatten will, der eigentlichen Zeit Blumbergs, ſeinem hiſtoriſchen Jahrhundert (eben dem 17.) angehören. Dieſe Bilder geleiten uns durch drei (genauer genommen vier) Generationen einer und derſelben Fa- milie, aber es iſt weibliche Deſcendenz und ſo wechſeln die Na- men: Loeben, Burgsdorf, Canitz.
Da haben wir zunächſt, halb verſteckt unter einem Behang von Spinnweb, die Bildniſſe Johann von Loebens und ſeines Ehegemahls. Er iſt ein alter Herr und die ſpaniſche Tracht von ſchwarzem Sammt, dazu die goldne Kanzlerkette, würden keinen Zweifel über die Vornehmheit des Mannes laſſen, wenn auch die Züge weniger Entſchloſſenheit und die großen hellen Augen minder Würde und Leutſeligkeit ausdrückten. Die Umſchrift des Bildes lautet: „Johann von Loeben, Kurfürſtlich Brandenburgiſcher Ge- heimer Rath und Kanzler hat 1602 die Güter Blumberg, Eiche, Dalwitz und Helmstorff erkauft, chriſtlich und weislich ſolchen vor- geſtanden und regieret 34 Jahr, und iſt geweſen ein weiſer und
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ſo hier die 3 Ehemänner. Den noch lebenden (oder jüngſt ver-
ſtorbenen) hält ſie, als Medaillonporträt, mit dem Ausdruck ruhi-
gen Beſitzes, feſt in ihrer Rechten; der zweite, noch klar erkennbar,
zieht ſich bereits in den Hintergrund des Bildes zurück; unſer
Freund der Oberſt aber, deſſen ganze Schuld darin beſtand, ſchon
20 Jahre vor Entſtehung dieſes Bildes den Heldentod geſtorben
zu ſein, verliert ſich völlig in nebelhafter Ferne und wirkt nur
noch mit, um das Enſemble und die ſymmetriſche Anordnung des
Ganzen nicht zu ſtören. Möglich, daß ſolche Bilder öfter ſich vor-
finden, mir war es das erſte der Art.
(Johann von Loeben.) Der Anbau der Kirche enthält
noch manches andere von Bildwerken und Denkmälern, wir treten
aber, von dem Bildniß der ſtattlichen Frau hinweg, in den alten
Theil der Kirche zurück, wo wir, genau an der Stelle, wo Be-
hufs des Anbaues die alte Giebelwand durchbrochen wurde, an
den pfeilerartig ſtehen gebliebenen Mauerreſten, verſchiedenen alten
Porträts aus dem Anfang und Schluß des 17. Jahrhunderts be-
gegnen, Porträts, die, wenn man den Ausdruck geſtatten will, der
eigentlichen Zeit Blumbergs, ſeinem hiſtoriſchen Jahrhundert
(eben dem 17.) angehören. Dieſe Bilder geleiten uns durch drei
(genauer genommen vier) Generationen einer und derſelben Fa-
milie, aber es iſt weibliche Deſcendenz und ſo wechſeln die Na-
men: Loeben, Burgsdorf, Canitz.
Da haben wir zunächſt, halb verſteckt unter einem Behang
von Spinnweb, die Bildniſſe Johann von Loebens und ſeines
Ehegemahls. Er iſt ein alter Herr und die ſpaniſche Tracht von
ſchwarzem Sammt, dazu die goldne Kanzlerkette, würden keinen
Zweifel über die Vornehmheit des Mannes laſſen, wenn auch die
Züge weniger Entſchloſſenheit und die großen hellen Augen minder
Würde und Leutſeligkeit ausdrückten. Die Umſchrift des Bildes
lautet: „Johann von Loeben, Kurfürſtlich Brandenburgiſcher Ge-
heimer Rath und Kanzler hat 1602 die Güter Blumberg, Eiche,
Dalwitz und Helmstorff erkauft, chriſtlich und weislich ſolchen vor-
geſtanden und regieret 34 Jahr, und iſt geweſen ein weiſer und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/272>, abgerufen am 23.11.2024.
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