Glanzzeit Blumbergs fällt nicht nur in die Tage, wo Canitz hier dichtete und heitre Gastfreundschaft übte, nein selbst der Name des Dorfes würde nie über seine nächste Umgebung hinaus bekannt geworden sein, wenn ihm nicht die Alexandriner des märkischen Poeten zu einem Plätzchen in der Literatur-Geschichte und zu einem ähnlich guten Klange verholfen hätten, wie ihn Wandsbeck, oder Gohlis oder Alten-Gleichen haben.
Das Bildniß der alten Frau von Burgsdorf, dem wir uns jetzt zuwenden, ist wohl erhalten und trägt folgende Inschrift: "Die Verwittwete Frau Oberkammerherrin von Burgsdorf, geborne von Loeben, bekommt nach Absterben ihrer Frau Mutter alle Güter, so ihr Herr Vater, der Herr Kanzler von Loeben in Besitz gehabt; stehet solchen mit besondrem Ruhm und Leutseligkeit vor; aus Liebe für die Blumberg'schen und Eichischen Unterthanen, legirt sie in ihrem Testament den Armen von beiden Gütern ein Capital von 500 Thalern. Sie setzet annoch bei ihrem Leben den klugen Staatsminister Freiherrn von Canitz als ihren einzigen Enkel, zum Erben ihrer Güter ein. Erlanget von dem Höchsten die Verheißung langen Lebens und bringet solches auf 77 Jahr."
Das Bild (wie wir aus der Unterschrift schließen müssen, erst nach dem Tode der alten Dame gemalt) ist wahrscheinlich die Copie nach einem früheren Gemälde, das bereits bei ihren Leb- zeiten existirte, denn der lebensvolle Kopf, der, aus dem schlichten Holzrahmen heraus, hier zu uns spricht, ist nicht der Kopf einer 77 jährigen Greisin, sondern der Kopf einer Frau in den besten Jahren, deren Embonpoint sie siegreich schützt gegen die verrätheri- sche Furchenschrift der ersten 50er Jahre, und deren lang herab- hängende dunkle Locken noch den Vorsatz der Trägerin aussprechen, nicht alt sein zu wollen.
Das Kostüm ist so ziemlich dasselbe, wie unsere Damen jetzt es tragen. Das Kleid ist weit ausgeschnitten, aber ein reiches Kantenhemd umschließt den Nacken bis hoch herauf, und allerhand Schnüre und Borten ziehen sich decent über den gestickten Brust- latz hin. Die Aermel sind kurz und weit und überdecken kaum zur
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Glanzzeit Blumbergs fällt nicht nur in die Tage, wo Canitz hier dichtete und heitre Gaſtfreundſchaft übte, nein ſelbſt der Name des Dorfes würde nie über ſeine nächſte Umgebung hinaus bekannt geworden ſein, wenn ihm nicht die Alexandriner des märkiſchen Poeten zu einem Plätzchen in der Literatur-Geſchichte und zu einem ähnlich guten Klange verholfen hätten, wie ihn Wandsbeck, oder Gohlis oder Alten-Gleichen haben.
Das Bildniß der alten Frau von Burgsdorf, dem wir uns jetzt zuwenden, iſt wohl erhalten und trägt folgende Inſchrift: „Die Verwittwete Frau Oberkammerherrin von Burgsdorf, geborne von Loeben, bekommt nach Abſterben ihrer Frau Mutter alle Güter, ſo ihr Herr Vater, der Herr Kanzler von Loeben in Beſitz gehabt; ſtehet ſolchen mit beſondrem Ruhm und Leutſeligkeit vor; aus Liebe für die Blumberg’ſchen und Eichiſchen Unterthanen, legirt ſie in ihrem Teſtament den Armen von beiden Gütern ein Capital von 500 Thalern. Sie ſetzet annoch bei ihrem Leben den klugen Staatsminiſter Freiherrn von Canitz als ihren einzigen Enkel, zum Erben ihrer Güter ein. Erlanget von dem Höchſten die Verheißung langen Lebens und bringet ſolches auf 77 Jahr.“
Das Bild (wie wir aus der Unterſchrift ſchließen müſſen, erſt nach dem Tode der alten Dame gemalt) iſt wahrſcheinlich die Copie nach einem früheren Gemälde, das bereits bei ihren Leb- zeiten exiſtirte, denn der lebensvolle Kopf, der, aus dem ſchlichten Holzrahmen heraus, hier zu uns ſpricht, iſt nicht der Kopf einer 77 jährigen Greiſin, ſondern der Kopf einer Frau in den beſten Jahren, deren Embonpoint ſie ſiegreich ſchützt gegen die verrätheri- ſche Furchenſchrift der erſten 50er Jahre, und deren lang herab- hängende dunkle Locken noch den Vorſatz der Trägerin ausſprechen, nicht alt ſein zu wollen.
Das Koſtüm iſt ſo ziemlich daſſelbe, wie unſere Damen jetzt es tragen. Das Kleid iſt weit ausgeſchnitten, aber ein reiches Kantenhemd umſchließt den Nacken bis hoch herauf, und allerhand Schnüre und Borten ziehen ſich decent über den geſtickten Bruſt- latz hin. Die Aermel ſind kurz und weit und überdecken kaum zur
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Glanzzeit Blumbergs fällt nicht nur in die Tage, wo Canitz hier
dichtete und heitre Gaſtfreundſchaft übte, nein ſelbſt der Name des
Dorfes würde nie über ſeine nächſte Umgebung hinaus bekannt
geworden ſein, wenn ihm nicht die Alexandriner des märkiſchen
Poeten zu einem Plätzchen in der Literatur-Geſchichte und zu einem
ähnlich guten Klange verholfen hätten, wie ihn Wandsbeck, oder
Gohlis oder Alten-Gleichen haben.
Das Bildniß der alten Frau von Burgsdorf, dem wir uns
jetzt zuwenden, iſt wohl erhalten und trägt folgende Inſchrift:
„Die Verwittwete Frau Oberkammerherrin von Burgsdorf, geborne
von Loeben, bekommt nach Abſterben ihrer Frau Mutter alle
Güter, ſo ihr Herr Vater, der Herr Kanzler von Loeben in Beſitz
gehabt; ſtehet ſolchen mit beſondrem Ruhm und Leutſeligkeit vor;
aus Liebe für die Blumberg’ſchen und Eichiſchen Unterthanen,
legirt ſie in ihrem Teſtament den Armen von beiden Gütern ein
Capital von 500 Thalern. Sie ſetzet annoch bei ihrem Leben den
klugen Staatsminiſter Freiherrn von Canitz als ihren einzigen
Enkel, zum Erben ihrer Güter ein. Erlanget von dem Höchſten
die Verheißung langen Lebens und bringet ſolches auf 77 Jahr.“
Das Bild (wie wir aus der Unterſchrift ſchließen müſſen,
erſt nach dem Tode der alten Dame gemalt) iſt wahrſcheinlich die
Copie nach einem früheren Gemälde, das bereits bei ihren Leb-
zeiten exiſtirte, denn der lebensvolle Kopf, der, aus dem ſchlichten
Holzrahmen heraus, hier zu uns ſpricht, iſt nicht der Kopf einer
77 jährigen Greiſin, ſondern der Kopf einer Frau in den beſten
Jahren, deren Embonpoint ſie ſiegreich ſchützt gegen die verrätheri-
ſche Furchenſchrift der erſten 50er Jahre, und deren lang herab-
hängende dunkle Locken noch den Vorſatz der Trägerin ausſprechen,
nicht alt ſein zu wollen.
Das Koſtüm iſt ſo ziemlich daſſelbe, wie unſere Damen jetzt
es tragen. Das Kleid iſt weit ausgeſchnitten, aber ein reiches
Kantenhemd umſchließt den Nacken bis hoch herauf, und allerhand
Schnüre und Borten ziehen ſich decent über den geſtickten Bruſt-
latz hin. Die Aermel ſind kurz und weit und überdecken kaum zur
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/275>, abgerufen am 23.11.2024.
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