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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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rich in diesem ehemaligen Schlosse gefangen saß und daß Lieute-
nant Katt auf dem Wallgang der Bastion in Front des Schlosses
enthauptet wurde. Einige Historiker sprechen zwar von einem "Hof,"
auf dem die Hinrichtung erfolgt sein soll, diese Angabe indeß
scheint auf einem Irrthum zu beruhen. Katts Haupt fiel auf dem
Wallgang; aber an welcher Stelle fiel es und von welchem
Fenster aus
war "der entlaufene Obristlieutenant Fritz" gezwun-
gen, dem furchtbaren Schauspiele zuzusehen? Ueber den ersten
Punkt, also über die Stelle, wo die Hinrichtung stattfand, scheinen
sich die gegnerischen Parteien neuerdings geeinigt zu haben, nicht so
über das Fenster, an welchem der Kronprinz stand.

Die in Frage kommende Lokalität ist folgende. Die Ostecke
des Schlosses hat einen zwei Fenster breiten Anbau, aber so, daß
dieses angebaute Stück um etwa sechs Schritt zurück liegt und
dadurch einen kleinen hakenförmigen Platz schafft, der nach vorn
hin offen ist, nach hinten zu aber von der Giebelseite des Haupt-
gebäudes und der Frontseite des Anbaus geschlossen wird. Auf
diesem Platze erfolgte, wie man jetzt allgemein annimmt, die Hin-
richtung, und zwar zehn Schritt von den zwei Frontfenstern des
Anbaus, und etwa achtzehn Schritt von dem Seitenfenster des
Schlosses entfernt. An dieser Hinrichtungsstelle befindet sich jetzt
eine Art Gartenhaus, das aus einem runden, thurmartigen, mas-
siven Unterbau und aus einem viel späteren Fachwerkaufsatz be-
steht. Der Unterbau (etwa zehn Fuß hoch bei zwanzig Fuß Durch-
messer) macht entschieden den Eindruck eines alten Mauerwerks,
wodurch die Hypothese an Wahrscheinlichkeit gewinnt, daß die
Plattform dieses hohen Fundaments schon vor 1730 als allge-
meine Exekutionsstätte gedient habe. Gleichviel indeß, ob Katt auf
diesem permanenten Schaffott (wenn es ein solches war) oder aber
auf einem eigens an dieser Stelle errichteten "schwarzen Gerüst"
vom Leben zum Tode gebracht wurde, jedenfalls bekundet es einen
eigenthümlichen Geschmack, daß diese Hinrichtungsstätte, wie gesche-
hen, zum Ausbau eines Gartenhäuschens mit Wohn- und Schlaf-
zimmer gewählt werden konnte. Die Aussicht ist entzückend und

rich in dieſem ehemaligen Schloſſe gefangen ſaß und daß Lieute-
nant Katt auf dem Wallgang der Baſtion in Front des Schloſſes
enthauptet wurde. Einige Hiſtoriker ſprechen zwar von einem „Hof,“
auf dem die Hinrichtung erfolgt ſein ſoll, dieſe Angabe indeß
ſcheint auf einem Irrthum zu beruhen. Katts Haupt fiel auf dem
Wallgang; aber an welcher Stelle fiel es und von welchem
Fenſter aus
war „der entlaufene Obriſtlieutenant Fritz“ gezwun-
gen, dem furchtbaren Schauſpiele zuzuſehen? Ueber den erſten
Punkt, alſo über die Stelle, wo die Hinrichtung ſtattfand, ſcheinen
ſich die gegneriſchen Parteien neuerdings geeinigt zu haben, nicht ſo
über das Fenſter, an welchem der Kronprinz ſtand.

Die in Frage kommende Lokalität iſt folgende. Die Oſtecke
des Schloſſes hat einen zwei Fenſter breiten Anbau, aber ſo, daß
dieſes angebaute Stück um etwa ſechs Schritt zurück liegt und
dadurch einen kleinen hakenförmigen Platz ſchafft, der nach vorn
hin offen iſt, nach hinten zu aber von der Giebelſeite des Haupt-
gebäudes und der Frontſeite des Anbaus geſchloſſen wird. Auf
dieſem Platze erfolgte, wie man jetzt allgemein annimmt, die Hin-
richtung, und zwar zehn Schritt von den zwei Frontfenſtern des
Anbaus, und etwa achtzehn Schritt von dem Seitenfenſter des
Schloſſes entfernt. An dieſer Hinrichtungsſtelle befindet ſich jetzt
eine Art Gartenhaus, das aus einem runden, thurmartigen, maſ-
ſiven Unterbau und aus einem viel ſpäteren Fachwerkaufſatz be-
ſteht. Der Unterbau (etwa zehn Fuß hoch bei zwanzig Fuß Durch-
meſſer) macht entſchieden den Eindruck eines alten Mauerwerks,
wodurch die Hypotheſe an Wahrſcheinlichkeit gewinnt, daß die
Plattform dieſes hohen Fundaments ſchon vor 1730 als allge-
meine Exekutionsſtätte gedient habe. Gleichviel indeß, ob Katt auf
dieſem permanenten Schaffott (wenn es ein ſolches war) oder aber
auf einem eigens an dieſer Stelle errichteten „ſchwarzen Gerüſt“
vom Leben zum Tode gebracht wurde, jedenfalls bekundet es einen
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[335/0353] rich in dieſem ehemaligen Schloſſe gefangen ſaß und daß Lieute- nant Katt auf dem Wallgang der Baſtion in Front des Schloſſes enthauptet wurde. Einige Hiſtoriker ſprechen zwar von einem „Hof,“ auf dem die Hinrichtung erfolgt ſein ſoll, dieſe Angabe indeß ſcheint auf einem Irrthum zu beruhen. Katts Haupt fiel auf dem Wallgang; aber an welcher Stelle fiel es und von welchem Fenſter aus war „der entlaufene Obriſtlieutenant Fritz“ gezwun- gen, dem furchtbaren Schauſpiele zuzuſehen? Ueber den erſten Punkt, alſo über die Stelle, wo die Hinrichtung ſtattfand, ſcheinen ſich die gegneriſchen Parteien neuerdings geeinigt zu haben, nicht ſo über das Fenſter, an welchem der Kronprinz ſtand. Die in Frage kommende Lokalität iſt folgende. Die Oſtecke des Schloſſes hat einen zwei Fenſter breiten Anbau, aber ſo, daß dieſes angebaute Stück um etwa ſechs Schritt zurück liegt und dadurch einen kleinen hakenförmigen Platz ſchafft, der nach vorn hin offen iſt, nach hinten zu aber von der Giebelſeite des Haupt- gebäudes und der Frontſeite des Anbaus geſchloſſen wird. Auf dieſem Platze erfolgte, wie man jetzt allgemein annimmt, die Hin- richtung, und zwar zehn Schritt von den zwei Frontfenſtern des Anbaus, und etwa achtzehn Schritt von dem Seitenfenſter des Schloſſes entfernt. An dieſer Hinrichtungsſtelle befindet ſich jetzt eine Art Gartenhaus, das aus einem runden, thurmartigen, maſ- ſiven Unterbau und aus einem viel ſpäteren Fachwerkaufſatz be- ſteht. Der Unterbau (etwa zehn Fuß hoch bei zwanzig Fuß Durch- meſſer) macht entſchieden den Eindruck eines alten Mauerwerks, wodurch die Hypotheſe an Wahrſcheinlichkeit gewinnt, daß die Plattform dieſes hohen Fundaments ſchon vor 1730 als allge- meine Exekutionsſtätte gedient habe. Gleichviel indeß, ob Katt auf dieſem permanenten Schaffott (wenn es ein ſolches war) oder aber auf einem eigens an dieſer Stelle errichteten „ſchwarzen Gerüſt“ vom Leben zum Tode gebracht wurde, jedenfalls bekundet es einen eigenthümlichen Geſchmack, daß dieſe Hinrichtungsſtätte, wie geſche- hen, zum Ausbau eines Gartenhäuschens mit Wohn- und Schlaf- zimmer gewählt werden konnte. Die Ausſicht iſt entzückend und

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/353>, abgerufen am 23.11.2024.