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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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entwarf eigenhändig die Risse zu seinen Palästen und Gärten, und ent-
zückte als Mimiker auf dem Theater. Seine Züge waren regelmäßig und
trugen das Gepräge eines wohlwollenden Herzens; sein hoher Wuchs --
weit über dem gewöhnlichen -- machte sein Aeußeres nur edler und im-
posanter. Sein Herz war weich. Schönen, besonders geistreichen Augen
konnte er nicht widerstehen, doch opferte er oft seine Liebe der Freundschaft,
denn nie war ein Prinz, nie ein Mensch ein treuerer Freund, und nie
brachte Zeit oder Entfernung die geringste Aenderung in seinen Gesin-
nungen hervor. Ich darf mich rühmen, daß er mich ununterbrochen, bis
kurz vor seinem Ende, mit den geistreichsten, liebenswürdigsten und herab-
lassendsten Briefen beehrte. Er war glänzend, großmüthig, aber nie ver-
schwenderisch. Alles, was er anordnete, stand im richtigen Verhältnisse zu
seinem hohen Stande. In seinen Adern floß Heldenblut, allein seine
Tapferkeit wurde durch Ueberlegung geleitet. Er liebte den Krieg und
studirte während des Friedens unausgesetzt die Theorie desselben mit dem
Prinzen Heinrich.

Kurz vor der Vermählung des Hochseligen legte ihm der König, der
sich ohne Nachkommen sah, den Titel eines Prinzen von Preußen bei,
und wirklich schien er zum Regenten geboren zu sein, denn er verstand
die große Kunst, zu befehlen. Er verehrte seine Eltern, liebte seine Ge-
schwister und betete im Geheim seine Kinder an, obgleich er dies Gefühl
aus einer Art falscher Scham verbarg. Sein Volk ging ihm über Alles.
Sein einziger Fehler war vielleicht nur, daß er zu sehr am Adel und am
Offizierstande hing, und wesentliche Verdienste oft nicht anerkannte, wenn
sie dieser äußern Vorzüge beraubt waren. Sein erstes Erscheinen war kalt,
doch bald sah man ihn sich mild erwärmen, geistreich, lebhaft und heiter
sein. So beurtheilte ihn auch Voltaire, der mir mehr als einmal von
ihm sagte: "Je n'ai jamais vu un homme plus aimable et d'une plus
grande sagacite, que le Prince de Prusse."
(Bielfeld.)

Gleich enthusiastisch schreibt der Chevalier Chasot im Sommer 1746
über ihn. Chasot hatte ein Duell gehabt und seinen Gegner (Bronikowski)
getödtet. Er kam nach Spandau auf die Festung, wo ihm der Prinz,
dessen Regiment in Spandau garnisonirte, in der liebenswürdigsten Weise
entgegenkam.

Son Altesse Royal (so schreibt Chasot) eut la bonte de me mener
avec elle sur tout le rempart jusqu'au bel appartement qu'elle m'y
avait destine et dont elle voulut bien elle-meme me mettre en pos-
session. Cet aimable et gracieux Prince me dit alors ce peu de
mots qui resteront toujours graves dans ma memoire et dans mon
coeur: Adieu Chasot, gardez votre bonne humeur, je viendrai vous
voir. Les honnetes gens vous feront compagnie et comme la belle
promenade sur le rempart vous donnera a tous de l'appetit, ma
cuisine et ma cave en ville ne laisseront rien manquer a votre ta-

entwarf eigenhändig die Riſſe zu ſeinen Paläſten und Gärten, und ent-
zückte als Mimiker auf dem Theater. Seine Züge waren regelmäßig und
trugen das Gepräge eines wohlwollenden Herzens; ſein hoher Wuchs —
weit über dem gewöhnlichen — machte ſein Aeußeres nur edler und im-
poſanter. Sein Herz war weich. Schönen, beſonders geiſtreichen Augen
konnte er nicht widerſtehen, doch opferte er oft ſeine Liebe der Freundſchaft,
denn nie war ein Prinz, nie ein Menſch ein treuerer Freund, und nie
brachte Zeit oder Entfernung die geringſte Aenderung in ſeinen Geſin-
nungen hervor. Ich darf mich rühmen, daß er mich ununterbrochen, bis
kurz vor ſeinem Ende, mit den geiſtreichſten, liebenswürdigſten und herab-
laſſendſten Briefen beehrte. Er war glänzend, großmüthig, aber nie ver-
ſchwenderiſch. Alles, was er anordnete, ſtand im richtigen Verhältniſſe zu
ſeinem hohen Stande. In ſeinen Adern floß Heldenblut, allein ſeine
Tapferkeit wurde durch Ueberlegung geleitet. Er liebte den Krieg und
ſtudirte während des Friedens unausgeſetzt die Theorie deſſelben mit dem
Prinzen Heinrich.

Kurz vor der Vermählung des Hochſeligen legte ihm der König, der
ſich ohne Nachkommen ſah, den Titel eines Prinzen von Preußen bei,
und wirklich ſchien er zum Regenten geboren zu ſein, denn er verſtand
die große Kunſt, zu befehlen. Er verehrte ſeine Eltern, liebte ſeine Ge-
ſchwiſter und betete im Geheim ſeine Kinder an, obgleich er dies Gefühl
aus einer Art falſcher Scham verbarg. Sein Volk ging ihm über Alles.
Sein einziger Fehler war vielleicht nur, daß er zu ſehr am Adel und am
Offizierſtande hing, und weſentliche Verdienſte oft nicht anerkannte, wenn
ſie dieſer äußern Vorzüge beraubt waren. Sein erſtes Erſcheinen war kalt,
doch bald ſah man ihn ſich mild erwärmen, geiſtreich, lebhaft und heiter
ſein. So beurtheilte ihn auch Voltaire, der mir mehr als einmal von
ihm ſagte: „Je n’ai jamais vu un homme plus aimable et d’une plus
grande sagacité, que le Prince de Prusse.“
(Bielfeld.)

Gleich enthuſiaſtiſch ſchreibt der Chevalier Chaſot im Sommer 1746
über ihn. Chaſot hatte ein Duell gehabt und ſeinen Gegner (Bronikowski)
getödtet. Er kam nach Spandau auf die Feſtung, wo ihm der Prinz,
deſſen Regiment in Spandau garniſonirte, in der liebenswürdigſten Weiſe
entgegenkam.

Son Altesse Royal (ſo ſchreibt Chaſot) eut la bonté de me mener
avec elle sur tout le rempart jusqu’au bel appartement qu’elle m’y
avait destiné et dont elle voulut bien elle-même me mettre en pos-
session. Cet aimable et gracieux Prince me dit alors ce peu de
mots qui resteront toujours gravés dans ma mémoire et dans mon
cœur: Adieu Chasot, gardez votre bonne humeur, je viendrai vous
voir. Les honnêtes gens vous feront compagnie et comme la belle
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[459/0477] entwarf eigenhändig die Riſſe zu ſeinen Paläſten und Gärten, und ent- zückte als Mimiker auf dem Theater. Seine Züge waren regelmäßig und trugen das Gepräge eines wohlwollenden Herzens; ſein hoher Wuchs — weit über dem gewöhnlichen — machte ſein Aeußeres nur edler und im- poſanter. Sein Herz war weich. Schönen, beſonders geiſtreichen Augen konnte er nicht widerſtehen, doch opferte er oft ſeine Liebe der Freundſchaft, denn nie war ein Prinz, nie ein Menſch ein treuerer Freund, und nie brachte Zeit oder Entfernung die geringſte Aenderung in ſeinen Geſin- nungen hervor. Ich darf mich rühmen, daß er mich ununterbrochen, bis kurz vor ſeinem Ende, mit den geiſtreichſten, liebenswürdigſten und herab- laſſendſten Briefen beehrte. Er war glänzend, großmüthig, aber nie ver- ſchwenderiſch. Alles, was er anordnete, ſtand im richtigen Verhältniſſe zu ſeinem hohen Stande. In ſeinen Adern floß Heldenblut, allein ſeine Tapferkeit wurde durch Ueberlegung geleitet. Er liebte den Krieg und ſtudirte während des Friedens unausgeſetzt die Theorie deſſelben mit dem Prinzen Heinrich. Kurz vor der Vermählung des Hochſeligen legte ihm der König, der ſich ohne Nachkommen ſah, den Titel eines Prinzen von Preußen bei, und wirklich ſchien er zum Regenten geboren zu ſein, denn er verſtand die große Kunſt, zu befehlen. Er verehrte ſeine Eltern, liebte ſeine Ge- ſchwiſter und betete im Geheim ſeine Kinder an, obgleich er dies Gefühl aus einer Art falſcher Scham verbarg. Sein Volk ging ihm über Alles. Sein einziger Fehler war vielleicht nur, daß er zu ſehr am Adel und am Offizierſtande hing, und weſentliche Verdienſte oft nicht anerkannte, wenn ſie dieſer äußern Vorzüge beraubt waren. Sein erſtes Erſcheinen war kalt, doch bald ſah man ihn ſich mild erwärmen, geiſtreich, lebhaft und heiter ſein. So beurtheilte ihn auch Voltaire, der mir mehr als einmal von ihm ſagte: „Je n’ai jamais vu un homme plus aimable et d’une plus grande sagacité, que le Prince de Prusse.“ (Bielfeld.) Gleich enthuſiaſtiſch ſchreibt der Chevalier Chaſot im Sommer 1746 über ihn. Chaſot hatte ein Duell gehabt und ſeinen Gegner (Bronikowski) getödtet. Er kam nach Spandau auf die Feſtung, wo ihm der Prinz, deſſen Regiment in Spandau garniſonirte, in der liebenswürdigſten Weiſe entgegenkam. Son Altesse Royal (ſo ſchreibt Chaſot) eut la bonté de me mener avec elle sur tout le rempart jusqu’au bel appartement qu’elle m’y avait destiné et dont elle voulut bien elle-même me mettre en pos- session. Cet aimable et gracieux Prince me dit alors ce peu de mots qui resteront toujours gravés dans ma mémoire et dans mon cœur: Adieu Chasot, gardez votre bonne humeur, je viendrai vous voir. Les honnêtes gens vous feront compagnie et comme la belle promenade sur le rempart vous donnera à tous de l’appetit, ma cuisine et ma cave en ville ne laisseront rien manquer à votre ta-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/477>, abgerufen am 27.11.2024.