Tages. Aber freilich, Schlachtbeschreibungen können täuschen. Was indessen nicht täuschen kann, das ist das nachfolgende Benehmen des Wiener Hofes. Brandenburg, als es nach der Königswürde zu streben begann, betonte immer wieder und wieder, und zwar erfolgreich, seine entscheidende Mitwirkung am Tage von Szalan- kament, und so mögen denn die Barfuse nicht ganz Unrecht ha- ben, wenn sie den stolzen Ausspruch wagen: "ihr Ahn, Hans Albrecht, habe auf dem Felde von Szalankament die preußische Königswürde mit erobern helfen."
Im Jahre 1692 kehrte Barfus mit seinem Hülfscorps nach Berlin zurück. Hier häuften sich jetzt die Ehren auf seinem Haupt. Ohne ein Hofmann zu sein, vielleicht selbst ohne den Ehrgeiz, es sein zu wollen, trat er in die Hofkreise und ihr Parteigetriebe ein. Was eigenes Verdienst ihm nicht erwarb, erwarb ihm die Coterie, der er angehörte. "Eine Hand wusch die andere", wie nicht zum zweiten mal in unserer Geschichte. Er hielt sich von Anfang an zur "Fraktion Dohna-Dönhof" und es gereicht ihm zur Ehre, in einer Zeit voll cynisch egoistischen Undanks, in Treue bei der einmal erwählten Partei ausgehalten zu haben. Es kam freilich hinzu, daß er seit 1693 mit Gräfin Eleonore von Dönhof (in zweiter Ehe) vermählt und dadurch an die Interessen dieser Familie gefesselt war. 1695, ohne daß inzwischen neue Kriegsthaten ihm neuen Kriegsruhm erworben hatten, wurde er Feldmarschall-Lieutenant und das Jahr darauf Feldmarschall. Wie sein Rang und sein Ansehen, so wuchs sein Vermögen. Er erstand die Quittainenschen Güter in Ostpreußen, die bis dahin dem Feldmarschall Derfflinger gehört hatten, und endlich auch "Schloß Cossenblatt an der Spree", seinen Lieblingsbesitz, von dem wir in dem nächsten Kapitel aus- führlicher sprechen werden.
Aber erst das Jahr 1697 bezeichnet den Höhenpunkt seines Ruhms. Im November dieses Jahres wurde Eberhardt von Danckelmann, der bis dahin allmächtig geglaubte Minister, durch die Dohna-Dönhofsche Fraktion gestürzt. Hans Albrecht fielen die endlichen Erfolge eines Spieles zu, dessen Einfädelung und Durch-
Tages. Aber freilich, Schlachtbeſchreibungen können täuſchen. Was indeſſen nicht täuſchen kann, das iſt das nachfolgende Benehmen des Wiener Hofes. Brandenburg, als es nach der Königswürde zu ſtreben begann, betonte immer wieder und wieder, und zwar erfolgreich, ſeine entſcheidende Mitwirkung am Tage von Szalan- kament, und ſo mögen denn die Barfuſe nicht ganz Unrecht ha- ben, wenn ſie den ſtolzen Ausſpruch wagen: „ihr Ahn, Hans Albrecht, habe auf dem Felde von Szalankament die preußiſche Königswürde mit erobern helfen.“
Im Jahre 1692 kehrte Barfus mit ſeinem Hülfscorps nach Berlin zurück. Hier häuften ſich jetzt die Ehren auf ſeinem Haupt. Ohne ein Hofmann zu ſein, vielleicht ſelbſt ohne den Ehrgeiz, es ſein zu wollen, trat er in die Hofkreiſe und ihr Parteigetriebe ein. Was eigenes Verdienſt ihm nicht erwarb, erwarb ihm die Coterie, der er angehörte. „Eine Hand wuſch die andere“, wie nicht zum zweiten mal in unſerer Geſchichte. Er hielt ſich von Anfang an zur „Fraktion Dohna-Dönhof“ und es gereicht ihm zur Ehre, in einer Zeit voll cyniſch egoiſtiſchen Undanks, in Treue bei der einmal erwählten Partei ausgehalten zu haben. Es kam freilich hinzu, daß er ſeit 1693 mit Gräfin Eleonore von Dönhof (in zweiter Ehe) vermählt und dadurch an die Intereſſen dieſer Familie gefeſſelt war. 1695, ohne daß inzwiſchen neue Kriegsthaten ihm neuen Kriegsruhm erworben hatten, wurde er Feldmarſchall-Lieutenant und das Jahr darauf Feldmarſchall. Wie ſein Rang und ſein Anſehen, ſo wuchs ſein Vermögen. Er erſtand die Quittainenſchen Güter in Oſtpreußen, die bis dahin dem Feldmarſchall Derfflinger gehört hatten, und endlich auch „Schloß Coſſenblatt an der Spree“, ſeinen Lieblingsbeſitz, von dem wir in dem nächſten Kapitel aus- führlicher ſprechen werden.
Aber erſt das Jahr 1697 bezeichnet den Höhenpunkt ſeines Ruhms. Im November dieſes Jahres wurde Eberhardt von Danckelmann, der bis dahin allmächtig geglaubte Miniſter, durch die Dohna-Dönhofſche Fraktion geſtürzt. Hans Albrecht fielen die endlichen Erfolge eines Spieles zu, deſſen Einfädelung und Durch-
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Tages. Aber freilich, Schlachtbeſchreibungen können täuſchen. Was
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zu ſtreben begann, betonte immer wieder und wieder, und zwar
erfolgreich, ſeine entſcheidende Mitwirkung am Tage von Szalan-
kament, und ſo mögen denn die Barfuſe nicht ganz Unrecht ha-
ben, wenn ſie den ſtolzen Ausſpruch wagen: „ihr Ahn, Hans
Albrecht, habe auf dem Felde von Szalankament die preußiſche
Königswürde mit erobern helfen.“
Im Jahre 1692 kehrte Barfus mit ſeinem Hülfscorps nach
Berlin zurück. Hier häuften ſich jetzt die Ehren auf ſeinem Haupt.
Ohne ein Hofmann zu ſein, vielleicht ſelbſt ohne den Ehrgeiz, es
ſein zu wollen, trat er in die Hofkreiſe und ihr Parteigetriebe
ein. Was eigenes Verdienſt ihm nicht erwarb, erwarb ihm die
Coterie, der er angehörte. „Eine Hand wuſch die andere“, wie
nicht zum zweiten mal in unſerer Geſchichte. Er hielt ſich von
Anfang an zur „Fraktion Dohna-Dönhof“ und es gereicht ihm
zur Ehre, in einer Zeit voll cyniſch egoiſtiſchen Undanks, in Treue
bei der einmal erwählten Partei ausgehalten zu haben. Es kam
freilich hinzu, daß er ſeit 1693 mit Gräfin Eleonore von Dönhof
(in zweiter Ehe) vermählt und dadurch an die Intereſſen dieſer
Familie gefeſſelt war. 1695, ohne daß inzwiſchen neue Kriegsthaten ihm
neuen Kriegsruhm erworben hatten, wurde er Feldmarſchall-Lieutenant
und das Jahr darauf Feldmarſchall. Wie ſein Rang und ſein
Anſehen, ſo wuchs ſein Vermögen. Er erſtand die Quittainenſchen
Güter in Oſtpreußen, die bis dahin dem Feldmarſchall Derfflinger
gehört hatten, und endlich auch „Schloß Coſſenblatt an der Spree“,
ſeinen Lieblingsbeſitz, von dem wir in dem nächſten Kapitel aus-
führlicher ſprechen werden.
Aber erſt das Jahr 1697 bezeichnet den Höhenpunkt ſeines
Ruhms. Im November dieſes Jahres wurde Eberhardt von
Danckelmann, der bis dahin allmächtig geglaubte Miniſter, durch
die Dohna-Dönhofſche Fraktion geſtürzt. Hans Albrecht fielen die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/102>, abgerufen am 23.11.2024.
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