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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Garten (zur Seite desselben) und mit einer gegenüberliegenden
Mühle. Der nach vornhin gelegene Hof war durch zwei Flügel
flankirt, in denen die Herren von des Königs Gefolge wohnten.
Am Eingang in den Schloßhof hielten zwei Bären Wacht (bei-
läufig gesagt sehr böse Thiere), die auf ihren Hintertatzen umher-
spazierten, weil man ihnen die vorderen abgeschnitten hatte. Mit-
ten im Hof befand sich ein kleiner Born, aus dem man mit vie-
ler Kunst einen Springbrunnen gemacht hatte. Er war mit einem
eisernen Geländer umgeben, einige Stufen führten hinauf, und
dies war der Platz, den sich der König Abends zum Tabackrau-
chen auszuwählen pflegte. Meine Schwester (Charlotte; später Her-
zogin von Braunschweig) und ich, hatten für uns und unser gan-
zes Gefolge nur zwei Zimmer, oder vielmehr zwei Dachstübchen.
Wie auch das Wetter sein mochte, wir aßen zu Mittag immer
im Freien unter einem Zelte, das unter einer großen Linde auf-
geschlagen war. Bei starkem Regen saßen wir bis an die Waden
im Wasser, da der Platz vertieft war. Wir waren immer 24 Per-
sonen zu Tisch, von denen drei Viertel jederzeit fasteten; denn es
wurden nie mehr als sechs Schüsseln aufgetragen und diese waren
so schmal zugeschnitten, daß ein nur halbwegs hungriger Mensch
sie mit vieler Bequemlichkeit allein aufzehren konnte.*) .... In

*) Prinzessin Wilhelmine (die Markgräfin) erzählt an einer andern
Stelle ihrer Memoiren: "ich war all die Zeit über so leidend, daß ich
versichern darf, zwei Jahre lang von nichts anderem als Wasser und
trocken Brot gelebt zu haben". Es scheint fast, daß sie die Entsagung, die
ihr ihr Krankheitszustand auferlegte, der Kärglichkeit der Königlichen Tafel
zur Last legen will. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß es so knapp in
Wusterhausen hergegangen sein sollte. Der König war ein sehr starker
Esser, und alle Personen von gutem Appetit haben die Maxime: "leben
und leben lassen". Außerdem liegen glaubhafte Berichte vor, aus denen
sich ganz genau ersehen läßt, was an Königs Tisch gespeist wurde. Es
gab: Suppe, gestovtes Fleisch, Schinken, eine Gans, Fisch, dann Pastete.
Dazu sehr guten Rheinwein und Ungar. In Wusterhausen kamen noch
(weil es die Jahreszeit mit sich brachte), Krammetsvögel, Leipziger Lerchen
und Rebhühner hinzu, besonders auch Früchte zum Dessert, darunter die
schönsten Weintrauben. Das klingt schon einladender, als die Beschreibung
der Prinzessin.

Garten (zur Seite deſſelben) und mit einer gegenüberliegenden
Mühle. Der nach vornhin gelegene Hof war durch zwei Flügel
flankirt, in denen die Herren von des Königs Gefolge wohnten.
Am Eingang in den Schloßhof hielten zwei Bären Wacht (bei-
läufig geſagt ſehr böſe Thiere), die auf ihren Hintertatzen umher-
ſpazierten, weil man ihnen die vorderen abgeſchnitten hatte. Mit-
ten im Hof befand ſich ein kleiner Born, aus dem man mit vie-
ler Kunſt einen Springbrunnen gemacht hatte. Er war mit einem
eiſernen Geländer umgeben, einige Stufen führten hinauf, und
dies war der Platz, den ſich der König Abends zum Tabackrau-
chen auszuwählen pflegte. Meine Schweſter (Charlotte; ſpäter Her-
zogin von Braunſchweig) und ich, hatten für uns und unſer gan-
zes Gefolge nur zwei Zimmer, oder vielmehr zwei Dachſtübchen.
Wie auch das Wetter ſein mochte, wir aßen zu Mittag immer
im Freien unter einem Zelte, das unter einer großen Linde auf-
geſchlagen war. Bei ſtarkem Regen ſaßen wir bis an die Waden
im Waſſer, da der Platz vertieft war. Wir waren immer 24 Per-
ſonen zu Tiſch, von denen drei Viertel jederzeit faſteten; denn es
wurden nie mehr als ſechs Schüſſeln aufgetragen und dieſe waren
ſo ſchmal zugeſchnitten, daß ein nur halbwegs hungriger Menſch
ſie mit vieler Bequemlichkeit allein aufzehren konnte.*) .... In

*) Prinzeſſin Wilhelmine (die Markgräfin) erzählt an einer andern
Stelle ihrer Memoiren: „ich war all die Zeit über ſo leidend, daß ich
verſichern darf, zwei Jahre lang von nichts anderem als Waſſer und
trocken Brot gelebt zu haben“. Es ſcheint faſt, daß ſie die Entſagung, die
ihr ihr Krankheitszuſtand auferlegte, der Kärglichkeit der Königlichen Tafel
zur Laſt legen will. Es iſt nicht ſehr wahrſcheinlich, daß es ſo knapp in
Wuſterhauſen hergegangen ſein ſollte. Der König war ein ſehr ſtarker
Eſſer, und alle Perſonen von gutem Appetit haben die Maxime: „leben
und leben laſſen“. Außerdem liegen glaubhafte Berichte vor, aus denen
ſich ganz genau erſehen läßt, was an Königs Tiſch geſpeiſt wurde. Es
gab: Suppe, geſtovtes Fleiſch, Schinken, eine Gans, Fiſch, dann Paſtete.
Dazu ſehr guten Rheinwein und Ungar. In Wuſterhauſen kamen noch
(weil es die Jahreszeit mit ſich brachte), Krammetsvögel, Leipziger Lerchen
und Rebhühner hinzu, beſonders auch Früchte zum Deſſert, darunter die
ſchönſten Weintrauben. Das klingt ſchon einladender, als die Beſchreibung
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[120/0132] Garten (zur Seite deſſelben) und mit einer gegenüberliegenden Mühle. Der nach vornhin gelegene Hof war durch zwei Flügel flankirt, in denen die Herren von des Königs Gefolge wohnten. Am Eingang in den Schloßhof hielten zwei Bären Wacht (bei- läufig geſagt ſehr böſe Thiere), die auf ihren Hintertatzen umher- ſpazierten, weil man ihnen die vorderen abgeſchnitten hatte. Mit- ten im Hof befand ſich ein kleiner Born, aus dem man mit vie- ler Kunſt einen Springbrunnen gemacht hatte. Er war mit einem eiſernen Geländer umgeben, einige Stufen führten hinauf, und dies war der Platz, den ſich der König Abends zum Tabackrau- chen auszuwählen pflegte. Meine Schweſter (Charlotte; ſpäter Her- zogin von Braunſchweig) und ich, hatten für uns und unſer gan- zes Gefolge nur zwei Zimmer, oder vielmehr zwei Dachſtübchen. Wie auch das Wetter ſein mochte, wir aßen zu Mittag immer im Freien unter einem Zelte, das unter einer großen Linde auf- geſchlagen war. Bei ſtarkem Regen ſaßen wir bis an die Waden im Waſſer, da der Platz vertieft war. Wir waren immer 24 Per- ſonen zu Tiſch, von denen drei Viertel jederzeit faſteten; denn es wurden nie mehr als ſechs Schüſſeln aufgetragen und dieſe waren ſo ſchmal zugeſchnitten, daß ein nur halbwegs hungriger Menſch ſie mit vieler Bequemlichkeit allein aufzehren konnte. *) .... In *) Prinzeſſin Wilhelmine (die Markgräfin) erzählt an einer andern Stelle ihrer Memoiren: „ich war all die Zeit über ſo leidend, daß ich verſichern darf, zwei Jahre lang von nichts anderem als Waſſer und trocken Brot gelebt zu haben“. Es ſcheint faſt, daß ſie die Entſagung, die ihr ihr Krankheitszuſtand auferlegte, der Kärglichkeit der Königlichen Tafel zur Laſt legen will. Es iſt nicht ſehr wahrſcheinlich, daß es ſo knapp in Wuſterhauſen hergegangen ſein ſollte. Der König war ein ſehr ſtarker Eſſer, und alle Perſonen von gutem Appetit haben die Maxime: „leben und leben laſſen“. Außerdem liegen glaubhafte Berichte vor, aus denen ſich ganz genau erſehen läßt, was an Königs Tiſch geſpeiſt wurde. Es gab: Suppe, geſtovtes Fleiſch, Schinken, eine Gans, Fiſch, dann Paſtete. Dazu ſehr guten Rheinwein und Ungar. In Wuſterhauſen kamen noch (weil es die Jahreszeit mit ſich brachte), Krammetsvögel, Leipziger Lerchen und Rebhühner hinzu, beſonders auch Früchte zum Deſſert, darunter die ſchönſten Weintrauben. Das klingt ſchon einladender, als die Beſchreibung der Prinzeſſin.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/132>, abgerufen am 25.11.2024.