Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.selben bei Wriezen und Freienwalde vorbei in die Oder geführt Noch vor Ausbruch des 7jährigen Krieges war alles We- "So angenehm auch diese Gegend geworden (denn es ist *) Es heißt, Friedrich der Große habe bei seinem berühmten Flan-
kenmarsche, der der Schlacht von Zorndorf vorherging (vgl. Zorndorf) bereits Vortheile von der veränderten d. h. mehr passirbaren Gestalt des Bruchs gezogen. Dies ist jedoch höchst wahrscheinlich eine zu Ehren des Bruchs und seiner Melioration erfundene Geschichte, da die Zorndorfer Schlacht am 25. August stattfand, also zu einer Jahreszeit, wo das Bruch immer trocken und passirbar zu sein pflegte. ſelben bei Wriezen und Freienwalde vorbei in die Oder geführt Noch vor Ausbruch des 7jährigen Krieges war alles We- „So angenehm auch dieſe Gegend geworden (denn es iſt *) Es heißt, Friedrich der Große habe bei ſeinem berühmten Flan-
kenmarſche, der der Schlacht von Zorndorf vorherging (vgl. Zorndorf) bereits Vortheile von der veränderten d. h. mehr paſſirbaren Geſtalt des Bruchs gezogen. Dies iſt jedoch höchſt wahrſcheinlich eine zu Ehren des Bruchs und ſeiner Melioration erfundene Geſchichte, da die Zorndorfer Schlacht am 25. Auguſt ſtattfand, alſo zu einer Jahreszeit, wo das Bruch immer trocken und paſſirbar zu ſein pflegte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0215" n="203"/> ſelben bei Wriezen und Freienwalde vorbei in die Oder geführt<lb/> wurden. Zum Theil ſind es auch wohl dieſe Gräben, die das<lb/> tiefer gelegene Bett der „alten Oder“ mit Waſſer ſpeiſen und<lb/> daſſelbe vor völligem Austrocknen ſchützen. Dies ganze Canal-<lb/> ſyſtem, eben ſo wie die Verwallung, iſt im Lauf der Jahrzehnte<lb/> vielfach verbeſſert worden und weite Strecken, die noch vor 25 Jah-<lb/> ren nur eine unſichere Heuerndte gaben, zeigen jetzt um die Som-<lb/> merzeit die ſchönſten Raps- und Gerſtenfelder.</p><lb/> <p>Noch vor Ausbruch des 7jährigen Krieges war alles We-<lb/> ſentlichſte der Arbeiten beendet<note place="foot" n="*)">Es heißt, Friedrich der Große habe bei ſeinem berühmten Flan-<lb/> kenmarſche, der der Schlacht von Zorndorf vorherging (vgl. Zorndorf)<lb/> bereits Vortheile von der veränderten d. h. mehr paſſirbaren Geſtalt des<lb/> Bruchs gezogen. Dies iſt jedoch höchſt wahrſcheinlich eine zu Ehren des<lb/> Bruchs und ſeiner Melioration erfundene Geſchichte, da die Zorndorfer<lb/> Schlacht am 25. Auguſt ſtattfand, alſo zu einer Jahreszeit, wo das Bruch<lb/><hi rendition="#g">immer</hi> trocken und paſſirbar zu ſein pflegte.</note>. Niemand ahnte damals, was im<lb/> Lauf der Zeit durch den Einfluß von Luft und Sonne, durch den<lb/> Fleiß der Bewohner, durch Verſtärkung der Dämme, durch<lb/> Erweiterung und beſſere Richtung der Abzugsgräben, aus dieſem<lb/> Landestheile werden würde; — man hielt es überwiegend nur<lb/> zum Graswuchs und zur Weide geeignet. Der Brief eines Rei-<lb/> ſenden, der das Bruch im Jahre 1764 paſſirte, giebt Auskunft<lb/> darüber. Der Brief lautet:</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">„So angenehm auch dieſe Gegend geworden (denn es iſt<lb/> die ebenſte Pläne, die Wege mit Weiden beſetzt, wie auch die<lb/> Deiche, und zwar mit mehreren Reihen, nicht nur auf dem<lb/> Kamm, ſondern auch auf der Böſchung zu beiden Seiten, da-<lb/> mit ſie von den verwachſenen Wurzeln eine mehrere Feſtigkeit<lb/> bekommen), ſo haben die neuen Dörfer doch mehrfach ſchon<lb/> durch Ueberſchwemmung gelitten, ſo daß man mit Kähnen die<lb/> Einwohner retten, oder ihnen doch, da ſie auf die Böden ihrer<lb/> Häuſer geflüchtet, zu Hülfe kommen mußte. Der eingedeichte<lb/> Acker dürfte wohl mit der Zeit der Wiſche in der Altmark ähn-<lb/></hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0215]
ſelben bei Wriezen und Freienwalde vorbei in die Oder geführt
wurden. Zum Theil ſind es auch wohl dieſe Gräben, die das
tiefer gelegene Bett der „alten Oder“ mit Waſſer ſpeiſen und
daſſelbe vor völligem Austrocknen ſchützen. Dies ganze Canal-
ſyſtem, eben ſo wie die Verwallung, iſt im Lauf der Jahrzehnte
vielfach verbeſſert worden und weite Strecken, die noch vor 25 Jah-
ren nur eine unſichere Heuerndte gaben, zeigen jetzt um die Som-
merzeit die ſchönſten Raps- und Gerſtenfelder.
Noch vor Ausbruch des 7jährigen Krieges war alles We-
ſentlichſte der Arbeiten beendet *). Niemand ahnte damals, was im
Lauf der Zeit durch den Einfluß von Luft und Sonne, durch den
Fleiß der Bewohner, durch Verſtärkung der Dämme, durch
Erweiterung und beſſere Richtung der Abzugsgräben, aus dieſem
Landestheile werden würde; — man hielt es überwiegend nur
zum Graswuchs und zur Weide geeignet. Der Brief eines Rei-
ſenden, der das Bruch im Jahre 1764 paſſirte, giebt Auskunft
darüber. Der Brief lautet:
„So angenehm auch dieſe Gegend geworden (denn es iſt
die ebenſte Pläne, die Wege mit Weiden beſetzt, wie auch die
Deiche, und zwar mit mehreren Reihen, nicht nur auf dem
Kamm, ſondern auch auf der Böſchung zu beiden Seiten, da-
mit ſie von den verwachſenen Wurzeln eine mehrere Feſtigkeit
bekommen), ſo haben die neuen Dörfer doch mehrfach ſchon
durch Ueberſchwemmung gelitten, ſo daß man mit Kähnen die
Einwohner retten, oder ihnen doch, da ſie auf die Böden ihrer
Häuſer geflüchtet, zu Hülfe kommen mußte. Der eingedeichte
Acker dürfte wohl mit der Zeit der Wiſche in der Altmark ähn-
*) Es heißt, Friedrich der Große habe bei ſeinem berühmten Flan-
kenmarſche, der der Schlacht von Zorndorf vorherging (vgl. Zorndorf)
bereits Vortheile von der veränderten d. h. mehr paſſirbaren Geſtalt des
Bruchs gezogen. Dies iſt jedoch höchſt wahrſcheinlich eine zu Ehren des
Bruchs und ſeiner Melioration erfundene Geſchichte, da die Zorndorfer
Schlacht am 25. Auguſt ſtattfand, alſo zu einer Jahreszeit, wo das Bruch
immer trocken und paſſirbar zu ſein pflegte.
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