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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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ders ist es "Kronprinz Fritz", dessen Spuren sich auch hier wieder
am deutlichsten verfolgen lassen. Es scheint fast, daß er oft längere
Zeit bei der Großmutter zum Besuche war; er drechselte (Einzelnes
von seiner Hand wird noch gezeigt), spielte und kletterte im Park
umher, und allerhand Anekdoten cursiren noch von alten viel
verfolgten Hofdamen, die, besonders an Winterabenden, auf dem
Heimweg vom Schloß durch schattenhaftes Hin- und Herhuschen,
durch Geraschel in den Zweigen, dann später am Abend durch
Kratzen an der Hausthür oder durch leises gespenstisches Klingeln
in ihrer Einsamkeit erschreckt wurden. Das interessanteste Ueber-
bleibsel aus jener Zeit aber ist ein Leierkasten, der damals dem
Kronprinzen zum Geschenk gemacht wurde, und dessen Hauptstück
die Papageno-Arie war:

"Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich;"

eine Arie, die womöglich allabendlich und am liebsten mit Vokal-
Begleitung, unter den Fenstern der alten Hofdamen gespielt wurde.

1805 starb die Königin-Wittwe, und das Schloß zu Freien-
walde stand, auf viele Jahre hin, leer. Die Invasion, dann die
Kriegsjahre, -- es waren nicht Zeiten für traulich ruhige Tage
in Freienwalde. Erst wieder in den dreißiger Jahren hören wir
von bestimmten Besuchern im Freienwalder Schloß. Prinzeß Luise
von Radziwill brachte hier die Sommermonate von 1836 zu; sie
sehnte sich nach Stille, nach Ruhe, und sie fand sie hier.

Seit jenen dreißiger Jahren verging kaum ein Sommer, wo
nicht das Schloß am Schloßgartenberg, auf länger oder kürzer,
seinen Besuch gehabt hätte; aber eine Residenz, der Sitz eines
Hofhalts ist es seit den Tagen der Königin-Wittwe nicht wieder
gewesen.

Wir treten nun an das Schloß selbst heran. Es hat mehr
den Charakter eines stattlichen, geschmackvoll aufgeführten Privat-
hauses, als den eines Schlosses. Würden wir es, seinem Styl
nach, zu rubriciren haben, so müßten wir es als einen Renaissance-

ders iſt es „Kronprinz Fritz“, deſſen Spuren ſich auch hier wieder
am deutlichſten verfolgen laſſen. Es ſcheint faſt, daß er oft längere
Zeit bei der Großmutter zum Beſuche war; er drechſelte (Einzelnes
von ſeiner Hand wird noch gezeigt), ſpielte und kletterte im Park
umher, und allerhand Anekdoten curſiren noch von alten viel
verfolgten Hofdamen, die, beſonders an Winterabenden, auf dem
Heimweg vom Schloß durch ſchattenhaftes Hin- und Herhuſchen,
durch Geraſchel in den Zweigen, dann ſpäter am Abend durch
Kratzen an der Hausthür oder durch leiſes geſpenſtiſches Klingeln
in ihrer Einſamkeit erſchreckt wurden. Das intereſſanteſte Ueber-
bleibſel aus jener Zeit aber iſt ein Leierkaſten, der damals dem
Kronprinzen zum Geſchenk gemacht wurde, und deſſen Hauptſtück
die Papageno-Arie war:

„Ein Mädchen oder Weibchen
Wünſcht Papageno ſich;“

eine Arie, die womöglich allabendlich und am liebſten mit Vokal-
Begleitung, unter den Fenſtern der alten Hofdamen geſpielt wurde.

1805 ſtarb die Königin-Wittwe, und das Schloß zu Freien-
walde ſtand, auf viele Jahre hin, leer. Die Invaſion, dann die
Kriegsjahre, — es waren nicht Zeiten für traulich ruhige Tage
in Freienwalde. Erſt wieder in den dreißiger Jahren hören wir
von beſtimmten Beſuchern im Freienwalder Schloß. Prinzeß Luiſe
von Radziwill brachte hier die Sommermonate von 1836 zu; ſie
ſehnte ſich nach Stille, nach Ruhe, und ſie fand ſie hier.

Seit jenen dreißiger Jahren verging kaum ein Sommer, wo
nicht das Schloß am Schloßgartenberg, auf länger oder kürzer,
ſeinen Beſuch gehabt hätte; aber eine Reſidenz, der Sitz eines
Hofhalts iſt es ſeit den Tagen der Königin-Wittwe nicht wieder
geweſen.

Wir treten nun an das Schloß ſelbſt heran. Es hat mehr
den Charakter eines ſtattlichen, geſchmackvoll aufgeführten Privat-
hauſes, als den eines Schloſſes. Würden wir es, ſeinem Styl
nach, zu rubriciren haben, ſo müßten wir es als einen Renaiſſance-

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[277/0289] ders iſt es „Kronprinz Fritz“, deſſen Spuren ſich auch hier wieder am deutlichſten verfolgen laſſen. Es ſcheint faſt, daß er oft längere Zeit bei der Großmutter zum Beſuche war; er drechſelte (Einzelnes von ſeiner Hand wird noch gezeigt), ſpielte und kletterte im Park umher, und allerhand Anekdoten curſiren noch von alten viel verfolgten Hofdamen, die, beſonders an Winterabenden, auf dem Heimweg vom Schloß durch ſchattenhaftes Hin- und Herhuſchen, durch Geraſchel in den Zweigen, dann ſpäter am Abend durch Kratzen an der Hausthür oder durch leiſes geſpenſtiſches Klingeln in ihrer Einſamkeit erſchreckt wurden. Das intereſſanteſte Ueber- bleibſel aus jener Zeit aber iſt ein Leierkaſten, der damals dem Kronprinzen zum Geſchenk gemacht wurde, und deſſen Hauptſtück die Papageno-Arie war: „Ein Mädchen oder Weibchen Wünſcht Papageno ſich;“ eine Arie, die womöglich allabendlich und am liebſten mit Vokal- Begleitung, unter den Fenſtern der alten Hofdamen geſpielt wurde. 1805 ſtarb die Königin-Wittwe, und das Schloß zu Freien- walde ſtand, auf viele Jahre hin, leer. Die Invaſion, dann die Kriegsjahre, — es waren nicht Zeiten für traulich ruhige Tage in Freienwalde. Erſt wieder in den dreißiger Jahren hören wir von beſtimmten Beſuchern im Freienwalder Schloß. Prinzeß Luiſe von Radziwill brachte hier die Sommermonate von 1836 zu; ſie ſehnte ſich nach Stille, nach Ruhe, und ſie fand ſie hier. Seit jenen dreißiger Jahren verging kaum ein Sommer, wo nicht das Schloß am Schloßgartenberg, auf länger oder kürzer, ſeinen Beſuch gehabt hätte; aber eine Reſidenz, der Sitz eines Hofhalts iſt es ſeit den Tagen der Königin-Wittwe nicht wieder geweſen. Wir treten nun an das Schloß ſelbſt heran. Es hat mehr den Charakter eines ſtattlichen, geſchmackvoll aufgeführten Privat- hauſes, als den eines Schloſſes. Würden wir es, ſeinem Styl nach, zu rubriciren haben, ſo müßten wir es als einen Renaiſſance-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/289>, abgerufen am 22.11.2024.