Titel die "Braut des Handwerkers". Es ist ein Idyll, das uns, in fünf Kapiteln, vom Morgen bis zum Abend des Hochzeitstages führt. Alles was uns ein Menschenherz lieb und werth machen kann, das klingt hier zusammen: Genügsamkeit, kindlich-frommer Sinn, Liebe, Pietät und Gottvertrauen. Die ersten Gesänge (viel- leicht die gelungneren) zeigen uns die Braut, wie sie das "ein- gebrachte Gespinnst" vor dem Bräutigam ausbreitet, darunter auch ein Leinenstück, bei dessen Anblick ihr unwillkürlich die Thränen aus den Augen brechen. Es erinnert sie an ihre Kinderjahre, an den Tag, wo, nach Feuersbrunst und Noth und Krankheit, die fleißige Hand ihrer Mutter, das Garn zu diesem Stück zu spin- nen begann. Sie entsinnt sich auch der Worte, die damals die Mutter zu ihr sprach und sie wiederholt sie jetzt:
Setz auf den Herrn Dein ganzes Hoffen, Laß nie von ihm bei Andrer Spott; Jemehr das Unglück Dich betroffen, Je inn'ger schließe Dich an Gott; Laß Fleiß durch Deine Tage blühen Und heiter lächeln wird ihr Glanz, Hoff' und vertrau, auf Schweiß und Mühen Legt endlich Gott den Segenskranz.
Es wird das Häuschen neu erstehen, Wir werden es nach Gottes Rath Im Schmuck der Reben wiedersehen, -- Aus Thränen sprießt die Freudensaat. Und nun, mein Kind, frisch angefangen, Bring Arbeit mir ans Lager her, Beim Schaffen haben Gram und Bangen Auf unser Herz die Macht nicht mehr.
Mit diesen Worten, die sich mehr denn einmal auch an unsrem Freunde selber bewährt haben, nehmen wir Abschied von ihm. Noth und Sorge, wie wir gesehen haben, sind ihm nicht geschenkt worden und er liebt es wohl, nicht ohne einen leisen Anflug von Bitterkeit, sein Leben mit dem des Gellertschen Esels zu vergleichen, den alle drei Brüder benutzen und alle drei futtern
Titel die „Braut des Handwerkers“. Es iſt ein Idyll, das uns, in fünf Kapiteln, vom Morgen bis zum Abend des Hochzeitstages führt. Alles was uns ein Menſchenherz lieb und werth machen kann, das klingt hier zuſammen: Genügſamkeit, kindlich-frommer Sinn, Liebe, Pietät und Gottvertrauen. Die erſten Geſänge (viel- leicht die gelungneren) zeigen uns die Braut, wie ſie das „ein- gebrachte Geſpinnſt“ vor dem Bräutigam ausbreitet, darunter auch ein Leinenſtück, bei deſſen Anblick ihr unwillkürlich die Thränen aus den Augen brechen. Es erinnert ſie an ihre Kinderjahre, an den Tag, wo, nach Feuersbrunſt und Noth und Krankheit, die fleißige Hand ihrer Mutter, das Garn zu dieſem Stück zu ſpin- nen begann. Sie entſinnt ſich auch der Worte, die damals die Mutter zu ihr ſprach und ſie wiederholt ſie jetzt:
Setz auf den Herrn Dein ganzes Hoffen, Laß nie von ihm bei Andrer Spott; Jemehr das Unglück Dich betroffen, Je inn’ger ſchließe Dich an Gott; Laß Fleiß durch Deine Tage blühen Und heiter lächeln wird ihr Glanz, Hoff’ und vertrau, auf Schweiß und Mühen Legt endlich Gott den Segenskranz.
Es wird das Häuschen neu erſtehen, Wir werden es nach Gottes Rath Im Schmuck der Reben wiederſehen, — Aus Thränen ſprießt die Freudenſaat. Und nun, mein Kind, friſch angefangen, Bring Arbeit mir ans Lager her, Beim Schaffen haben Gram und Bangen Auf unſer Herz die Macht nicht mehr.
Mit dieſen Worten, die ſich mehr denn einmal auch an unſrem Freunde ſelber bewährt haben, nehmen wir Abſchied von ihm. Noth und Sorge, wie wir geſehen haben, ſind ihm nicht geſchenkt worden und er liebt es wohl, nicht ohne einen leiſen Anflug von Bitterkeit, ſein Leben mit dem des Gellertſchen Eſels zu vergleichen, den alle drei Brüder benutzen und alle drei futtern
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Titel die „Braut des Handwerkers“. Es iſt ein Idyll, das uns,
in fünf Kapiteln, vom Morgen bis zum Abend des Hochzeitstages
führt. Alles was uns ein Menſchenherz lieb und werth machen
kann, das klingt hier zuſammen: Genügſamkeit, kindlich-frommer
Sinn, Liebe, Pietät und Gottvertrauen. Die erſten Geſänge (viel-
leicht die gelungneren) zeigen uns die Braut, wie ſie das „ein-
gebrachte Geſpinnſt“ vor dem Bräutigam ausbreitet, darunter auch
ein Leinenſtück, bei deſſen Anblick ihr unwillkürlich die Thränen
aus den Augen brechen. Es erinnert ſie an ihre Kinderjahre, an
den Tag, wo, nach Feuersbrunſt und Noth und Krankheit, die
fleißige Hand ihrer Mutter, das Garn zu dieſem Stück zu ſpin-
nen begann. Sie entſinnt ſich auch der Worte, die damals die
Mutter zu ihr ſprach und ſie wiederholt ſie jetzt:
Setz auf den Herrn Dein ganzes Hoffen,
Laß nie von ihm bei Andrer Spott;
Jemehr das Unglück Dich betroffen,
Je inn’ger ſchließe Dich an Gott;
Laß Fleiß durch Deine Tage blühen
Und heiter lächeln wird ihr Glanz,
Hoff’ und vertrau, auf Schweiß und Mühen
Legt endlich Gott den Segenskranz.
Es wird das Häuschen neu erſtehen,
Wir werden es nach Gottes Rath
Im Schmuck der Reben wiederſehen, —
Aus Thränen ſprießt die Freudenſaat.
Und nun, mein Kind, friſch angefangen,
Bring Arbeit mir ans Lager her,
Beim Schaffen haben Gram und Bangen
Auf unſer Herz die Macht nicht mehr.
Mit dieſen Worten, die ſich mehr denn einmal auch an
unſrem Freunde ſelber bewährt haben, nehmen wir Abſchied von
ihm. Noth und Sorge, wie wir geſehen haben, ſind ihm nicht
geſchenkt worden und er liebt es wohl, nicht ohne einen leiſen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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