dern Darstellung der Kunersdorfer Schlacht, eine vorzugsweise Bedeutung beizulegen. In dieser Darstellung heißt es:
"Am Abend der unglücklichen Schlacht stand das Detache- ment von Zieten-Husaren zur Rechten des Königs, als der Mo- narch für seine Person noch nicht die Hoffnung zum Siege auf- geben wollte, obgleich schon aller Anschein dazu verloren war. Der König warf sich mit etwas Infanterie in das stärkste Feuer. Ihm wurde das Pferd, das er ritt, erschossen; sein Adjutant, der Oberst von Goetz, gab ihm zwar das seinige, allein jetzt drängte auch die Oestereichische Reiterei des General Laudon mächtig auf ihn ein, und Friedrichs Person gerieth in augenscheinliche Gefahr, um so mehr, da er nicht zurückgehen und auf seine Sicherheit bedacht sein wollte. In diesem furchtbaren Augenblick, an dem Preußens Glück und Ehre hing, sprengten, entflammt von Rache und Wuth, die Zieten'schen Husaren herbei, hieben mit Nachdruck in die öste- reichische Reiterei, und hielten sie von dem Regiment von Diricke, an dessen Spitze der König stand, bis zu seiner Rettung glücklich entfernt. Unter ihnen zeichnete sich besonders der Lieutenant Velten dadurch aus, daß er der Erste war, der einen Trupp Oestereichischer reitender Grenadiere zurückwarf, die schon den König umringen wollten. Der Rittmeister von Prittwitz, nachmaliger General der Kavallerie, hatte unterdessen den Muth, daß er sich ohne Anfrage zum Geleitsmann des Königs aufwarf, ihn halb mit Gewalt aus dem Feuer herauszog, und ihn über das Defilee bei der Mühle bis zur Schiffbrücke bei Goeritz durchbrachte, wo sich die Armee bald darauf wieder formirte. So wurde jener (Prittwitz) der Ret- ter Friedrichs und der Retter des Vaterlandes. (Andere Mitthei- lungen über Prittwitz siehe in den Anmerkungen.)
Der Krieg war zu Ende, und Prittwitz, damals noch Oberst- lieutenant, war Herr auf Quilitz. Es war ein schönes Gut, aber unwohnlich wie alle Güter, die lange in Pächterhänden sind, und da Prittwitz, der kurz zuvor (1762) eine Freiin Seherr-Thoß geheirathet hatte, standesgemäß zu leben gedachte, so mußte er vor allem darauf aus sein, ein Haus aufzuführen, das den Ansprü-
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dern Darſtellung der Kunersdorfer Schlacht, eine vorzugsweiſe Bedeutung beizulegen. In dieſer Darſtellung heißt es:
„Am Abend der unglücklichen Schlacht ſtand das Detache- ment von Zieten-Huſaren zur Rechten des Königs, als der Mo- narch für ſeine Perſon noch nicht die Hoffnung zum Siege auf- geben wollte, obgleich ſchon aller Anſchein dazu verloren war. Der König warf ſich mit etwas Infanterie in das ſtärkſte Feuer. Ihm wurde das Pferd, das er ritt, erſchoſſen; ſein Adjutant, der Oberſt von Goetz, gab ihm zwar das ſeinige, allein jetzt drängte auch die Oeſtereichiſche Reiterei des General Laudon mächtig auf ihn ein, und Friedrichs Perſon gerieth in augenſcheinliche Gefahr, um ſo mehr, da er nicht zurückgehen und auf ſeine Sicherheit bedacht ſein wollte. In dieſem furchtbaren Augenblick, an dem Preußens Glück und Ehre hing, ſprengten, entflammt von Rache und Wuth, die Zieten’ſchen Huſaren herbei, hieben mit Nachdruck in die öſte- reichiſche Reiterei, und hielten ſie von dem Regiment von Diricke, an deſſen Spitze der König ſtand, bis zu ſeiner Rettung glücklich entfernt. Unter ihnen zeichnete ſich beſonders der Lieutenant Velten dadurch aus, daß er der Erſte war, der einen Trupp Oeſtereichiſcher reitender Grenadiere zurückwarf, die ſchon den König umringen wollten. Der Rittmeiſter von Prittwitz, nachmaliger General der Kavallerie, hatte unterdeſſen den Muth, daß er ſich ohne Anfrage zum Geleitsmann des Königs aufwarf, ihn halb mit Gewalt aus dem Feuer herauszog, und ihn über das Defilee bei der Mühle bis zur Schiffbrücke bei Goeritz durchbrachte, wo ſich die Armee bald darauf wieder formirte. So wurde jener (Prittwitz) der Ret- ter Friedrichs und der Retter des Vaterlandes. (Andere Mitthei- lungen über Prittwitz ſiehe in den Anmerkungen.)
Der Krieg war zu Ende, und Prittwitz, damals noch Oberſt- lieutenant, war Herr auf Quilitz. Es war ein ſchönes Gut, aber unwohnlich wie alle Güter, die lange in Pächterhänden ſind, und da Prittwitz, der kurz zuvor (1762) eine Freiin Seherr-Thoß geheirathet hatte, ſtandesgemäß zu leben gedachte, ſo mußte er vor allem darauf aus ſein, ein Haus aufzuführen, das den Anſprü-
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dern Darſtellung der Kunersdorfer Schlacht, eine vorzugsweiſe
Bedeutung beizulegen. In dieſer Darſtellung heißt es:
„Am Abend der unglücklichen Schlacht ſtand das Detache-
ment von Zieten-Huſaren zur Rechten des Königs, als der Mo-
narch für ſeine Perſon noch nicht die Hoffnung zum Siege auf-
geben wollte, obgleich ſchon aller Anſchein dazu verloren war. Der
König warf ſich mit etwas Infanterie in das ſtärkſte Feuer. Ihm
wurde das Pferd, das er ritt, erſchoſſen; ſein Adjutant, der Oberſt
von Goetz, gab ihm zwar das ſeinige, allein jetzt drängte auch die
Oeſtereichiſche Reiterei des General Laudon mächtig auf ihn ein,
und Friedrichs Perſon gerieth in augenſcheinliche Gefahr, um ſo
mehr, da er nicht zurückgehen und auf ſeine Sicherheit bedacht
ſein wollte. In dieſem furchtbaren Augenblick, an dem Preußens
Glück und Ehre hing, ſprengten, entflammt von Rache und Wuth,
die Zieten’ſchen Huſaren herbei, hieben mit Nachdruck in die öſte-
reichiſche Reiterei, und hielten ſie von dem Regiment von Diricke,
an deſſen Spitze der König ſtand, bis zu ſeiner Rettung glücklich
entfernt. Unter ihnen zeichnete ſich beſonders der Lieutenant Velten
dadurch aus, daß er der Erſte war, der einen Trupp Oeſtereichiſcher
reitender Grenadiere zurückwarf, die ſchon den König umringen
wollten. Der Rittmeiſter von Prittwitz, nachmaliger General der
Kavallerie, hatte unterdeſſen den Muth, daß er ſich ohne Anfrage
zum Geleitsmann des Königs aufwarf, ihn halb mit Gewalt aus
dem Feuer herauszog, und ihn über das Defilee bei der Mühle
bis zur Schiffbrücke bei Goeritz durchbrachte, wo ſich die Armee
bald darauf wieder formirte. So wurde jener (Prittwitz) der Ret-
ter Friedrichs und der Retter des Vaterlandes. (Andere Mitthei-
lungen über Prittwitz ſiehe in den Anmerkungen.)
Der Krieg war zu Ende, und Prittwitz, damals noch Oberſt-
lieutenant, war Herr auf Quilitz. Es war ein ſchönes Gut, aber
unwohnlich wie alle Güter, die lange in Pächterhänden ſind, und
da Prittwitz, der kurz zuvor (1762) eine Freiin Seherr-Thoß
geheirathet hatte, ſtandesgemäß zu leben gedachte, ſo mußte er vor
allem darauf aus ſein, ein Haus aufzuführen, das den Anſprü-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/431>, abgerufen am 21.11.2024.
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