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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Lestwitz besaß nun Friedland; wie aber kam er zu Cu-
nersdorf
? Das geschah so.

Lestwitz war in Zweifel darüber, ob er Friedland als Lehn oder
als Allodium erhalten habe und scheute sich doch, bei dem König deshalb
anzufragen. War es Lehn, so fiel das Gut, da er keinen Sohn hatte,
nach seinem Tode an die Krone zurück. In dieser Verlegenheit --
einerseits von dem lebhaften Wunsche erfüllt, seiner einzigen Toch-
ter ein Gut als Erbe zu hinterlassen, und andrerseits von der
berechtigten Vorstellung ausgehend, daß es mißlich sei, ohne aus-
drückliche Erklärung des Königs, Friedland als Allodium und
freien Besitz anzusehen -- entschied er sich dafür, das benachbarte,
vormals von Barfus'sche Gut Cunersdorf anzukaufen und sich
dadurch in die Lage zu bringen, seiner Tochter, wie immer später-
hin auch die Ansicht des Königs sich herausstellen möge, doch
jedenfalls ein Gut hinterlassen zu können. Er kaufte also Cu-
nersdorf

Bald darauf sah Lestwitz die Nothwendigkeit ein, sich auf
einem seiner Güter standesgemäß einzurichten, d. h. ein Schloß zu
bauen. Da ihm der dauernde Besitz Friedlands (dauernd über
seine eigene Lebenszeit hinaus) zweifelhaft war, so entschied er sich
selbstverständlich dafür, das Schloß in dem neu erworbenen Cu-
nersdorf*) aufführen zu lassen. Als der Bau halb fertig war,
kam der König auf einer seiner Inspectionsreisen des Weges.
"Lestwitz, warum baut Er denn in Cunersdorf und
nicht in Friedland
?" Jetzt war der Moment der Erklärung
gekommen. Lestwitz antwortete, daß er keine Söhne und nur eine
Tochter habe, und davon ausgegangen sei, daß Friedland nach
seinem (Lestwitz's) Tode, an den König zurückfallen werde. "Ich

*) In Cunersdorf war zwar noch, aus der Barfus-Zeit her, ein
Herrenhaus, aber weder geräumig genug, noch ausreichend in seiner Ein-
richtung. Dies alte Barfus'sche Herrenhaus existirt noch (es steht dem
Schloß gegenüber) und veranschaulicht sehr gut, wie der Adel vor 200
Jahren lebte.

Leſtwitz beſaß nun Friedland; wie aber kam er zu Cu-
nersdorf
? Das geſchah ſo.

Leſtwitz war in Zweifel darüber, ob er Friedland als Lehn oder
als Allodium erhalten habe und ſcheute ſich doch, bei dem König deshalb
anzufragen. War es Lehn, ſo fiel das Gut, da er keinen Sohn hatte,
nach ſeinem Tode an die Krone zurück. In dieſer Verlegenheit —
einerſeits von dem lebhaften Wunſche erfüllt, ſeiner einzigen Toch-
ter ein Gut als Erbe zu hinterlaſſen, und andrerſeits von der
berechtigten Vorſtellung ausgehend, daß es mißlich ſei, ohne aus-
drückliche Erklärung des Königs, Friedland als Allodium und
freien Beſitz anzuſehen — entſchied er ſich dafür, das benachbarte,
vormals von Barfus’ſche Gut Cunersdorf anzukaufen und ſich
dadurch in die Lage zu bringen, ſeiner Tochter, wie immer ſpäter-
hin auch die Anſicht des Königs ſich herausſtellen möge, doch
jedenfalls ein Gut hinterlaſſen zu können. Er kaufte alſo Cu-
nersdorf

Bald darauf ſah Leſtwitz die Nothwendigkeit ein, ſich auf
einem ſeiner Güter ſtandesgemäß einzurichten, d. h. ein Schloß zu
bauen. Da ihm der dauernde Beſitz Friedlands (dauernd über
ſeine eigene Lebenszeit hinaus) zweifelhaft war, ſo entſchied er ſich
ſelbſtverſtändlich dafür, das Schloß in dem neu erworbenen Cu-
nersdorf*) aufführen zu laſſen. Als der Bau halb fertig war,
kam der König auf einer ſeiner Inſpectionsreiſen des Weges.
Leſtwitz, warum baut Er denn in Cunersdorf und
nicht in Friedland
?“ Jetzt war der Moment der Erklärung
gekommen. Leſtwitz antwortete, daß er keine Söhne und nur eine
Tochter habe, und davon ausgegangen ſei, daß Friedland nach
ſeinem (Leſtwitz’s) Tode, an den König zurückfallen werde. „Ich

*) In Cunersdorf war zwar noch, aus der Barfus-Zeit her, ein
Herrenhaus, aber weder geräumig genug, noch ausreichend in ſeiner Ein-
richtung. Dies alte Barfus’ſche Herrenhaus exiſtirt noch (es ſteht dem
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[452/0464] Leſtwitz beſaß nun Friedland; wie aber kam er zu Cu- nersdorf? Das geſchah ſo. Leſtwitz war in Zweifel darüber, ob er Friedland als Lehn oder als Allodium erhalten habe und ſcheute ſich doch, bei dem König deshalb anzufragen. War es Lehn, ſo fiel das Gut, da er keinen Sohn hatte, nach ſeinem Tode an die Krone zurück. In dieſer Verlegenheit — einerſeits von dem lebhaften Wunſche erfüllt, ſeiner einzigen Toch- ter ein Gut als Erbe zu hinterlaſſen, und andrerſeits von der berechtigten Vorſtellung ausgehend, daß es mißlich ſei, ohne aus- drückliche Erklärung des Königs, Friedland als Allodium und freien Beſitz anzuſehen — entſchied er ſich dafür, das benachbarte, vormals von Barfus’ſche Gut Cunersdorf anzukaufen und ſich dadurch in die Lage zu bringen, ſeiner Tochter, wie immer ſpäter- hin auch die Anſicht des Königs ſich herausſtellen möge, doch jedenfalls ein Gut hinterlaſſen zu können. Er kaufte alſo Cu- nersdorf Bald darauf ſah Leſtwitz die Nothwendigkeit ein, ſich auf einem ſeiner Güter ſtandesgemäß einzurichten, d. h. ein Schloß zu bauen. Da ihm der dauernde Beſitz Friedlands (dauernd über ſeine eigene Lebenszeit hinaus) zweifelhaft war, ſo entſchied er ſich ſelbſtverſtändlich dafür, das Schloß in dem neu erworbenen Cu- nersdorf *) aufführen zu laſſen. Als der Bau halb fertig war, kam der König auf einer ſeiner Inſpectionsreiſen des Weges. „Leſtwitz, warum baut Er denn in Cunersdorf und nicht in Friedland?“ Jetzt war der Moment der Erklärung gekommen. Leſtwitz antwortete, daß er keine Söhne und nur eine Tochter habe, und davon ausgegangen ſei, daß Friedland nach ſeinem (Leſtwitz’s) Tode, an den König zurückfallen werde. „Ich *) In Cunersdorf war zwar noch, aus der Barfus-Zeit her, ein Herrenhaus, aber weder geräumig genug, noch ausreichend in ſeiner Ein- richtung. Dies alte Barfus’ſche Herrenhaus exiſtirt noch (es ſteht dem Schloß gegenüber) und veranſchaulicht ſehr gut, wie der Adel vor 200 Jahren lebte.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/464>, abgerufen am 24.11.2024.