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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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len die Kreuz und Quer gefahren, ehe wir auf ihrem gewöhnlichen
Wohnsitze, auf Schloß Cunersdorf ankamen. Sie hat außerdem
noch 7 bis 8 völlig eingerichtete Wohnungen, wo sie, wie es ihr
einfällt, Mittag oder Nachts bleibt. Ihre Leute wissen es keine
Stunde vorher, wo sie essen oder schlafen will."

Im weitern Verlauf der Schilderung, die Thaer von ihr
entwirft, heißt es an anderer Stelle:

"Heute von Morgens 6 Uhr an, bis jetzt, Abends 10 Uhr,
hat sie uns nicht fünf Minuten Ruhe gelassen. Wir haben gewiß
vier Spann Pferde müde gefahren. So etwas von Aktivität ist
mir noch nie vorgekommen. Sie hat über ein Dutzend Verwalter,
Schreiber und Meier, und dennoch kennt sie jeden kleinen Garten-
fleck, jeden Baum, jedes Pferd, jede Kuh, und bemerkt jeden klei-
nen Fehler, der in der Bestellung vorgefallen ist, jede Lücke in
einer Hecke, jeden falschgestellten Pflug. Sie hat nicht nur mehrere
große Branntweinbrennereien und Brauereien, sondern betreibt auch
ein starkes Mühlengewerbe, weshalb sie sich förmlich in das Mül-
lergewerk hat einschreiben lassen, so daß sie das Meisterrecht hat,
und Lehrburschen ein- und losschreiben kann."

Diese Schilderungen, sowohl die Thaer'schen wie die von
Marwitz herrührenden, deuten bereits den Punkt an, worin Frau
von Friedland ganz besonders hervorragte; ich meine ihr Or-
ganisations- und Erziehungs-Talent, ihre Gabe, Leute aus dem
Bauernstande zu treuen und tüchtigen Verwaltern, Förstern und
Jägern heranzubilden. Sie zeigte dabei eben so viel Menschen-
kenntniß, wie sie zugleich Gelegenheit hatte, die Bildungsfähigkeit
der hier lebenden deutsch-wendischen Mischrace anzuerkennen.

Die meisten und besten Grundstücke der Herrschaft Cuners-
dorf-Friedland gehörten (und gehören noch) zu jenem Theil des
Oderbruchs, der erst durch die von Friedrich dem Großen, während der
in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus-
geführten Odermelioration, dem Wasser und Sumpf abgerungen
wurde. Diese Grundstücke waren nicht sofort fruchtbar; mehrere
Decennien vergingen, ehe, bei dem damaligen mangelhaften Zu-

len die Kreuz und Quer gefahren, ehe wir auf ihrem gewöhnlichen
Wohnſitze, auf Schloß Cunersdorf ankamen. Sie hat außerdem
noch 7 bis 8 völlig eingerichtete Wohnungen, wo ſie, wie es ihr
einfällt, Mittag oder Nachts bleibt. Ihre Leute wiſſen es keine
Stunde vorher, wo ſie eſſen oder ſchlafen will.“

Im weitern Verlauf der Schilderung, die Thaer von ihr
entwirft, heißt es an anderer Stelle:

„Heute von Morgens 6 Uhr an, bis jetzt, Abends 10 Uhr,
hat ſie uns nicht fünf Minuten Ruhe gelaſſen. Wir haben gewiß
vier Spann Pferde müde gefahren. So etwas von Aktivität iſt
mir noch nie vorgekommen. Sie hat über ein Dutzend Verwalter,
Schreiber und Meier, und dennoch kennt ſie jeden kleinen Garten-
fleck, jeden Baum, jedes Pferd, jede Kuh, und bemerkt jeden klei-
nen Fehler, der in der Beſtellung vorgefallen iſt, jede Lücke in
einer Hecke, jeden falſchgeſtellten Pflug. Sie hat nicht nur mehrere
große Branntweinbrennereien und Brauereien, ſondern betreibt auch
ein ſtarkes Mühlengewerbe, weshalb ſie ſich förmlich in das Mül-
lergewerk hat einſchreiben laſſen, ſo daß ſie das Meiſterrecht hat,
und Lehrburſchen ein- und losſchreiben kann.“

Dieſe Schilderungen, ſowohl die Thaer’ſchen wie die von
Marwitz herrührenden, deuten bereits den Punkt an, worin Frau
von Friedland ganz beſonders hervorragte; ich meine ihr Or-
ganiſations- und Erziehungs-Talent, ihre Gabe, Leute aus dem
Bauernſtande zu treuen und tüchtigen Verwaltern, Förſtern und
Jägern heranzubilden. Sie zeigte dabei eben ſo viel Menſchen-
kenntniß, wie ſie zugleich Gelegenheit hatte, die Bildungsfähigkeit
der hier lebenden deutſch-wendiſchen Miſchrace anzuerkennen.

Die meiſten und beſten Grundſtücke der Herrſchaft Cuners-
dorf-Friedland gehörten (und gehören noch) zu jenem Theil des
Oderbruchs, der erſt durch die von Friedrich dem Großen, während der
in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus-
geführten Odermelioration, dem Waſſer und Sumpf abgerungen
wurde. Dieſe Grundſtücke waren nicht ſofort fruchtbar; mehrere
Decennien vergingen, ehe, bei dem damaligen mangelhaften Zu-

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[459/0471] len die Kreuz und Quer gefahren, ehe wir auf ihrem gewöhnlichen Wohnſitze, auf Schloß Cunersdorf ankamen. Sie hat außerdem noch 7 bis 8 völlig eingerichtete Wohnungen, wo ſie, wie es ihr einfällt, Mittag oder Nachts bleibt. Ihre Leute wiſſen es keine Stunde vorher, wo ſie eſſen oder ſchlafen will.“ Im weitern Verlauf der Schilderung, die Thaer von ihr entwirft, heißt es an anderer Stelle: „Heute von Morgens 6 Uhr an, bis jetzt, Abends 10 Uhr, hat ſie uns nicht fünf Minuten Ruhe gelaſſen. Wir haben gewiß vier Spann Pferde müde gefahren. So etwas von Aktivität iſt mir noch nie vorgekommen. Sie hat über ein Dutzend Verwalter, Schreiber und Meier, und dennoch kennt ſie jeden kleinen Garten- fleck, jeden Baum, jedes Pferd, jede Kuh, und bemerkt jeden klei- nen Fehler, der in der Beſtellung vorgefallen iſt, jede Lücke in einer Hecke, jeden falſchgeſtellten Pflug. Sie hat nicht nur mehrere große Branntweinbrennereien und Brauereien, ſondern betreibt auch ein ſtarkes Mühlengewerbe, weshalb ſie ſich förmlich in das Mül- lergewerk hat einſchreiben laſſen, ſo daß ſie das Meiſterrecht hat, und Lehrburſchen ein- und losſchreiben kann.“ Dieſe Schilderungen, ſowohl die Thaer’ſchen wie die von Marwitz herrührenden, deuten bereits den Punkt an, worin Frau von Friedland ganz beſonders hervorragte; ich meine ihr Or- ganiſations- und Erziehungs-Talent, ihre Gabe, Leute aus dem Bauernſtande zu treuen und tüchtigen Verwaltern, Förſtern und Jägern heranzubilden. Sie zeigte dabei eben ſo viel Menſchen- kenntniß, wie ſie zugleich Gelegenheit hatte, die Bildungsfähigkeit der hier lebenden deutſch-wendiſchen Miſchrace anzuerkennen. Die meiſten und beſten Grundſtücke der Herrſchaft Cuners- dorf-Friedland gehörten (und gehören noch) zu jenem Theil des Oderbruchs, der erſt durch die von Friedrich dem Großen, während der in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus- geführten Odermelioration, dem Waſſer und Sumpf abgerungen wurde. Dieſe Grundſtücke waren nicht ſofort fruchtbar; mehrere Decennien vergingen, ehe, bei dem damaligen mangelhaften Zu-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/471>, abgerufen am 24.11.2024.