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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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(nunmehr, wenn wir nicht irren, unter dem Oberbefehl des Ge-
nerals Sebastiani) fast wie ein Wiedersehn, wie ein bevorstehendes
freudiges Ereigniß angekündigt wurde. Aber ob nun diese nach-
rückenden Reiter, die meist keine Reiter mehr waren, eine andere
Route nahmen, oder ob diese Zettel nur gleichsam Bülletins im
Kleinen darstellten, darauf angelegt, die Gegenden, durch die man
kam, noch an das Vorhandensein der grande armee glauben zu
machen, gleichviel, die schwere Kavallerie kam nicht. Wer kam, das
waren andere.

Am 18. Februar, als man es freilich längst aufgegeben hatte,
die ehemalig Nansouty'schen noch zu sehen, hielten plötzlich, unver-
muthet, unangemeldet, struppige Pferde vor jedem Ausgang des
Dorfes und auf den kleinen, abgetriebenen Gäulen saßen seltsame
Leute mit Pelzmützen und Piken, wie sie seit den Tagen von Zorn-
dorf und Schlachten-Kunersdorf in diesen Gegenden nicht mehr
gesehen worden waren. Es waren Kosaken.

Damit hatte es folgenden Zusammenhang. General Tscher-
nitscheff
, der Führer der russischen Avantgarde, nachdem seine
Vorhut unter Oberst von Tettenborn bereits am Tage zuvor
bis Werneuchen und Alt-Landsberg vorgedrungen war, hatte am
18. in der Mittagsstunde die Oder passirt. "Ein Alliirter von
Rußland her," so erzählt Friedrich Adami, "hatte ihm und
seinen 2000 Pferden die Brücke dazu gebaut. Die Oder trug noch
ihre Eisdecke. Wenige Stunden später, um 4 Uhr Nachmittags,
brach das Eis, auf dem drei russische Regimenter (Kosaken, Dra-
goner und Husaren) nebst einigen Kanonen über die Oder mar-
schirt waren. Es hatte, so schien es, nur eben noch die Landsleute
des harten, nordischen Winters hinüber lassen wollen. Diese 2000
Reiter erschienen jetzt in den Dörfern zwischen Wriezen und Möglin;
Tschernitscheff selbst übernachtete in Schloß Cunersdorf."

In Schloß Cunersdorf selbst erzählt man den Hergang etwas
abweichend. Danach erschien Tschernitscheff nicht spät Nachmit-
tags, sondern bereits früh am Morgen, übernachtete auch nicht
im Schloß, sondern brach nach kurzer Rast und nachdem alle 2000

(nunmehr, wenn wir nicht irren, unter dem Oberbefehl des Ge-
nerals Sebaſtiani) faſt wie ein Wiederſehn, wie ein bevorſtehendes
freudiges Ereigniß angekündigt wurde. Aber ob nun dieſe nach-
rückenden Reiter, die meiſt keine Reiter mehr waren, eine andere
Route nahmen, oder ob dieſe Zettel nur gleichſam Bülletins im
Kleinen darſtellten, darauf angelegt, die Gegenden, durch die man
kam, noch an das Vorhandenſein der grande armée glauben zu
machen, gleichviel, die ſchwere Kavallerie kam nicht. Wer kam, das
waren andere.

Am 18. Februar, als man es freilich längſt aufgegeben hatte,
die ehemalig Nanſouty’ſchen noch zu ſehen, hielten plötzlich, unver-
muthet, unangemeldet, ſtruppige Pferde vor jedem Ausgang des
Dorfes und auf den kleinen, abgetriebenen Gäulen ſaßen ſeltſame
Leute mit Pelzmützen und Piken, wie ſie ſeit den Tagen von Zorn-
dorf und Schlachten-Kunersdorf in dieſen Gegenden nicht mehr
geſehen worden waren. Es waren Koſaken.

Damit hatte es folgenden Zuſammenhang. General Tſcher-
nitſcheff
, der Führer der ruſſiſchen Avantgarde, nachdem ſeine
Vorhut unter Oberſt von Tettenborn bereits am Tage zuvor
bis Werneuchen und Alt-Landsberg vorgedrungen war, hatte am
18. in der Mittagsſtunde die Oder paſſirt. „Ein Alliirter von
Rußland her,“ ſo erzählt Friedrich Adami, „hatte ihm und
ſeinen 2000 Pferden die Brücke dazu gebaut. Die Oder trug noch
ihre Eisdecke. Wenige Stunden ſpäter, um 4 Uhr Nachmittags,
brach das Eis, auf dem drei ruſſiſche Regimenter (Koſaken, Dra-
goner und Huſaren) nebſt einigen Kanonen über die Oder mar-
ſchirt waren. Es hatte, ſo ſchien es, nur eben noch die Landsleute
des harten, nordiſchen Winters hinüber laſſen wollen. Dieſe 2000
Reiter erſchienen jetzt in den Dörfern zwiſchen Wriezen und Möglin;
Tſchernitſcheff ſelbſt übernachtete in Schloß Cunersdorf.“

In Schloß Cunersdorf ſelbſt erzählt man den Hergang etwas
abweichend. Danach erſchien Tſchernitſcheff nicht ſpät Nachmit-
tags, ſondern bereits früh am Morgen, übernachtete auch nicht
im Schloß, ſondern brach nach kurzer Raſt und nachdem alle 2000

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[468/0480] (nunmehr, wenn wir nicht irren, unter dem Oberbefehl des Ge- nerals Sebaſtiani) faſt wie ein Wiederſehn, wie ein bevorſtehendes freudiges Ereigniß angekündigt wurde. Aber ob nun dieſe nach- rückenden Reiter, die meiſt keine Reiter mehr waren, eine andere Route nahmen, oder ob dieſe Zettel nur gleichſam Bülletins im Kleinen darſtellten, darauf angelegt, die Gegenden, durch die man kam, noch an das Vorhandenſein der grande armée glauben zu machen, gleichviel, die ſchwere Kavallerie kam nicht. Wer kam, das waren andere. Am 18. Februar, als man es freilich längſt aufgegeben hatte, die ehemalig Nanſouty’ſchen noch zu ſehen, hielten plötzlich, unver- muthet, unangemeldet, ſtruppige Pferde vor jedem Ausgang des Dorfes und auf den kleinen, abgetriebenen Gäulen ſaßen ſeltſame Leute mit Pelzmützen und Piken, wie ſie ſeit den Tagen von Zorn- dorf und Schlachten-Kunersdorf in dieſen Gegenden nicht mehr geſehen worden waren. Es waren Koſaken. Damit hatte es folgenden Zuſammenhang. General Tſcher- nitſcheff, der Führer der ruſſiſchen Avantgarde, nachdem ſeine Vorhut unter Oberſt von Tettenborn bereits am Tage zuvor bis Werneuchen und Alt-Landsberg vorgedrungen war, hatte am 18. in der Mittagsſtunde die Oder paſſirt. „Ein Alliirter von Rußland her,“ ſo erzählt Friedrich Adami, „hatte ihm und ſeinen 2000 Pferden die Brücke dazu gebaut. Die Oder trug noch ihre Eisdecke. Wenige Stunden ſpäter, um 4 Uhr Nachmittags, brach das Eis, auf dem drei ruſſiſche Regimenter (Koſaken, Dra- goner und Huſaren) nebſt einigen Kanonen über die Oder mar- ſchirt waren. Es hatte, ſo ſchien es, nur eben noch die Landsleute des harten, nordiſchen Winters hinüber laſſen wollen. Dieſe 2000 Reiter erſchienen jetzt in den Dörfern zwiſchen Wriezen und Möglin; Tſchernitſcheff ſelbſt übernachtete in Schloß Cunersdorf.“ In Schloß Cunersdorf ſelbſt erzählt man den Hergang etwas abweichend. Danach erſchien Tſchernitſcheff nicht ſpät Nachmit- tags, ſondern bereits früh am Morgen, übernachtete auch nicht im Schloß, ſondern brach nach kurzer Raſt und nachdem alle 2000

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/480>, abgerufen am 25.11.2024.