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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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und bunteste dieser Wiesen führt bis diesen Tag noch den Namen
der Zeidelwiese. Vielleicht, daß auch dies bald anders wird.
Schon ist die Zeidelwiese nicht mehr die alte Zeidelwiese von vor-
mals, man hat sie halbirt und die eine Hälfte zu einer Art Kü-
chengarten gemacht. Aber wenn auch Name und Sache ganz ver-
schwinden sollten, das Dorf in der Haide, das abseits liegt, und
in seiner Armuth niemanden auffordert, das Sand- und Haide-
land in den großen Verkehr hineinzuziehen, wird noch lange ein
Plätzchen bleiben, dessen still aufsteigender Rauch den Reisenden
nach stundenlanger Oede anheimeln und dessen erstes "Mütterchen
am Zaun" ihn dankbar empfinden lassen wird:

Wie wohl thut Menschenangesicht
Mit seiner stillen Wärme.


und bunteſte dieſer Wieſen führt bis dieſen Tag noch den Namen
der Zeidelwieſe. Vielleicht, daß auch dies bald anders wird.
Schon iſt die Zeidelwieſe nicht mehr die alte Zeidelwieſe von vor-
mals, man hat ſie halbirt und die eine Hälfte zu einer Art Kü-
chengarten gemacht. Aber wenn auch Name und Sache ganz ver-
ſchwinden ſollten, das Dorf in der Haide, das abſeits liegt, und
in ſeiner Armuth niemanden auffordert, das Sand- und Haide-
land in den großen Verkehr hineinzuziehen, wird noch lange ein
Plätzchen bleiben, deſſen ſtill aufſteigender Rauch den Reiſenden
nach ſtundenlanger Oede anheimeln und deſſen erſtes „Mütterchen
am Zaun“ ihn dankbar empfinden laſſen wird:

Wie wohl thut Menſchenangeſicht
Mit ſeiner ſtillen Wärme.


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[500/0512] und bunteſte dieſer Wieſen führt bis dieſen Tag noch den Namen der Zeidelwieſe. Vielleicht, daß auch dies bald anders wird. Schon iſt die Zeidelwieſe nicht mehr die alte Zeidelwieſe von vor- mals, man hat ſie halbirt und die eine Hälfte zu einer Art Kü- chengarten gemacht. Aber wenn auch Name und Sache ganz ver- ſchwinden ſollten, das Dorf in der Haide, das abſeits liegt, und in ſeiner Armuth niemanden auffordert, das Sand- und Haide- land in den großen Verkehr hineinzuziehen, wird noch lange ein Plätzchen bleiben, deſſen ſtill aufſteigender Rauch den Reiſenden nach ſtundenlanger Oede anheimeln und deſſen erſtes „Mütterchen am Zaun“ ihn dankbar empfinden laſſen wird: Wie wohl thut Menſchenangeſicht Mit ſeiner ſtillen Wärme.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/512>, abgerufen am 21.11.2024.