Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.3. Die Kirche in Tamsel. Die Tamsler Kirche steht ebenfalls im Park. Es ist ein alter, gothi- Die Kirche ist eine einfache Kreuzkirche. Das linke Querschiff ist eine Andere Statuen enthält die Kirche nicht, wohl aber zwei Oelbilder gereicht dem Park jeder Zeit zu einer besonderen Zierde; seinen schönsten Moment
aber hatte dies Denkmal wohl, als in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1861 König Wilhelm I., von seiner Krönung in Königsberg zurückkehrend, im Eilzuge an Tamsel und seinem Park vorüberfuhr. Signale (vom Eisenbahn-Damm aus) wurden gegeben und in demselben Augenblick, in dem der Zug an der Park-Lichtung vorüber- glitt, strahlte das Victoriabild des Obelisken in bengalischen Feuern. Dahinter stiegen, einen Moment nur, die Umrisse des Schlosses auf; dann sank alles wieder in Nacht. 3. Die Kirche in Tamſel. Die Tamſler Kirche ſteht ebenfalls im Park. Es iſt ein alter, gothi- Die Kirche iſt eine einfache Kreuzkirche. Das linke Querſchiff iſt eine Andere Statuen enthält die Kirche nicht, wohl aber zwei Oelbilder gereicht dem Park jeder Zeit zu einer beſonderen Zierde; ſeinen ſchönſten Moment
aber hatte dies Denkmal wohl, als in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1861 König Wilhelm I., von ſeiner Krönung in Königsberg zurückkehrend, im Eilzuge an Tamſel und ſeinem Park vorüberfuhr. Signale (vom Eiſenbahn-Damm aus) wurden gegeben und in demſelben Augenblick, in dem der Zug an der Park-Lichtung vorüber- glitt, ſtrahlte das Victoriabild des Obelisken in bengaliſchen Feuern. Dahinter ſtiegen, einen Moment nur, die Umriſſe des Schloſſes auf; dann ſank alles wieder in Nacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0518" n="506"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">3. Die Kirche in Tamſel.</hi> </head><lb/> <p>Die Tamſler Kirche ſteht ebenfalls im Park. Es iſt ein alter, gothi-<lb/> ſcher Bau, der durch Schinkel reſtaurirt und — wenn ſich auch nicht<lb/> Alles loben läßt — doch jedenfalls zu einem Bau umgeſtaltet wurde, der<lb/> ſich ſehr <hi rendition="#g">maleriſch in die Landſchaft einfügt</hi>. Dies maleriſche<lb/> Element, das Beſtreben, einer ſterilen Landſchaft aufzuhelfen oder eine<lb/> hübſche Landſchaft noch hübſcher zu machen, ſpielt bei allen Schinkelſchen<lb/> Dorfkirchen eine ſehr weſentliche Rolle.</p><lb/> <p>Die Kirche iſt eine einfache Kreuzkirche. Das linke Querſchiff iſt eine<lb/> mit Statuen und Waffentrophäen geſchmückte Ruhmeshalle für die <hi rendition="#g">Schoe-<lb/> nings</hi>. Hier befinden ſich, in einer Doppelniſche, die überlebensgroßen<lb/> Steinbilder des <hi rendition="#g">Feldmarſchalls Hans Adam v. Schoening</hi><lb/> und ſeiner Gemahlin. Zur Linken beider ſteht die Marmorbüſte des <hi rendition="#g">Soh-<lb/> nes</hi> (Johann Ludwig † 1713) und trägt folgende Inſchrift: „Der Hoch-<lb/> wohlgeborne Herr, Herr Johann Ludwig v. <hi rendition="#g">Schoening</hi>, des St. Jo-<lb/> hanniter Ordens Ritter und deſignirter Commendator zu Lago, Sr. Königl.<lb/> Majeſtät in Polen und churfürſtlichen Durchlaucht zu Sachſen geweſener<lb/> Kammerherr, Herr zu Tamſel, Warnick, Groß und Klein Kamin, Birck-<lb/> holz und Schönhoff, iſt geboren zu Küſtrin den 25. Dezember <hi rendition="#aq">St. vet.<lb/> anno</hi> 1675 und auf dem adligen Gute zu Neuendorf in dem Für-<lb/> ſtenthum Halberſtadt <hi rendition="#aq">anno</hi> 1713, den 29. Oktober, ſelig in dem Herrn<lb/> entſchlafen, ſeines Alters 37 Jahr, 10 Monate und 10 Tage.“</p><lb/> <p>Andere Statuen enthält die Kirche nicht, wohl aber zwei Oelbilder<lb/> zur Rechten und Linken des Altars. Das eine, von <hi rendition="#g">Wach</hi> gemalt, iſt eine<lb/> „Himmelfahrt“; das andere, ein „Chriſtus am Kreuz“, wurde von Wach<lb/> reſtaurirt. Dies zweite Bild iſt weſentlich beſſer und gilt für werthvoll.<lb/> Es heißt „der Feldmarſchall habe es nach ſeinem Türkenſiege aus Ungarn<lb/> mitgebracht“, doch iſt das mindeſtens höchſt unwahrſcheinlich. Alles was<lb/> ſich in den Schlöſſern und Kirchen unſerer „Türkenbeſieger“ vorfindet,<lb/> (wie ich das in dem Kapitel „Lichterfelde“ ausführlicher gezeigt habe) iſt<lb/> allemal „aus Ungarn mitgebracht.“ Ich halte mich überzeugt, daß auch<lb/> die S. 16 bereits erwähnten, berühmten Stuckarbeiten im Tamſeler Schloß<lb/> einfach von Berliner Künſtlern herrühren, an denen unter der Regierung<lb/> Churfürſt Friedrichs <hi rendition="#aq">III.</hi> (des ſpätern Königs Friedrich <hi rendition="#aq">I.</hi>) in der bran-<lb/> denburgiſchen Hauptſtadt durchaus kein Mangel war. Der „Chriſtus am<lb/> Kreuz“ konnte allerdings damals von keinem Berliner Maler gemalt<lb/><note xml:id="note-0518" prev="#note-0517" place="foot" n="*)">gereicht dem Park jeder Zeit zu einer beſonderen Zierde; ſeinen ſchönſten Moment<lb/> aber hatte dies Denkmal wohl, als in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1861<lb/> König Wilhelm <hi rendition="#aq">I.</hi>, von ſeiner Krönung in Königsberg zurückkehrend, im Eilzuge an<lb/> Tamſel und ſeinem Park vorüberfuhr. Signale (vom Eiſenbahn-Damm aus) wurden<lb/> gegeben und in demſelben Augenblick, in dem der Zug an der Park-Lichtung vorüber-<lb/> glitt, ſtrahlte das Victoriabild des Obelisken in bengaliſchen Feuern. Dahinter ſtiegen,<lb/> einen Moment nur, die Umriſſe des Schloſſes auf; dann ſank alles wieder in Nacht.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [506/0518]
3. Die Kirche in Tamſel.
Die Tamſler Kirche ſteht ebenfalls im Park. Es iſt ein alter, gothi-
ſcher Bau, der durch Schinkel reſtaurirt und — wenn ſich auch nicht
Alles loben läßt — doch jedenfalls zu einem Bau umgeſtaltet wurde, der
ſich ſehr maleriſch in die Landſchaft einfügt. Dies maleriſche
Element, das Beſtreben, einer ſterilen Landſchaft aufzuhelfen oder eine
hübſche Landſchaft noch hübſcher zu machen, ſpielt bei allen Schinkelſchen
Dorfkirchen eine ſehr weſentliche Rolle.
Die Kirche iſt eine einfache Kreuzkirche. Das linke Querſchiff iſt eine
mit Statuen und Waffentrophäen geſchmückte Ruhmeshalle für die Schoe-
nings. Hier befinden ſich, in einer Doppelniſche, die überlebensgroßen
Steinbilder des Feldmarſchalls Hans Adam v. Schoening
und ſeiner Gemahlin. Zur Linken beider ſteht die Marmorbüſte des Soh-
nes (Johann Ludwig † 1713) und trägt folgende Inſchrift: „Der Hoch-
wohlgeborne Herr, Herr Johann Ludwig v. Schoening, des St. Jo-
hanniter Ordens Ritter und deſignirter Commendator zu Lago, Sr. Königl.
Majeſtät in Polen und churfürſtlichen Durchlaucht zu Sachſen geweſener
Kammerherr, Herr zu Tamſel, Warnick, Groß und Klein Kamin, Birck-
holz und Schönhoff, iſt geboren zu Küſtrin den 25. Dezember St. vet.
anno 1675 und auf dem adligen Gute zu Neuendorf in dem Für-
ſtenthum Halberſtadt anno 1713, den 29. Oktober, ſelig in dem Herrn
entſchlafen, ſeines Alters 37 Jahr, 10 Monate und 10 Tage.“
Andere Statuen enthält die Kirche nicht, wohl aber zwei Oelbilder
zur Rechten und Linken des Altars. Das eine, von Wach gemalt, iſt eine
„Himmelfahrt“; das andere, ein „Chriſtus am Kreuz“, wurde von Wach
reſtaurirt. Dies zweite Bild iſt weſentlich beſſer und gilt für werthvoll.
Es heißt „der Feldmarſchall habe es nach ſeinem Türkenſiege aus Ungarn
mitgebracht“, doch iſt das mindeſtens höchſt unwahrſcheinlich. Alles was
ſich in den Schlöſſern und Kirchen unſerer „Türkenbeſieger“ vorfindet,
(wie ich das in dem Kapitel „Lichterfelde“ ausführlicher gezeigt habe) iſt
allemal „aus Ungarn mitgebracht.“ Ich halte mich überzeugt, daß auch
die S. 16 bereits erwähnten, berühmten Stuckarbeiten im Tamſeler Schloß
einfach von Berliner Künſtlern herrühren, an denen unter der Regierung
Churfürſt Friedrichs III. (des ſpätern Königs Friedrich I.) in der bran-
denburgiſchen Hauptſtadt durchaus kein Mangel war. Der „Chriſtus am
Kreuz“ konnte allerdings damals von keinem Berliner Maler gemalt
*)
*) gereicht dem Park jeder Zeit zu einer beſonderen Zierde; ſeinen ſchönſten Moment
aber hatte dies Denkmal wohl, als in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1861
König Wilhelm I., von ſeiner Krönung in Königsberg zurückkehrend, im Eilzuge an
Tamſel und ſeinem Park vorüberfuhr. Signale (vom Eiſenbahn-Damm aus) wurden
gegeben und in demſelben Augenblick, in dem der Zug an der Park-Lichtung vorüber-
glitt, ſtrahlte das Victoriabild des Obelisken in bengaliſchen Feuern. Dahinter ſtiegen,
einen Moment nur, die Umriſſe des Schloſſes auf; dann ſank alles wieder in Nacht.
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