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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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wurde eine Frau Pfennig als Hexe verurtheilt und verbrannt. 2) Anno
1628 wurden Judith Hoppe und ihre beiden verheiratheten Töchter
Anna Liebenwall und Gertrud Puhlmann verurtheilt und hin-
gerichtet. 3) Kurz nach 1628 wurde eine Anna Koch als Hexe verur-
theilt; ob verbrannt ist ungewiß. 4) Anno 1644 wurde Ursula Hensel
als Hexe verurtheilt. Sie starb unter der Tortur.

Ueber den ersten und dritten Fall fehlen alle näheren Details; da-
gegen hat sich über den zweiten und vierten Prozeß allerhand Sa-
genhaftes und Historisches erhalten.

Der Fall mit der Judith Hoppe und ihren beiden Töchtern (1628)
war wahrscheinlich der interessanteste und dramatischste unter allen.
Das Aktenstück darüber, das lange Zeit aufbewahrt wurde, ist schließlich
verloren gegangen. Die eine Tochter (Gertrud Puhlmann) starb schon wäh-
rend der Prozedur auf der Folter. Gegen die beiden andern, d. h. gegen
Judith Hoppe und Anna Liebenwall, wurde von Seiten der
Frankfurter Rechts-Fakultät das Urtheil gefällt. Es lautete dahin: "daß
Judith mit glühenden Zangen auf beiden Brüsten gezwickt und verbrannt,
Anna aber mit Feuer vom Leben zum Tode gebracht werde." Beide
Urtheile wurden bestätigt
und dem Amtsschreiber der Befehl zur
Ausführung gegeben. Judith Hoppe (die Mutter) starb unter den Mar-
tern; Anna Liebenwall wurde wirklich verbrannt an der Stelle, wo
jetzt, eine Strecke vor der Stadt, dicht an der Berliner Chaussee, die so-
genannte Brandfichte steht. Anna Liebenwalls letzte Worte waren: "Im
Angesicht des Todes betheure ich meine Unschuld. Zum Beweise desselben
soll aus der Asche dieses Holzstoßes ein Keim aufgehen, wachsen, grünen.
Gott, nimm mich gnädig auf." In der That erwuchs der Brandstätte an-
dern Jahres schon ein Reis, und der wachsende Baum wurde "Brand-
fichte" genannt. Der jetzige ist nicht der alte, der morsch wurde und end-
lich zusammenbrach, sondern ein an derselben Stelle gepflanzter Ersatz-
mann.

Ueber den Prozeß der Ursula Hensel existirt noch im Freienwal-
der Stadtarchiv ein ziemlich umfangreiches Aktenstück. Leider ist es nicht
mehr vollständig; sehr Wesentliches fehlt darin. Interessant aber ist die
vom Freienwalder Rathsschreiber gefertigte Darstellung des Sachver-
halts
, die an die Juristen-Fakultät in Frankfurt a. O. eingeschickt
wurde. Mit dieser "Darstellung" beginnt das Aktenstück und ich lasse dieselbe,
nur unwesentlich abgeändert, hier folgen. Einzelnes in dieser Darstellung
ist häßlich und nichts weniger als eine angenehme Lektüre. Der Leser
darf aber eben nicht vergessen, daß es sich hier um einen Hexenprozeß
handelt, also um eine Angelegenheit, die man nicht mit Lawendelwasser
abwaschen darf, um sie hübsch und sauber erscheinen zu lassen.

"Edle, wohlehrenfeste, großachtbare, hochgelehrte und hochbenahmete
Herrn Decane und Doctores facultatis juridicae der hochlöblichen Univer-

wurde eine Frau Pfennig als Hexe verurtheilt und verbrannt. 2) Anno
1628 wurden Judith Hoppe und ihre beiden verheiratheten Töchter
Anna Liebenwall und Gertrud Puhlmann verurtheilt und hin-
gerichtet. 3) Kurz nach 1628 wurde eine Anna Koch als Hexe verur-
theilt; ob verbrannt iſt ungewiß. 4) Anno 1644 wurde Urſula Henſel
als Hexe verurtheilt. Sie ſtarb unter der Tortur.

Ueber den erſten und dritten Fall fehlen alle näheren Details; da-
gegen hat ſich über den zweiten und vierten Prozeß allerhand Sa-
genhaftes und Hiſtoriſches erhalten.

Der Fall mit der Judith Hoppe und ihren beiden Töchtern (1628)
war wahrſcheinlich der intereſſanteſte und dramatiſchſte unter allen.
Das Aktenſtück darüber, das lange Zeit aufbewahrt wurde, iſt ſchließlich
verloren gegangen. Die eine Tochter (Gertrud Puhlmann) ſtarb ſchon wäh-
rend der Prozedur auf der Folter. Gegen die beiden andern, d. h. gegen
Judith Hoppe und Anna Liebenwall, wurde von Seiten der
Frankfurter Rechts-Fakultät das Urtheil gefällt. Es lautete dahin: „daß
Judith mit glühenden Zangen auf beiden Brüſten gezwickt und verbrannt,
Anna aber mit Feuer vom Leben zum Tode gebracht werde.“ Beide
Urtheile wurden beſtätigt
und dem Amtsſchreiber der Befehl zur
Ausführung gegeben. Judith Hoppe (die Mutter) ſtarb unter den Mar-
tern; Anna Liebenwall wurde wirklich verbrannt an der Stelle, wo
jetzt, eine Strecke vor der Stadt, dicht an der Berliner Chauſſee, die ſo-
genannte Brandfichte ſteht. Anna Liebenwalls letzte Worte waren: „Im
Angeſicht des Todes betheure ich meine Unſchuld. Zum Beweiſe deſſelben
ſoll aus der Aſche dieſes Holzſtoßes ein Keim aufgehen, wachſen, grünen.
Gott, nimm mich gnädig auf.“ In der That erwuchs der Brandſtätte an-
dern Jahres ſchon ein Reis, und der wachſende Baum wurde „Brand-
fichte“ genannt. Der jetzige iſt nicht der alte, der morſch wurde und end-
lich zuſammenbrach, ſondern ein an derſelben Stelle gepflanzter Erſatz-
mann.

Ueber den Prozeß der Urſula Henſel exiſtirt noch im Freienwal-
der Stadtarchiv ein ziemlich umfangreiches Aktenſtück. Leider iſt es nicht
mehr vollſtändig; ſehr Weſentliches fehlt darin. Intereſſant aber iſt die
vom Freienwalder Rathsſchreiber gefertigte Darſtellung des Sachver-
halts
, die an die Juriſten-Fakultät in Frankfurt a. O. eingeſchickt
wurde. Mit dieſer „Darſtellung“ beginnt das Aktenſtück und ich laſſe dieſelbe,
nur unweſentlich abgeändert, hier folgen. Einzelnes in dieſer Darſtellung
iſt häßlich und nichts weniger als eine angenehme Lektüre. Der Leſer
darf aber eben nicht vergeſſen, daß es ſich hier um einen Hexenprozeß
handelt, alſo um eine Angelegenheit, die man nicht mit Lawendelwaſſer
abwaſchen darf, um ſie hübſch und ſauber erſcheinen zu laſſen.

„Edle, wohlehrenfeſte, großachtbare, hochgelehrte und hochbenahmete
Herrn Decane und Doctores facultatis juridicae der hochlöblichen Univer-

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[532/0544] wurde eine Frau Pfennig als Hexe verurtheilt und verbrannt. 2) Anno 1628 wurden Judith Hoppe und ihre beiden verheiratheten Töchter Anna Liebenwall und Gertrud Puhlmann verurtheilt und hin- gerichtet. 3) Kurz nach 1628 wurde eine Anna Koch als Hexe verur- theilt; ob verbrannt iſt ungewiß. 4) Anno 1644 wurde Urſula Henſel als Hexe verurtheilt. Sie ſtarb unter der Tortur. Ueber den erſten und dritten Fall fehlen alle näheren Details; da- gegen hat ſich über den zweiten und vierten Prozeß allerhand Sa- genhaftes und Hiſtoriſches erhalten. Der Fall mit der Judith Hoppe und ihren beiden Töchtern (1628) war wahrſcheinlich der intereſſanteſte und dramatiſchſte unter allen. Das Aktenſtück darüber, das lange Zeit aufbewahrt wurde, iſt ſchließlich verloren gegangen. Die eine Tochter (Gertrud Puhlmann) ſtarb ſchon wäh- rend der Prozedur auf der Folter. Gegen die beiden andern, d. h. gegen Judith Hoppe und Anna Liebenwall, wurde von Seiten der Frankfurter Rechts-Fakultät das Urtheil gefällt. Es lautete dahin: „daß Judith mit glühenden Zangen auf beiden Brüſten gezwickt und verbrannt, Anna aber mit Feuer vom Leben zum Tode gebracht werde.“ Beide Urtheile wurden beſtätigt und dem Amtsſchreiber der Befehl zur Ausführung gegeben. Judith Hoppe (die Mutter) ſtarb unter den Mar- tern; Anna Liebenwall wurde wirklich verbrannt an der Stelle, wo jetzt, eine Strecke vor der Stadt, dicht an der Berliner Chauſſee, die ſo- genannte Brandfichte ſteht. Anna Liebenwalls letzte Worte waren: „Im Angeſicht des Todes betheure ich meine Unſchuld. Zum Beweiſe deſſelben ſoll aus der Aſche dieſes Holzſtoßes ein Keim aufgehen, wachſen, grünen. Gott, nimm mich gnädig auf.“ In der That erwuchs der Brandſtätte an- dern Jahres ſchon ein Reis, und der wachſende Baum wurde „Brand- fichte“ genannt. Der jetzige iſt nicht der alte, der morſch wurde und end- lich zuſammenbrach, ſondern ein an derſelben Stelle gepflanzter Erſatz- mann. Ueber den Prozeß der Urſula Henſel exiſtirt noch im Freienwal- der Stadtarchiv ein ziemlich umfangreiches Aktenſtück. Leider iſt es nicht mehr vollſtändig; ſehr Weſentliches fehlt darin. Intereſſant aber iſt die vom Freienwalder Rathsſchreiber gefertigte Darſtellung des Sachver- halts, die an die Juriſten-Fakultät in Frankfurt a. O. eingeſchickt wurde. Mit dieſer „Darſtellung“ beginnt das Aktenſtück und ich laſſe dieſelbe, nur unweſentlich abgeändert, hier folgen. Einzelnes in dieſer Darſtellung iſt häßlich und nichts weniger als eine angenehme Lektüre. Der Leſer darf aber eben nicht vergeſſen, daß es ſich hier um einen Hexenprozeß handelt, alſo um eine Angelegenheit, die man nicht mit Lawendelwaſſer abwaſchen darf, um ſie hübſch und ſauber erſcheinen zu laſſen. „Edle, wohlehrenfeſte, großachtbare, hochgelehrte und hochbenahmete Herrn Decane und Doctores facultatis juridicae der hochlöblichen Univer-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/544>, abgerufen am 21.11.2024.